Das Labyrinth der Zeit
simpel: Travis wollte die Schrauben an einer Scheibe so weit lösen, dass sie mit einem einzigen Stoß aus dem Rahmen entfernt werden konnte, sodann warten, bis die Söldner in die Mine eingedrungen waren und am Fuß der Treppe direkt vor dem kurzen Tunnel ankamen – und dann der Scheibe einen Stoß versetzen. Die Insekten würden hereingeschwärmt kommen und alles attackieren, was ihnen in die Quere kam. Sie selbst würden mit diesem Angriff rechnen, ganz im Gegensatz zu den Söldnern, die als Gruppe obendrein ein viel größeres und lärmenderes Ziel abgeben würden – zumal wenn sie umgehend die Flucht ergriffen. Und dass die Männer schleunigst den Rückzug antreten würden, um zu dem Zugang zurückzuflüchten, durch den sie hereingelangt waren, davon ging Travis einfach mal aus. Mit etwas Glück würde die Masse der Insekten sie verfolgen und vielleicht sogar noch jene, die draußen vor der Mine warten mochten, erst einmal in die Flucht schlagen. Mit den Viechern, die hier unten im Tunnel zurückblieben, würden sie schon fertigwerden. Travis malte sich aus, wie lange ihre zerbrechlichen Leiber wohl der Wucht kräftig geschwungener Maschinenpistolen standhalten würden. Vielleicht würde es ja doch hinhauen. Vielleicht könnten sie sich so ein paar Minuten Luft verschaffen, um den Söldnern nach oben in den Wald zu folgen und sich dort irgendwo zu verstecken.
Vielleicht.
Travis hütete sich vor allzu großem Optimismus, um auch bei den anderen keine falschen Hoffnungen zu wecken.
Er und Paige entfernten alle Schrauben bis auf vier, eine in jeder Ecke, und lösten diese wiederum so weit, wie eben noch vertretbar schien. Nun steckten sie jeweils nur noch wenige Windungen weit in dem Rahmen, sodass die Scheibe, die ein bisschen größer war als ein Strandlaken, bei der geringsten Berührung bedenklich rüttelte und wackelte.
Auf der anderen Seite setzten die Hornissen unterdessen ihre Flugattacken gegen die Scheiben unverdrossen fort.
Sie setzten sich, alle vier, in den Tunnel, direkt an den Rand vor die Plexiglaskabine. Bethanys Hände zitterten so sehr, dass sie sie fest zwischen ihre angezogenen Knie klemmte. Sie war sehr wortkarg.
Hoch oben an der Tür wurde weiter gebohrt. In den kurzen Pausen konnten sie hören, dass an dem entfernteren Zugang offenbar ebenfalls gebohrt wurde.
«Na schön», sagte Dyer. «Jetzt erzähle ich Ihnen alles, was ich weiß.»
Er hielt kurz inne, um seine Gedanken zu ordnen.
«Bislang standen Ihnen nur begrenzte Informationen zur Verfügung», fing er schließlich an. «Das war Ihnen klar. Trotzdem mussten Sie versuchen, notgedrungen, sich aus dem Wenigen, was Sie wussten, ein Gesamtbild zusammenzupuzzeln. Peter Campbell ist bei der Skalar-Ermittlung anfangs genauso vorgegangen und zu derselben irrigen Annahme gelangt wie Sie: dass Ruben Ward irgendetwas Schlimmes gemacht hat.»
Paige sah erst Travis und Bethany an und dann Dyer.
«Er hat doch etwas Schlimmes gemacht», sagte sie. «Mein Vater hatte grässliche Angst deswegen.»
«Zu Anfang.»
Paige schüttelte den Kopf. «Nein, auch noch am Ende, und lange Zeit danach. Noch vor fünf Jahren war er deswegen in größter Sorge.»
«Dass er vor fünf Jahren in Sorge war, mag stimmen. Aber nicht aus den Gründen, die Sie vermuten.»
Paige wollte sichtlich zu einer Erwiderung ansetzen, verzichtete aber dann darauf. Sie wartete, bis er weiterredete.
Dyer schloss kurz die Augen. Eine letzte Denkpause, um sich die richtigen Worte zurechtzulegen.
«Die Botschaft, die Ward empfangen hat, bestand aus zwei Hälften. Im ersten Teil wurde der Ort auf der anderen Seite der Pforte beschrieben, und es wurde erklärt, warum die Botschaft verschickt worden war. Das war alles, was Garner mir dazu erzählt hat, Einzelheiten hat er nicht verraten. Hier ist das Geheimnis am größten. Den zweiten Teil allerdings hat er mir ausführlich dargelegt: die Anweisungen. In denen war eine Liste von neun Namen enthalten, neun Personen, die 1978 am Leben waren, sowie genaue Angaben dazu, wie sie zu finden waren.»
Travis wechselte einen Blick mit Paige und wusste, was ihr gerade durch den Kopf ging. Loraine Cotton.
«Wards Aufgabe war klar umrissen», fuhr Dyer fort. «Er sollte diese neun Leute der Reihe nach mit der Botschaft aufsuchen und sie davon überzeugen, dass sie ernst gemeint war und Hand und Fuß hatte. Zu dem Zweck waren gewisse Informationen mit eingebaut. Spezifische Vorhersagen, etwa in Hinblick auf Nordlichtaktivitäten
Weitere Kostenlose Bücher