Das Labyrinth der Zeit
zu begreifen. «Das bedeutet, dass keine neue Zivilisation sich aus heiterem Himmel entwickeln und ihre Präsenz im Universum zu rasch ausdehnen kann, richtig? Sie können ihre Grenzen nicht schneller verschieben, als ein Raumschiff durchs Weltall zu reisen vermag.»
Garner nickte. «Und die Person, der diese Aufgabe zufällt, das Aufschließen der beiden Tunnelzugänge, fungiert als Zuhaltung. In diesem Fall sind das Sie. Sie können sicherlich erraten, warum.»
Travis dachte nach. Starrte ein Weilchen die Sitzlehne vor sich an und wandte sich dann Garner zu. «Weil ich die Reise bereits einmal zurückgelegt habe. Es gibt bereits eine Version von mir an jenem Ende, und eine hier an diesem.»
Wieder ein zustimmendes Nicken.
«Wird das tatsächlich funktionieren?», fragte Travis.
«Dasselbe Bewusstsein, derselbe Gedanke», erwiderte Garner lapidar.
«Und wie lautet dieser Gedanke? Haben sie den mit in die Botschaft gepackt?»
Garner schüttelte den Kopf. «Den erfahren Sie persönlich von ihnen. Nachdem Sie an ihr Ende hinübergereist sind.»
Er behielt Travis aufmerksam im Auge, verfolgte seine verwirrte Reaktion, mit der er offenbar gerechnet hatte. Auch Paige und Bethany verengten gerade sichtlich perplex die Augen, wie Travis bemerkte.
«Wie sollen Sie den Tunnel durchqueren, wenn Sie ihn noch nicht aufgeschlossen haben?», fasste Garner das Paradox in Worte. «Das ist eine weitere Sicherheit – die dem Schutz der menschlichen Zuhaltung dient. Der Begriff dafür kann in etwa mit ‹Auskundschaften› übersetzt werden. Das kann die betreffende Person nur einmal machen, hin und wieder zurück – eine einzige Rundreise also. Die Logik dahinter lautet etwa wie folgt: Die als Zuhaltung fungierende Person muss in der Regel den ersten Zugang eines Tunnels aufschließen und dann sehr lange Zeit durch das All reisen, um den zweiten Zugang aufzuschließen. Ehe der Betreffende jedoch das zweite Ende aufschließt, kann er sich dort ein einziges Mal Zugang zu dem Tunnel verschaffen und ihn durchqueren, um sich noch einmal gründlich am ersten Zugang umzusehen. Sprich, um ihn auszukundschaften.»
Travis überlegte und meinte dann zu begreifen, was der Sinn dieser Vorsichtsmaßnahme war. «Nachdem so lange Zeit vergangen war, in der man das All in einem Raumschiff durchquert hat, wäre es riskant, das jenseitige Tunnelende einfach so blindlings zu öffnen, nachdem man dort angekommen ist. Was, wenn sich zu Hause auf der Erde inzwischen einiges verändert hätte? Wenn dort zum Beispiel irgendetwas Gefährliches lauert, das dann sofort hindurchkommt?»
Garner musste spontan lächeln. «Ja, man öffnet nichtsahnend den Tunnel, und dann kommt glühende Magma hindurchgeströmt. Oder Meerwasser schießt einem entgegen, mit einem Druck wie in einem Kilometer Tiefe. Vieles kann sich verändern, wenn genug Zeit vergeht, und ein Raumschiff könnte für die erforderliche Reise Tausende von Jahren brauchen. Vielleicht sogar noch länger. Derlei Ängste aber hat die Besatzung der Deep Sky in diesem Fall natürlich nicht. Soweit ich das überblicke, wollen sie bloß mit Ihnen sprechen, ehe Sie den Tunnel vollständig öffnen. Worüber? Das weiß ich nicht.»
«Mein anderes Ich», sagte Travis, «die Version an Bord der Deep Sky , wird also zunächst das jenseitige Tunnelende aufschließen, und sobald das erledigt ist, kann ich genau eine Rundreise zu ihrer Seite und wieder zurück unternehmen. Zum Auskundschaften.»
«Das ist der Plan, soweit ich das verstehe.»
Travis starrte ihn an, während er sich alles durch den Kopf gehen ließ. Es blieben noch diverse Fragen, die unbeantwortet waren. Lose Enden. Besonders eine Einzelheit.
«Erzählen Sie uns von dem Filter», sagte Travis.
Garner sah ihn erstaunt an. «Davon wissen Sie? Wie ist das möglich?»
«Wir kennen nur das Wort, mehr wissen wir nicht darüber», sagte Travis. «Das Wie erkläre ich Ihnen später.»
Er blickte Garner erwartungsvoll an.
«Sehr viel mehr als Sie weiß ich leider auch nicht», erklärte Garner achselzuckend. «Der Filter war das eine Element, das mir immer am merkwürdigsten vorgekommen ist. Und wohl auch am unheimlichsten.»
«Wieso?», hakte Paige nach.
Travis bemerkte, wie Bethany sie ratlos ansah, als hätte sie irgendetwas nicht mitbekommen. Zu Recht: Von dem Filter hatten sie ihr nie etwas erzählt. Travis sagte zu ihr: «Das kannst du nicht wissen, ich erkläre es dir später.»
Sie nickte, blickte aber unverändert verwirrt
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