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Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
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ausrichten kann.»
    «Auf Tankstellen bin ich gar nicht angewiesen. Ich brauche nur einen Plastikschlauch von anderthalb Meter Länge, und die Sache ist geritzt.»
    Das größte Problem, dessen war Travis sich bewusst, würden die anderen Autofahrer sein, die auf derselben Straße unterwegs waren. Auch nachts würde er am Steuer gut zu sehen sein, zumindest in hellerleuchteten Ortschaften und auf dichtbefahrenen Streckenabschnitten. 1978 hätte zwar noch niemand ein Handy, um sofort die Polizei zu verständigen, aber trotzdem war davon auszugehen, dass Leute beim Anblick eines kleinen Jungen, der allein am Steuer eines Autos unterwegs war, nicht lange untätig bleiben würden. Schon nach wenigen Sekunden jedoch fiel Travis auch für dieses Problem eine Lösung ein. Eine durchaus gangbare Lösung, wie er nach kurzem Nachdenken entschied, ehe er die Idee im Hinterkopf speicherte und sich Paige zuwandte.
    «Ich zerbreche mir schon die ganze Zeit den Kopf darüber, wer für diese Aktion besser geeignet wäre», sagte Travis, «aber mir fällt niemand ein. Außerhalb Tangents hätten wir höchstens Carrie vertrauen können, wäre da nicht das Problem, dass ein Versuch für sie vermutlich tödliche Folgen hätte. Oder Garner, sofern er noch am Leben wäre – obwohl bei ihm ebenfalls das Alter dagegen gesprochen hätte. Und wie viele Leute bei Tangent sind älter als ich? Vier, liege ich richtig?»
    Paige nickte, während sie bereits mit abwesendem Blick die Belegschaft in Border Town im Geist Revue passieren ließ. Travis hatte eine solche mentale Inventur längst angestellt. Nachdem das Personal drei Jahre zuvor annähernd vollständig hatte ersetzt werden müssen, waren die Tangent-Angestellten heute im Schnitt ziemlich jung. Es waren zwar nicht direkt Leute rekrutiert worden, die frisch von der Uni kamen, aber unter vierzig waren die meisten schon. Akademiker, die über die erforderlichen Qualifikationen verfügten und obendrein nicht irgendwie mit Politik oder Industrie verbandelt waren, angeworben aus all jenen Nationen, die Tangent seinerzeit gemeinsam ins Leben gerufen hatten. Von den vier Kollegen, die älter waren als Travis, stammte kein Einziger aus Amerika. Zwei, beide bloß ein Jahr älter als er, waren in Frankreich aufgewachsen. Ein anderer, vielleicht drei Jahre älter als er, stammte aus Russland. Der mit einundfünfzig Jahren älteste der vier wäre in der Nacht, als Ruben Ward sich aus dem Krankenhaus davonmachte, siebzehn gewesen. Siebzehn, aber unseligerweise lebte er zu der Zeit auf der anderen Seite der Welt, in einem abgelegenen Dorf im Norden Chinas.
    Der Widerstand, den Paige seiner Idee anfangs noch entgegengesetzt hatte, schmolz merklich dahin. Sie warf einen Blick auf ihr Handy, um die Uhrzeit zu prüfen; ein Vorgang, den sie alle paar Minuten wiederholte, seit Carrie die Frist erwähnt hatte. Travis verfolgte die verstreichende Zeit mit ebenso großer Unruhe. Schon dieser Flug, der sie auf kürzestem Weg und mit fünfhundertfünzig Meilen in der Stunde nach Border Town zurückbrachte, fühlte sich an wie eine kolossale Zeitvergeudung.
    «Ich kann’s nach Baltimore schaffen», bekräftigte Travis. «Und ich kann das Buch an mich bringen. Der Versuch kostet uns ja nur drei Minuten und sechzehn Sekunden.»
    «Deine Aussichten sind wohl immer noch besser als meine», seufzte Paige. «Ich war 1978 gerade minus zwei.»

    Sie riefen Bethany an, um sie auf den neuesten Stand der Dinge zu bringen. Nachdem sie gelandet und nach Border Town zurückgekehrt waren, holten sie rasch den Anzapfer aus dem Primärlabor und kehrten in ihre Wohnung auf B16 zurück. Inzwischen war es 8.25 Uhr. Bethany erwartete sie bereits mit all den Informationen, die sie gesammelt hatte. Viel war es nicht.
    «Um welche Uhrzeit Ward das Krankenhaus genau verlassen hat, konnte ich leider nicht in Erfahrung bringen», sagte sie und rückte ihre Brille zurecht, noch dasselbe überdimensionierte Modell, das sie seinerzeit bei ihrer ersten Begegnung mit Travis getragen hatte, im Vorjahr in Atlanta. Sie sah für ihr Alter unwahrscheinlich jung aus – problemlos hätte sie für zwanzig durchgehen können. Als sie tatsächlich zwanzig war, hatte sie allerdings bereits ihr Studium abgeschlossen und arbeitete für ein Unternehmen, das sich um die Datensicherheit namhafter Großkunden kümmerte. Sie entwickelte die spezialisierte Software, die dafür sorgte, dass die Geheimnisse der Welt vor unbefugtem Zugriff sicher waren. Die

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