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Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
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einen der Teilnehmer an diesem Treffen finden, vorzugsweise jemanden, der noch irgendwo eine Kopie des Spickzettels aufbewahrt.»
    «Dieses Dokument zu Gesicht zu bekommen, dürfte aber so gut wie unmöglich sein», sagte Carrie. «Es wird ähnlich unauffindbar sein wie das originale Skalar-Notizbuch, das Ward wahrscheinlich irgendwo verbrannt oder sonstwie vernichtet hat, ehe er aus dem Leben geschieden ist.»
    Aus dem Augenwinkel bekam Travis mit, wie Paige ihm das Gesicht zuwandte. Er sah sie an und brauchte gar nicht erst zu fragen, was ihr durch den Kopf ging.
    «Der Anzapfer», sagte sie.
    «Nora», ergänzte Travis.

13
    Die Hoffnung, die so unvermittelt in Paiges Augen aufgeflackert war, erlosch fast im selben Moment wieder. Einerseits wäre es zwar kinderleicht für Nora, sich das Notizbuch in ihrer Erinnerung noch einmal zu vergegenwärtigen – sie hatte den Text darin schließlich selbst geschrieben, könnte also ohne weiteres zu einem Zeitpunkt in ihrer Erinnerung zurückkehren, ehe Ward damit untergetaucht war, und es noch einmal gründlich lesen. Andererseits jedoch könnte der Anzapfer sie umbringen, ehe er sich auch nur vollständig in ihrem Kopf befand. Von dem Unglück, das Gina Murphy ereilt hatte, einmal ganz abgesehen – schon der Schmerz, der Stress und der stark beschleunigte Puls bei diesem Vorgang könnten ausreichen, um Nora zu töten.
    «Wenn es klappen würde, würden wir alles erfahren», sagte Paige. «Ich glaube bloß nicht, dass Nora das durchstehen würde.»
    «Geht es gerade um eine Entität?», fragte Carrie.
    Paige nickte und erklärte ihr rasch, was es mit dem Anzapfer auf sich hatte – ohne den tödlichen Fehlschlag bei Gina Murphy auszusparen. Carrie blickte skeptisch drein, als Paige zu Ende geredet hatte. Wie eigentlich alle, die je von dem Ding gehört hatten, ehe sie es selbst ausprobierten.
    «Wobei Sie Nora aber ohnehin vergessen können», sagte Carrie schließlich. «Sie ist 1989 gestorben, an Brustkrebs.» Nach kurzem Schweigen fuhr sie fort. «Wie wär’s, wenn ich es mal versuche? 1978 war ich dreißig und lebte in New York. Wenn dieses Ding so funktioniert, wie Sie es schildern, könnte ich dorthin zurückkehren, mich ins Auto setzen, nach Baltimore fahren und das Notizbuch ohne weiteres an mich nehmen, um es durchzulesen.»
    «Die Polizisten vor dem Zimmer könnten ein Problem darstellen», wandte Travis ein. «Von Nora selbst ganz zu schweigen.»
    «Ich meine ja nicht, dass ich mich irgendwie einschleichen will. Ich könnte mich bei den Polizisten einfach als Kollegin von Ruben vorstellen. Was zwar nicht stimmt, aber unbekannt war er mir nicht; über seine Arbeit habe ich mich damals schon auf dem Laufenden gehalten. Auch bei Tangent bin ich später nur gelandet, weil ich mich in denselben akademischen Zirkeln bewegt habe wie er und Peter Campbell. Nora könnte ich das auch weismachen, kein Problem. Ich könnte also in das Zimmer spazieren und mich an sein Bett setzen, irgendeine günstige Gelegenheit abwarten und dann das Buch an mich nehmen.»
    Travis warf Carrie im Rückspiegel einen Blick zu.
    «Wie steht es um Ihr Herz?», erkundigte er sich.
    Sie hob kurz die Augenbrauen. «Nicht so toll. Ich habe schon mein Leben lang ein systolisches Rauschen. In den letzten Jahren ist es lauter geworden, aber das ist zu erwarten.»
    «Nichts für ungut», sagte Travis, «aber schon Ihr Alter wirft gewisse Probleme auf. Ich bin vierundvierzig und hatte das Gefühl, der Anzapfer bringt mich um, als ich ihn benutzt habe.»
    Aus Rücksicht auf Carrie führte er seinen Gedanken nicht zu Ende. Um den Anzapfer, befand er sich erst einmal in ihrem Kopf, wieder herauszubekommen, müsste sie ihn heraus denken , eine Aufgabe, der sie inmitten eines tödlichen Herzinfarkts womöglich nicht gewachsen war. Was würde geschehen, wenn sie starb, während sich das Ding noch in ihrem Kopf befand? Würde es von allein austreten und wieder die gewohnte Würfelform annehmen, oder würde es in ihrem Kopf verbleiben und somit für alle Zeit unbenutzbar sein? So unvertretbar es bereits war, Carries Leben aufs Spiel zu setzen, durften sie doch ebenso wenig den Verlust des Anzapfers riskieren. Egal, wie sehr Travis das Ding auch verabscheute, nützlich war es auf jeden Fall.
    «Aber Sie brauchen dieses Risiko gar nicht einzugehen», sagte Travis. «Mir ist gerade etwas eingefallen. Lassen Sie mich kurz darüber nachdenken.»
    Einige Minuten fuhren sie schweigend dahin. Nur der Wind war zu

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