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Das Labyrinth der Zeit

Das Labyrinth der Zeit

Titel: Das Labyrinth der Zeit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lee Patrick
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Bodens weit bedenklicher war, als er zunächst angenommen hatte. Vor seinem geistigen Auge sah er, wie sich die gesamte Etage, oder zumindest ein Teil davon, zu irgendeinem tiefsten, schwächsten Punkt hin durchbog.
    Er deutete auf die Tür, durch die sie vor nicht allzu langer Zeit hereingekommen waren. «Na kommt. Raus hier.»

    Als sie in den Flur traten, sahen sie sofort, wo die Bombe das Gebäude durchschlagen hatte. Mitten im Boden des Flurs, auf halbem Weg zum Aufzug, klaffte ein schartiges Loch von etwa sechzig Zentimetern Durchmesser. Ebenso in der Decke direkt oberhalb davon.
    Travis wandte sich um und fasste den Abschnitt des Flurs ins Auge, der zu dem umlaufenden Ringkorridor auf diesem Stockwerk führte. Normalerweise hätte von seinem Standort aus das hintere Flurende zu sehen sein müssen, knapp dreißig Meter entfernt, wo nach links und rechts der Ringkorridor abzweigte. Jetzt aber konnte er dieses Ende nicht sehen; der Flur fiel in einem langen, steilen Bogen nach unten hin ab, die Sichtlinie abschneidend. Der niedrigste Punkt schien sich genau in der Mitte zwischen dem Aufzug und der südlichen Außenwand des Gebäudes zu befinden.
    Nachdem er noch eine Sekunde lang hinübergestarrt hatte, drehte Travis sich um und näherte sich dem Loch im Fußboden. Ein ganzes Stück davor machte er halt und kniete sich hin, um den Rand zu begutachten. Er wirkte einigermaßen stabil. Travis kroch vorsichtig auf allen vieren näher und legte sich schließlich flach auf den Boden, um den Kopf über den Rand der Öffnung zu strecken.
    Was er dort sah, brannte sich ihm tief ins Gedächtnis ein: gähnende Leere, fast fünfzig Stockwerke tief, in der pulvriger Betonstaub umherwirbelte. Wäre Border Town nicht unter-, sondern oberirdisch errichtet worden, hätte es die Form eines zylinderförmigen Hochhauses gehabt, das in etwa an eine überdimensionierte Getränkedose erinnerte. Durch die Staubschwaden konnte Travis erkennen, dass nur die südliche Hälfte des Bauwerks eingestürzt war – als wäre die Getränkedose in der Mitte von oben nach unten durchtrennt und anschließend nur eine Hälfte plattgedrückt worden, während die andere unversehrt blieb.
    Aber auch so wirkte die eingestürzte Zone des Bauwerks geradezu gigantisch. Stummel abgebrochener Fußböden säumten die geschwungene seitliche Außenwand wie riesige, gebrochene Rippen. Gegenüber davon ragten die Ränder der intakten Etagen auf der nördlichen Hälfte wie abgesäbelt ins Leere, ein Anblick, der auf seltsame Weise an eine Abfolge von Balkonen erinnerte, die nach innen auf das Atrium eines Hochhaushotels hinausgingen. Doch es handelte sich nicht um Balkone, sondern um aufgerissene Räume und Flure, durchtrennte Lüftungskanäle, geborstene Wasserleitungen und funkensprühende Stromkabel, das alles von innen her erhellt durch die nach und nach anspringende Notbeleuchtung. Aus aufgerissenen Schränken trudelten hier und da vereinzelte Kleidungsstücke durch die Staubwolken in die Tiefe, wo sie auf Nimmerwiedersehen verschwanden. Travis entdeckte ein Bett, das zehn Stockwerke tiefer genau am Rand des abgetrennten Fußbodens stand; das Laken, das nur noch an einer Matratzenecke festklemmte, flatterte wie ein Wimpel in der umherwirbelnden Luft.
    Zwei Gedanken schossen ihm nahezu gleichzeitig durch den Kopf. Erstens, seine und Paiges Wohnung befand sich direkt an der Abbruchstelle. Durch den Staub hindurch meinte er sogar erkennen zu können, welche der Räume ihnen gehörten, doch das war nicht eindeutig zu bestimmen. Zweitens, die Pforte und ihre Schutzkuppel waren vermutlich unversehrt geblieben. Ebene B51 war kein Stockwerk wie die anderen, sondern bestand lediglich aus einem Tunnel, der von dem zentral gelegenen Aufzugschacht in Richtung Norden führte, ehe er sich zu der riesigen Höhle hin öffnete, in der sich die Pforte mitsamt ihrer festungsartigen Schutzkuppel befand.
    Travis dachte an die herabstürzende Bombe – die knapp vor dem Treffer der ersten Patriot-Rakete aus dem Flugzeug abgeworfen worden war. Offenbar ganz gezielt, denn die Bombe hatte zunächst einen Bogen beschrieben und war dann genau dort eingeschlagen, wo es der Pilot beabsichtigt hatte. Nicht im Aufzugschacht – der das logische Ziel gebildet hätte, sofern das Gebäude komplett hätte vernichtet werden sollen –, denn wäre die Bombe dort eingeschlagen, wäre auch die Kammer der Pforte beschädigt oder zumindest unter Schutt und Trümmern begraben worden.
    Das hatte

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