Das Labyrinth der Zeit
Rückwand ihres Kleiderschranks eingelassen war, unten auf B16.
In dem sie den Anzapfer zurückgelassen hatten, ehe sie hergekommen waren.
21
Das Geräusch, das beim Einschlagen der Bombe in den Gebäudekomplex zu hören war, entsprach in keiner Weise dem, was Travis, wenn überhaupt, erwartet hatte: Es hörte sich an wie ein Maschinengewehr. Dann begriff er, was er da hörte, nämlich das aufeinanderfolgende Krachen, während das Ding einen Betonfußboden nach dem anderen durchschlug. Es schien ganz dicht an der Abwehrzentrale vorbeizukommen, vielleicht nur ein, zwei Meter jenseits einer dieser Wände, ehe es mit dumpfem Getöse weiter in die Tiefe vordrang. Die Anzahl der Fußböden, die der Bunkerknacker auf seinem Weg nach unten durchschlug, hätte Travis ebenso wenig zählen können wie die Schüsse eines MGs bei Dauerfeuer, aber er schätzte, dass er mindestens bis hinab nach B20 vorgedrungen war.
Dann erfolgte die Explosion.
Alles stürmte gleichzeitig auf Travis ein. Die plötzliche Druckwelle, als hätte jemand direkt vor seinen Ohren so laut die Hände zusammengeschlagen, dass um ein Haar beide Trommelfelle geplatzt wären. Die gewaltige Erschütterung, die das Gebäude bis in die Grundfesten erzittern ließ, die Stromzufuhr unterbrach und den Raum in schwarze Finsternis tauchte. Und dann der kinetische Schock der Explosion selbst, der sich nach oben ausbreitete, mit Sicherheit ein Dutzend Stockwerke ober- und unterhalb der Detonation pulverisierte und heftigen Druck gegen alles, was weiter entfernt war, ausübte. Travis fühlte, wie sich der Betonboden unter seinen Füßen emporwölbte, eigentlich ein Ding der Unmöglichkeit. Hörte, wie die Stahlbewehrung in seinem Inneren ächzte und knackte und wusste sofort, dass der Boden einfach durchbrechen würde, wenn er in einer Sekunde wieder nach unten sackte. Er und Paige und Bethany und alle anderen im Raum würden mit ihm in die Tiefe stürzen und zu einem Nichts zusammengedrückt werden, während das Innere von Border Town nacheinander in sich zusammensackte, bis unten auf B51 nur noch ein Berg von Schutt und Trümmern übrig war.
Der Boden wölbte sich empor, bis es nicht weiter ging, und an diesem Scheitelpunkt schien er länger zu verharren, als eigentlich möglich erschien – die Zeit ließ sich so gut wie gar nicht abschätzen –, ehe er schließlich wieder in die Waagerechte und weit darüber hinaus absackte. Wieder knarrten und ächzten die Bewehrungsstäbe, als sich der Boden tief nach unten durchbog.
Aber sie hielten.
Der Boden hob sich gerade wieder – zwar nicht ganz bis an die Ausgangsposition, aber annähernd –, als Travis die Schreie hörte. Sie kamen aus dem Raum direkt darunter, wo sich auf Ebene B5 die Sicherheitszentrale befand. Mit den Schreien ging das Geräusch einher, mit dem Travis im Stillen gerechnet hatte – das lawinenähnliche Getöse von berstendem, einstürzendem Beton. Der Fußboden auf B5 hatte also nachgegeben.
Gleich darauf waren die Schreie nicht mehr zu hören, verschluckt von dem Höllenlärm der Stockwerke, die eins nach dem anderen in rascher Folge einstürzten. Ein tosender Wasserfall aus Stahl und Beton, der unaufhaltsam in die bodenlose Tiefe rauschte. Der Sog dabei ließ kurz die Luft aus der Abwehrzentrale entweichen, und Travis hörte ein schrilles, heulendes Pfeifen irgendwo ganz in der Nähe. Ein Luftzug offenbar, folgerte er, der gerade durch die Vielzahl von Löchern entstand, die der Bunkerbrecher auf seinem Weg nach unten geschlagen hatte.
Und dann war es schlagartig vorbei. Kein Laut war mehr zu hören, keine Luftbewegung mehr zu spüren. Nur das noch verbliebene Gebäudeskelett erzitterte weiterhin leise unter den Nachwirkungen der Explosion und des Einsturzes.
Nach fünfzehn Sekunden flammte die Notbeleuchtung auf. In die Wand eingelassene Glühbirnen, die ihren Strom sonst aus den Leitungen bezogen, wechselten zu Batteriebetrieb.
Die Luft war voller Betonstaub. Alle standen benommen da, blickten blinzelnd umher, um sich zu vergewissern, dass die anderen noch lebten, sahen einfach nur zum Ausgang oder taten gar nichts. Travis sah, wie sich ein Techniker reflexhaft bückte, um eine Tastatur geradezurücken, die halb von einem Tisch gerutscht war.
Bethany weinte. Paiges Augen waren zwar gerötet, aber sie hielt die Tränen tapfer zurück. Wie es um seine eigenen Augen stand, entzog sich Travis’ Kenntnis.
Er machte einen Schritt nach vorn und merkte, dass die Schräglage des
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