Das Labyrinth des Maal Dweb
ihre Helme und Sauerstofftanks. Dann öffneten sie unter Betätigung eines Federmechanismus die luftdichte Ausstiegsluke im Rumpf des Flugzeugs und traten ins Freie.
Soweit sie es beurteilen konnten, war die Luft im Tal ruhig und windstill. Es schien recht warm zu sein, und sie mussten die Heizvorrichtung ihrer Anzüge deaktivieren, die sie gegen die Eiseskälte der Stratosphäre eingeschaltet hatten. Fast lotrecht über ihnen leuchtete eine riesenhafte, asymmetrische Sonne und ergoss ihre Strahlen gleich einer blendenden rötlich-braunen Flut über das Land. Ein paar träge wandernde Wolken von unirdischem Aussehen umgaben die Sonne, und in weiter Ferne fegten über dunklen Bergen und Felszacken weitere Wolken dahin, als würden sie von einem wütenden Sturm gepeitscht.
Als sie versuchten, den Kurs ihres unfreiwilligen Abstiegs in das Tal zurückzuverfolgen, gewahrten Morris und Markley an einer Stelle am Himmel einen luftigen Schleier – denselben Schleier, so schien es, in welchen sie oberhalb Nevadas hineingeflogen waren. In seiner wachsenden Verblüffung und Bestürzung kam Markley der Gedanke, dass dieser Schleier womöglich vom Aufeinandertreffen oder der Überlappung zweier verschiedenartiger Raumebenen hervorgerufen wurde. Er vermutete, dass der Dunst den Übertritt von ihrer Welt in eine fremdartige Dimension darstellte, in die sie hineingeschleudert worden waren. Der Schleier zeichnete sich so ähnlich in der rötlichen Luft ab wie die punktuelle Eindickung oder Trübung, die manchmal bei klarem Wein auftritt.
Nach Markleys Ansicht war diese Erklärung für ihre missliche Lage ungemein überspannt und fantastisch. Doch fiel ihm beim besten Willen keine andere ein.
»Welche Richtung sollen wir einschlagen?«, fragte er, als er und Morris das umliegende Tal in Augenschein nahmen. An jenem Ende, das bisher vom Flugzeug aus nicht zu sehen gewesen war, trat der vielfarbige Fluss aus einer Schlucht zwischen irrwitzig schräg geneigten Felswänden und Bergflanken hervor, letztere so farbenfroh wie versteinerte Regenbögen. Zu beiden Seiten des Tals zogen sich kahle, unregelmäßige Abhänge und karge Felswände hin und überragten fantastische Waldlandschaften. Eine davon, zur Rechten gelegen, reichte bogenförmig bis auf etwa 100 Meter an das Raketenflugzeug heran.
»Ich schlage vor, dass wir das nächstgelegene Gehölz ansteuern«, sagte Morris und deutete auf die besagte Ansammlung aus aberwitzig ungleichartigen Gewächsen. »Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass wir schnellstmöglich Deckung suchen sollten. Natürlich kann ich mich täuschen, doch etwas sagt mir, dass Sakamoto und seine Landsleute irgendwo ganz in der Nähe sind.«
»Dann sind sie aber verdammt schlecht zu erkennen«, spottete Markley. »Oder sie sind uns ganz entwischt und unbeschadet durch jenen blinden Fleck in der Atmosphäre hindurchgelangt.«
»Nun, ich gedenke jedenfalls, kein unnötiges Risiko einzugehen. Ich bin nicht scharf darauf, ein japanisches Dum-Dum-Geschoss in den Rücken zu bekommen.«
»Wenn Raketentreibstoff in dieser Welt nicht zündet, dann gilt das vermutlich auch für Patronen«, gab Markley zu bedenken. »Aber meinethalben können wir auch gerne im Wald nachsehen.«
Sie machten sich auf den Weg in Richtung Wald und versuchten dabei, der verrückten Schwerelosigkeit Herr zu werden, aufgrund derer sie sich in sieben Meter weiten Sprüngen fortbewegten. Doch schon nach einer kurzen Strecke bemerkten sie, dass ihr Gewicht rapide zunahm, als seien sie in ein Gebiet gelangt, in dem die Schwerkraft stärker war. Die nächsten ein, zwei Schritte, die sie taten, nahmen sich fast normal aus. Anschließend schwebten sie erneut mit grotesken Dutzend-Meter-Sprüngen voran, die kurz darauf abrupt gebremst wurden, als hätten sie wieder eine Zone mit stärkerer Schwerkraft erreicht.
Die Bäume, die scheinbar so nah gewesen waren, wichen auf befremdliche und beunruhigende Weise zurück. Doch nach vielen Minuten wechselhaften Vorankommens erblickten die Männer die Bäume schließlich unmittelbar vor sich und konnten Details erkennen. Himmelhoch über alle anderen Gewächse hinausstrebend, ragten zwei unfassbar lange Baumstämme empor, wie sie oft in Haschischträumen vorkommen. Umgeben waren sie von kleineren pflanzlichen Gebilden, die kreuz und quer standen oder krochen oder kauerten oder sich zu gewaltigen Knäueln verstrickten, ohne dass auch nur eines dem anderen glich. Es gab einzelne Pflanzen, die zugleich
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