Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)
Gebäude.
Drinnen war es nahezu windstill und sehr ruhig. Kein Geräusch war auszumachen, das Pfeifen des Windes drang nur noch gedämpft zu ihm durch. Er ging zwei Meter in den Raum hinein, sondierte die Lage. Im Rückraum entdeckte er zwei Ausgänge, die Fluchtwege versprachen. Die Front war gut zu verteidigen, wer immer das Haus betreten wollte, musste durch das zerbrochene Fenster klettern und bot somit ein klares Ziel für seine Pfeile. Zufrieden mit der Situation bedeutete er den anderen, ihre Rucksäcke abzulegen.
Jenna seufzte leise, als sie sich zu Boden sinken ließ. Mischa hockte sich neben sie, nur Jeb blieb noch eine Weile am Fenster stehen und starrte in die hereinbrechende Finsternis.
»Ich denke, hier sind wir vorerst sicher. Wir können etwas trinken, essen und uns ausruhen. Ich schlage vor, wir verbringen die Nacht hier.«
»Was ist mit León und Mary?«, fragte Jenna. »Sie werden uns hier niemals finden.«
»Wir treffen sie wie abgemacht an den Toren. Sie müssen sich einen eigenen Weg suchen.«
»Meinst du, sie schaffen es?«
»Wenn jemand Mary heil zurückbringt, dann León. Irgendwie wird er sich schon zu den Toren durchschlagen und Mary wird bei ihm sein.« Jeb verlieh seinen Worten mehr Zuversicht, als er selbst verspürte. Wenigstens in einer Sache war er sich zu hundert Prozent sicher: Wenn einer es schaffte, Mary zu retten, dann León.
Er sah Jenna an, dass sie an seinen Worten zweifelte, aber sie erwiderte nichts darauf.
Stattdessen fragte er: »Was ist mit deinem Fuß?«
»Tut weh, geht aber.«
Sie spielt die Schmerzen herunter.
»Es ist kalt hier«, sagte Mischa.
»Wir sollten lieber kein Feuer machen, man würde den Lichtschein sehen.«
»Da war die letzte Welt mit ihrer glühenden Hitze ja besser.«
Jeb grinste. »Das sagst du jetzt. Vor Kurzem noch hättest du alles für eine Abkühlung getan.« Mischa musste kurz lachen, dann verzog er sein Gesicht.
»Mischa? Du hast auch noch Schmerzen, oder?«
Diesmal gab es keinen Grund für Ausreden oder ein Herunterspielen der Tatsachen. »Ja«, sagte Mischa schlicht. »Jeder Atemzug tut mir weh.«
»Wenn wir ausruhen, die Nacht hierbleiben, meinst du, du kannst dann weitergehen?«
»Ich weiß es nicht, aber ich denke schon. Frag mich morgen noch mal.«
Jeb wusste, dass der blonde Junge Angst hatte, zurückgelassen zu werden. Er ließ sich neben ihm nieder. »Wenn du nicht mehr kannst, sag es. Ich werde dich tragen.«
Mischa lachte bitter auf. »Danke Jeb, aber das kannst du nicht. Du bist ebenfalls völlig fertig und ich wiege zwanzig Kilo mehr als Jenna. Mit mir auf dem Rücken durch den tiefen Schnee waten…?« Er schüttelte den Kopf. »Nein, das geht nicht. Unsere Verfolger hätten uns ruck, zuck eingeholt und dann…?« Er musste es nicht aussprechen… stehen Jenna und ich den Angreifern allein gegenüber.
»Okay, aber ich werde dich auch nicht zurücklassen. Also ruh dich aus. Morgen schauen wir weiter.«
León hatte kurzfristig die Spur verloren, aber mit viel Glück hatte er erneut einen Abdruck gefunden. Der führte ihn zu einem weiteren Gebäude, durch einen scheinbar endlosen, dunklen Gang, zu einer Metalltreppe. Nun schlich er in nahezu vollkommener Finsternis die Stufen hinunter. Als er einen Treppenabsatz erreichte, streckte er beide Arme weit aus und versuchte, seine Umgebung zu ertasten. Seine Finger stießen auf eine Stahltür und fanden eine Klinke. Er lauschte. Dann drückte er sie vorsichtig hinunter. Ein Lichtschein durchbrach die Dunkelheit, der ihn blendete. Er zögerte kurz. Bevor er die Augen wieder öffnen konnte, spürte er, wie sich eine Hand über seinen Mund legte. Dann die kalte Klinge eines Messers an seinem Hals.
»Still!«, zischte eine Stimme an Leóns Ohr. »Mach kein Geräusch, sag nichts. Sie sind nicht weit und können uns hören.«
Kathy!
Er schlug den Arm beiseite, drehte sich blitzartig um und ging in Angriffsposition. Vor ihm stand ein Wesen, das einmal Kathy gewesen sein musste, aber im Augenblick erinnerten nur die roten langen Haare und die unnatürlich grünen Augen daran, der Rest war dreckverschmiert und von Asche bedeckt. Kathys Gesicht war eine schwarzgraue Maske, über die sich dunkelrote Striemen zogen. Ihre Augen leuchteten darin wie zwei Smaragde. Er warf einen Blick auf das Messer in ihrer Hand. Es war doppelt so lang wie sein eigenes, schwerer, mit einer furchterregenden gezackten Klinge.
»Wo hast du das her?«, flüsterte er leise, aber Kathy antwortete
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