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Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Titel: Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
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kaum. All das hat natürlich seinen Preis, das weißt du?«
    »Du bekommst von mir, was du willst.« Seine Stimme wurde brüchig. »Und jetzt komm zurück ins Bett.«
    Kathy lächelte ihr Spiegelbild an. Sie hatte gewonnen.
    Wieder einmal.
    Die Erinnerung war so greifbar, dass trotz der Hitze ein leichtes Zittern über ihren Körper lief. Sie fühlte sich gut.
    Du warst ein böses Mädchen, dachte sie. Und es ist an der Zeit, noch viel böser zu werden.
    Es musste inzwischen mindestens Mittag sein. Sie waren ohne Unterbrechung unterwegs, die Sonne brannte ihnen unbarmherzig auf die Köpfe. Das Wasser war lange verbraucht, ihre Kehlen trocken, als Jeb endlich stehen blieb. Er wartete, bis die anderen zu ihnen aufgeschlossen hatten, dann deutete er nach links auf eine kleine Baumgruppe in der Ferne.
    »Ich glaube, dort gibt es Wasser«, sagte er.
    »Das liegt nicht in unserer Richtung«, meinte Mischa.
    »Wir müssen unsere Flaschen auffüllen. Bei der Hitze kippen uns bald die Ersten aus den Latschen.«
    »Wieso glaubst du, dass wir dort Wasser finden?«
    »Sieh dich um. Gras, nichts als trockenes Gras, aber dort stehen Bäume. Es muss dort Wasser geben.«
    Er wandte sich an die anderen. »Seid ihr einverstanden, wenn wir einen Umweg machen und versuchen, bei der Baumgruppe dort drüben nach Wasser zu suchen? Der Marsch kostet uns Zeit, wir verlieren allerdings den Stern nicht aus den Augen. Uns allen würde eine Pause im Schatten guttun.«
    Einige brummten ihre Zustimmung, andere nickten nur. Sie marschierten seit Tagesanbruch und waren dem Stern scheinbar noch kein Stück näher gekommen.
    Die Bäume entpuppten sich als hochgewachsene Ulmen. Woher Jeb das Wort kannte, wusste er selbst nicht und es schien auch niemanden zu interessieren. Auf jeden Fall gab es hier Schatten, es war kühler und sie fanden einen kleinen Bach, der sich munter zwischen Bäumen und niedrigem Buschwerk hindurchschlängelte.
    Alle bis auf Mary, die noch weit zurückhing, stürmten zum Bach, warfen sich zu Boden und tranken ausgiebig von dem erfrischenden Wasser.
    Kathy, Mischa und Tian bespritzten sich gegenseitig, während Jenna und Jeb am Ufer saßen und das Treiben beobachteten. León hatte sich abgesondert. Im Unterholz hatte er einen fast zwei Meter langen Ast abgebrochen, den er jetzt mit seinem Messer bearbeitete.
    »Was wird das?«, fragte Jeb.
    León sah nicht mal auf. »Ein Wanderstab und ein Speer.«
    Jeb starrte ihn an. Während ein Teil der Gruppe ausgelassen herumtobte und der Rest versuchte, sich zu erholen, war León schon wieder einen Schritt weiter und schnitzte sich eine Waffe.
    Vor diesem Jungen musste man einfach Respekt haben.
    Er ließ seinen Blick umherschweifen. Mary hatte es endlich auch geschafft. Mit hängendem Kopf und erschöpftem Blick stand sie neben León, der vor ihr auf dem Boden hockte. Sie zog ihren Rucksack herunter, öffnete ihn und nahm die leere Flasche heraus. Mit einer hilflosen Geste hielt sie ihm die Flasche hin. Ohne aufzusehen, fragte er: »Was soll das?«
    »Holst du mir Wasser?«, sagte sie leise.
    Nun hob er doch den Kopf an. Kurz sah er ihr in die Augen, dann nahm er ihr die Flasche aus der Hand und warf sie in hohem Bogen in Richtung Bach.
    »Hol’s dir doch selber«, knurrte er und wandte sich wieder seinem Speer zu.
    Jeb sah, wie Mary völlig entkräftet zu weinen begann. Er wollte aufspringen, zu ihr gehen, ihr Wasser holen oder sie zumindest trösten, aber eine Hand legte sich auf seinen Arm.
    Jenna.
    »Lass sie«, sagte Jenna ruhig. »Sie muss begreifen, dass sie es allein schaffen kann. Sie ist es offenbar gewohnt, dass Leute ihr jeden Wunsch von den Augen ablesen. Aber sie ist zäher, als sie aussieht.«
    »Woher willst du das wissen?«
    Jenna nickte in Richtung Mary. »Ich weiß es einfach. Schau!«
    Tatsächlich, Marys hilfloses Gesicht hatte einen entschlossenen Zug angenommen. Sie drängte die Tränen zurück. Sie sagte etwas zu León, der zu grinsen begann. Dann schritt sie an ihm vorbei, ohne ihn eines weiteren Blickes zu würdigen. Kurz darauf beobachteten sie, wie Mary ihre Flasche aufhob und zum Bach ging.
    Jenna hatte in Bezug auf Mary recht gehabt. Mary saß wenig später bei den anderen und wirkte erholt. Ihr Gesicht hatte wieder Farbe bekommen und sie plauderte mit Tian und Mischa. León schnitzte noch immer an seinem Speer, während Kathy im Schatten eines Baumes döste.
    Jeb sah zum Himmel. Am Stand der Sonne konnte er ablesen, dass es früher Nachmittag sein musste.

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