Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)
langsam kristallisierte sich vor ihrem geistigen Auge ein alter Mann mit grauen Haaren heraus, der Frau am Fluss nicht unähnlich.
Aber wie kann das sein? Wir sind hier irgendwo weit weg von zu Hause. Warum sehen diese Menschen Jeb ähnlich?
Jenna wusste keine Antwort. Obwohl sie den Fremden dankbar sein sollte, wäre es ihr lieber gewesen, wenn diese Welt unbewohnt gewesen wäre.
Wenn Jeb und sie allein gewesen wären. Wie Jeb wohl darüber denkt?
Jeb schien die Umstände, so wie sie waren, zu akzeptieren und dankbar für die Unterstützung zu sein.
Jenna fröstelte. Die Nacht hatte sich kalt und dunkel über den Wald gelegt. Die Flammen des Feuers ließen Schatten über die Baumstämme tanzen. Irgendwo knackte ein Ast im Wald. Jenna blickte angespannt zu Jeb hinüber.
Vorsichtig schlug sie den Schlafsack zurück, erhob sich leise und humpelte zu ihm hinüber. Er regte sich nicht. Auch nicht, als Jenna ihren Schlafsack neben ihm ausbreitete und sich zu ihm legte.
Eine Minute lang wagte sie kaum zu atmen, dann rückte sie ein Stück näher. Und dann noch ein Stück. Schließlich berührten sie sich fast.
Jenna streckte vorsichtig einen Arm aus und legte ihre Hand ganz leicht auf seine Brust. Sie genoss es, Jeb zu berühren.
Vollkommen unerwartet schlug er die Augen auf.
Jenna ließ ihre Hand liegen. »Ich wollte dich nicht wecken.«
»Hast du nicht.«
»Darf ich hier bei dir bleiben?«
Er lächelte. Jenna fasste Mut, rückte noch näher, legte ihren Kopf auf seine Brust. Ihm so nahe zu sein, tat ihr gut. Sie konnte seinen Herzschlag durch das Hemd spüren und kuschelte sich an ihn, als ob sie das schon immer so gemacht hätte. Dann strich ihr Jeb ebenso selbstverständlich über das Haar.
»Hast du Angst?«, fragte er.
»Hm.«
»Das musst du nicht, ich passe auf dich auf.«
Jenna schloss die Augen und schlief ein.
25.
Der Morgen zog herauf, aber es dauerte eine Weile, bis sein Licht in die Höhle drang und die Gruppe weckte. Noch war es kühl, aber schon jetzt war die drückende Hitze des Tages zu spüren. Die Sonne schien, sodass sie sich keine Gedanken um ihre Verfolger machen mussten.
Zum Glück hatten sie eine ruhige Nacht hinter sich, denn heute war der entscheidende Tag. Heute würden sie diese Welt verlassen. Obwohl sie noch müde und erschlagen waren, erfasste sie die Unruhe der kommenden Stunden.
Würden sie die Tore finden?
Sie durchschreiten?
Was erwartete sie dort?
Niemand sprach ein Wort. Sie rafften stumm ihre Sachen zusammen und stopften sie in die Rucksäcke. Das Feuer war erloschen, aber der Geruch kalter Asche lag noch in der Luft.
Mischa verließ als Erster die Höhle. Am Eingang blieb er stehen und sah zum Himmel. Deutlich sichtbar und scheinbar nah funkelte der Stern.
»Es kann nicht mehr weit sein«, sagte er zu León, der hinter ihm auftauchte und ebenfalls den Stern suchte. »Was denkst du?«
»Der Stern führt uns direkt in die Berge – der Aufstieg wird ganz schön anstrengend werden.«
»Glaubst du, die Tore sind da oben?«
León zuckte mit den Schultern. »Ist eigentlich egal. Wenn es stimmt, was auf dem Zettel steht, werden die meisten von uns auf dieser Reise sterben, wenn es nicht stimmt, sind wir erst recht am Arsch.«
»Stimmt schon, aber immerhin machen die Portale ein wenig Hoffnung«, beharrte Mischa.
»Ja, denjenigen, die daran glauben wollen.«
»Und du? Was glaubst du?«
»Nichts. Vielleicht sind die Tore da, vielleicht auch nicht. Ich werde es herausfinden. Einfach nur herumsitzen und auf das Ende zu warten, liegt mir nicht. Lieber kämpfe ich.«
»Könntest du es? Ich meine, gegen uns um die Tore kämpfen, wenn es dazu käme?« Er schaute León von der Seite an.
León blickte ihm in die blauen Augen. »Es wird nicht dazu kommen. Mit großer Wahrscheinlichkeit haben wir schon zwei von uns verloren. Es wird also auch in einer angeblichen nächsten Welt keinen Streit um die Tore geben.«
Warum beruhigt mich das nicht?, dachte Mischa. Und warum spricht León diese Tatsache so aus, als wäre es ein großes Glück für uns alle?
Er fühlte sich von León abgestoßen und angezogen zugleich. In seiner Nähe war er wie elektrisiert. Warum er so empfand, wusste er nicht, aber es zog ihn immer wieder zu diesem merkwürdigen Jungen mit seinen noch seltsameren Tätowierungen, die ihn gleichzeitig hässlich und schön machten. Nicht zum ersten Mal schaute sich Mischa die Bilder auf Leóns Körper und Gesicht genau an.
Er sah die Rauten und Muster, die
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