Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition)

Titel: Das Labyrinth erwacht: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Rainer Wekwerth
Vom Netzwerk:
den Boden.
    Ihr Blick wanderte umher. Vor ihr lag eine Stadt mit unzähligen verfallenen Häusern und zerstörten Straßen, die der Schnee gnädigerweise bedeckte. Vom Himmel fielen unablässig Schneeflocken und Kathy hatte das Gefühl, dass es hier schon seit Jahren schneite, aber die Flocken waren dünn, wässrig und grau. Sie zog ihren rechten Handschuh aus und beobachtete, wie sie auf ihrer Handfläche schmolzen und dabei schmierige schwarze Schlieren hinterließen. Seltsamerweise war die Zerstörung überall sichtbar, aber nirgends waren Leichen zu sehen. Doch wer wusste schon, was in den Gebäuden auf sie lauerte. Noch einmal betrachtete sie ihre verschmierte Hand. Asche, Ruß und Schnee.
    Vielleicht sind sie alle verbrannt.
    Der Gedanke ließ die Angst in ihr aufflackern, aber dann beruhigte sich Kathy wieder und sie ging ein paar Schritte weiter.
    Verbrannt.
    Sie stapfte durch den Schnee, starrte nur auf ihre Schuhe.
    Alle verbrannt.
    Plötzlich blieb sie stehen und erstarrte. Sie begann zu zittern.
    Wenn alle tot sind, von wem stammen dann die Fußabdrücke, in die ich gerade getreten bin?

33.
    Mary wirbelte herum. Den Rucksack hielt sie schützend vor ihren Körper.
    Ihre Augen suchten fieberhaft das Dunkel ab. War da etwas? Woher war das Geräusch gekommen?
    Dort neben den Kleiderständern. Bewegt sich da was?
    Ihre Blicke bohrten sich in die Düsternis.
    Wenn es einer der anderen ist, warum sagt er nichts?
    Kathy?!
    »Wer ist da?«, rief Mary. »Kathy, bist du das? Komm raus, ich hab dich gesehen!«
    Doch Kathy hatte keine gelben Augen und sie knurrte nicht. Mary erschrak bis ins Mark, als sie erkannte, was da in der Finsternis lauerte.
    Es war ein Tier, dessen schemenhafte Gestalt jetzt auszumachen war. Große schmutzig gelbe Zähne blitzten hinter speichelgetränkten Lefzen auf.
    Ein Hund. Verzweifelt und hungrig. Bereit, mich jeden Moment anzufallen.
    Sie wusste für einen Moment nicht, wie sie sich verhalten sollte. Weder der Hund noch sie machten eine Bewegung.
    Mary ließ langsam die Hand sinken und schob sie in den Rucksack. Sie tastete mit den Fingern nach dem Trockenfleisch, zog es vorsichtig heraus.
    »Ich habe etwas für dich«, flüsterte Mary.
    Der Hund knurrte, gleichzeitig wedelte er mit dem Schwanz. Schließlich siegte der Hunger. Zögerlich schnuppernd kam er auf Mary zu. Nun erkannte sie erst, wie riesig dieses Tier tatsächlich war. Obwohl an dem ausgemergelten Körper die Rippen hervorstachen, strotzte der Hund vor Kraft und Wildheit.
    Mary warf ihm ihre Essensration hin und zog sich vorsichtig drei Schritte zurück. Der Hund stürzte nach vorn und verschlang in gierigen Bissen das angebotene Fressen. Währenddessen betrachtete Mary ihn genauer.
    Das Fell des Tieres war völlig zerzaust, ein Teil des Schwanzes fehlte und jetzt entdeckte sie auch, dass aus einer offenen Wunde an der Pfote Blut hervorsickerte. Anscheinend hatte er sich verletzt. Ihr Blick wanderte weiter zu einer kahlen Stelle am Hinterlauf. Ebenfalls Blut. Diesmal drei blutige Schnitte, wie von einer Kralle.
    Oder von einem Messer.
    Kathy war von den Fußabdrücken im Schnee wie gebannt. Ihr Verstand war eingefroren, nur langsam sickerte die Erkenntnis durch, dass jemand vor Kurzem hier gestanden haben musste. Und es war nicht Mary gewesen. Dafür waren die Abdrücke zu groß.
    Ein Mann hat sich hier aufgehalten. Die Abdrücke sind tief.
    Kathy betrachtete die Spuren, die genau vor ihren Füßen endeten und in Richtung der hohen Gebäude führten.
    Er ist von dort gekommen und hier stehen geblieben. Dann hat er kehrtgemacht und ist hastig zurückgelaufen.
    Die unterschiedlich großen Abstände zwischen den einzelnen Fußabdrücken verrieten ihr das.
    Hat er uns gesehen? Warum hat er nicht auf sich aufmerksam gemacht? Warum ist er wieder weggerannt?
    Die Antwort war simpel. Er war allein, sie zu fünft. Er war zufällig auf sie gestoßen, hatte nicht erwartet, hier jemandem zu begegnen. Das bedeutete, Menschen waren etwas Ungewöhnliches in dieser trostlosen Einsamkeit. Aber es gab sie.
    Warum bist du zurückgegangen?
    Du hast Angst vor uns!
    Menschen sind in dieser Welt keine Freunde, sondern Feinde, vor allem, wenn sie fremd sind.
    Du warst allein. Warum?
    Du jagst etwas. Keine Tiere, sonst wären noch andere Spuren im Schnee zu finden.
    Nein, du hast es auf Größeres abgesehen.
    Menschen.
    Und du bist zurückgelaufen, um Verstärkung zu holen.
    Der letzte Gedanke traf sie mit voller Wucht. Ohne Zeit zu verlieren,

Weitere Kostenlose Bücher