Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
Da kann sich ein kooperatives Entgegenkommen langfristig auszahlen, das weiß Ramsani, als er einen Blick auf die Polizeimarke der Berliner Kripo wirft. Zweifel kommen da erst gar nicht auf.
»Wir kooperieren gerne«, sagt Ramsani und lächelt. Er mag keine Polizisten. Zumindest keine uniformierten. Der hier sieht anders aus, seriös und eher wie ein Finanzbuchhalter. Er nickt, steckt den Dienstausweis ein und erklärt, worum es geht.
»Und sorgen Sie bitte dafür, dass sich ab zweiundzwanzig Uhr keiner von Ihren Leuten mehr im Zelt aufhält. Es könnte gefährlich werden.«
»Selbstverständlich, Herr Kommissar. Heute ist ohnehin vorstellungsfrei. Ich gebe allen frei und schicke sie in die Stadt, sich vergnügen.« Ramsani schmunzelt wieder.
»Sehr gut. Gehen Sie am besten gleich mit.«
»Betriebsausflug«, sagt Ramsani und scheint es besonders witzig zu finden.
»Betriebsausflug.«
Der Kripobeamte will zurück zum Ausgang, als er noch einmal stehen bleibt.
»Eine Bitte hätte ich noch«, sagt er. »Wo befinden sich Ihre Hyänen?«
»Die Hyänen?«
»Ja. Sie haben doch Hyänen. Dressierte Hyänen.«
»Dafür sind wir berühmt. Wir sind der einzige Zirkus, der dressierte Hyänen hat. Sechs prachtvolle Tiere. Eine Tiernummer, um die uns so mancher beneidet. Kommen Sie.« Ramsani geht voraus, er folgt. Beide bleiben im Hinterzelt stehen.
»Hier sind sie.« Sie stehen vor einem Käfig, in dem die sechs Tiere ihre breiten Schnauzen an die Gitterstäbe drücken.
»Und hier, durch diesen vergitterten Gang, werden sie in die Manege gelassen?«, fragt der Mann von der Kripo und zeigt auf die Röhre aus Drahtgeflecht, die mit dem Käfig verbunden ist.
»Ja. Aber erst, wenn auch die Manege vergittert ist, sonst …« Ramsani beißt mit dem Mund Löcher in die Luft und lächelt. »Wenn sie satt sind, sind sie harmlos. Aber wenn ihre Mägen knurren …«
»Wann werden die Tiere gefüttert?«
»Morgens und abends.«
»Verzichten Sie heute auf die Abendfütterung.« Es klingt wie ein Befehl.
»Aber …«
»Wollen Sie uns helfen oder nicht?«
»Natürlich.« Bülent Ramsani schaut nun doch etwas zweifelnd.
»Sie werden es nicht bereuen.«
Ramsanis Misstrauen löst sich im Nu auf.
Dann lässt der Kripobeamte sich die Lichtanlage erklären und alles, was für den Einsatz sonst noch notwendig ist.
ICH
Es war Greta, die mich auf die Spur von Kleeberg brachte. Kleeberg war es, der mich sogar gegen den Willen von Kriminaldirektor Dr. Wenger als verdeckten Ermittler durchsetzte. Ganz zu schweigen von den Kollegen. Nur weil meine Augenform der der Verdächtigen auf dem Foto der Überwachungskamera glich. Diese konstruierte Geschichte mit der Vietnamesin entpuppte sich ebenso schnell als haltlos wie die ganze Asiaten-Connection.
»Da stecken keine Asiaten dahinter«, sagt Greta, »dahinter steckt was ganz anderes.«
Sie hat recht. Greta ist ein kluges Geschöpf. Sie hat Abstand zu den Geschehnissen und betrachtet sie unvoreingenommen. Die Fähigkeit, die eigentlich zu meinen Stärken zählt, die mir aber während der Ermittlung abhandengekommen ist.
»Hast du schon mal daran gedacht, dass dieser Kleeberg ein falsches Spiel spielt?«
Natürlich habe ich mich im Verlauf der Ermittlung immer wieder über Kleeberg gewundert. Auf einmal erscheint vieles in einem anderen Licht. Kleebergs Empörung über das Interna-Leck zum Beispiel. Der ominöse Zeuge gegenüber der ehemaligen Frauenklinik. Meine Wohnung! Kleebergs Wohnung nebenan. Das Loch in der Wand. Ich brauche nicht lange, dann ist klar, dass mein Einsatz hier in Berlin bei diesem Fall nur Sinn macht, wenn Kleeberg dahintersteckt. Kitty Gerber hieß mit Nachnamen wie ihre Mutter und ist bei ihr in Stuttgart-Vaihingen aufgewachsen. Ihre Mutter stammt aus Berlin und ist noch vor der Wende aus der DDR nach Westdeutschland abgehauen.
»Mit dem Kind im Bauch«, wie sie mir am Telefon berichtet hat. Über den Vater von Kitty wollte sie nichts sagen. »Das sind alte Geschichten, die man ruhen lassen sollte.«
»Und wenn sie zur Aufklärung eines Mordfalles notwendig sind?«, frage ich.
Sie fängt an zu weinen. Noch ehe ich weiterfragen kann, legt sie auf. Hans-Joachim Mühlbauer war nicht nur Bundestagsabgeordneter für die SPD in Berlin, er war auch der Mann von Kittys Mutter und Kittys Stiefvater. Ich müsste mich stark täuschen, wenn Kleeberg nicht der leibliche Vater von Kitty wäre. Dann gäbe alles einen Sinn. Es ist leicht für Kleeberg, Hans-Joachim
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