Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
nicht verführerisch, sondern lächerlich klingt. Er lacht verlegen, auch ein wenig abschätzig, sogar eine Spur mitleidig. »Red keinen Unsinn! Du weißt ganz genau, dass das nicht stimmt!«
Kitty schiebt ihr Höschen zur Seite.
Er sieht weg. »Lass das!« Er dreht sich um und geht zur Tür.
»Wie du willst.« Sie springt vom Klavier und stellt sich ihm in den Weg. Sie stehen sich gegenüber. Er ist beinahe zwei Köpfe größer als sie. Ihre Stirn ist auf Höhe seiner Brust. Am Hals sieht sie Härchen aus seinem Hemd lugen. Kleine schwarze Härchen. Süß , denkt sie ein drittes Mal und umklammert ihn, stellt sich auf die Zehenspitzen und versucht, ihren Mund auf seinen zu drücken. Es misslingt. Sie beißt ihm ins Kinn. Er schreit kurz auf und schiebt sie zur Seite, so heftig, dass sie zu Boden fällt, während er die Tür öffnet und hinaus in den Flur verschwindet.
In dem Moment kommt ihre Mutter in die Wohnung. Kitty steht vom Boden auf, setzt sich ans Klavier und spielt. Sie spielt so falsch wie noch nie.
ICH
Das Blut stammt tatsächlich von Hans-Joachim Mühlbauer. Mechthild Gotthoff hat mich sofort nach der Laboranalyse angerufen und sich danach mit mir in der Mittagspause gleich um die Ecke des Kommissariats in einem neu eröffneten Café getroffen. Außer uns sitzen ausnahmslos Touristen auf den Sesseln. Die Möbel sehen so verschlissen aus, als hätte die Berliner Stadtreinigung hier auf dem Weg zur Müllverbrennungsanlage haltgemacht.
»Sie hatten recht.« Wieder sieht Mechthild Gotthoff so aus, als hätte sie sich für unser Treffen schick gemacht. Wieder trägt sie eine auffällige Lippenstiftfarbe, wenn auch eine andere als noch am Tag zuvor. Sie gibt sich weniger reserviert, fast schon locker und kumpelhaft.
»Es gibt auch Fingerabdrücke«, sagt sie. »Im Einweghandschuh.« Es klingt wie: Wir haben ihn.
»Und?«
»Sie stammen nicht von Mühlbauer.« Das wiederum klingt wie: Pech gehabt.
»Klar«, sage ich, »wäre auch höchst ungewöhnlich, wenn er sie selbst getragen und sich die Verletzungen selbst zugefügt hätte.«
»Sehr witzig!«
»Von wem stammen sie?«, will ich wissen.
»Sie sind nicht in unserer Kartei.«
»Das wundert mich nicht«, sage ich. Dass der Täter vorbestraft oder anderweitig kriminell in Erscheinung getreten ist, scheint mir eher unwahrscheinlich.
»Warum?« Gotthoff wirkt überrascht. Die Stirn ist gekräuselt, der Gesichtsausdruck ein einziges Fragezeichen. Irgendwie auch schön , geht es mir durch den Kopf. »Das ist kein Autodieb, der eben mal mordet«, antworte ich. »Kein Kleinkrimineller, der sich zu Höherem berufen fühlt.«
Ihre Stirn glättet sich wieder.
»Der Täter war vorher unauffällig und unbescholten«, sage ich. »Der ist zuvor noch nie in Erscheinung getreten. Ein unbeschriebenes Blatt sozusagen.«
Das Fragezeichen wird zum Ausrufezeichen.
»Interessant«, entgegnet sie. »Ist das jetzt Ihr Täterprofil? Haben Sie noch weitere Profilerangaben?« Sie sieht mich provozierend an und lässt dabei ihre Finger aus der Faust schnalzen. »Geschlecht? Alter? Beruf? Sozialer Status? Bildungsstand?« Auch ihre Fingernägel haben eine andere Farbe als am Vortag. Die Ironie steht ihr gut.
»Männlich, zwischen fünfzig und sechzig, ledig, allein lebend, hohes Einkommen.«
Sie scheint beeindruckt, sieht mich an, als hätte ich soeben ihren Mann beschrieben. Die Ironie kann sie sich dennoch nicht verkneifen.
»Was Sie alles wissen. Das reicht ja fast für ein Phantombild.«
»Hochschulabschluss, Einzelgänger, hoher Bildungsstand.«
»Na, da gibt es ja nicht so viele.« Sie scheint das witzig zu finden. Ich lache nicht, kontere ihren Blick und signalisiere, dass ich der Auffassung bin, es gibt nur einen.
»Haben Sie das Kleeberg schon gesagt?«, fragt sie.
Ich schüttle den Kopf. Ich weiß nicht, ob sie ahnt, was ich vermute.
»Wie lange arbeiten Sie eigentlich schon unter Kleeberg?«, will ich wissen.
»Seit zwei Jahren.«
»Dann sind Sie quasi meine Nachfolgerin.«
»Scheint so.« Sie grinst, reibt dabei ihre Lippen aneinander. »Und? Haben Sie einen konkreten Verdacht?« Gespannt beobachtet sie mich.
Den Blick gesenkt, sage ich trocken, fast lautlos: »Ja.«
Sie erschrickt, fragt aber nicht weiter nach. Ich greife nach ihrer Hand und sage ein wenig zu pathetisch: »Liebe Frau Gotthoff, ich weiß, Sie denken bestimmt, ich hätte nicht mehr alle Tassen im Schrank. Dass bei mir nicht mehr alles richtig funktioniert. Zu lange im Kloster
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