Das Lachen der Hyänen: Thriller (German Edition)
elektrischen Kabel und lässt sich fallen. Sie landet im Gehege und bleibt wie tot liegen. Sie hört die Tiere, die näher kommen. Sie riechen die Schweineleber, das Fleisch.
Sie schließt die Augen. Alles ist nur noch weiß. Wie eine Pfütze ausgelaufener Milch.
Dann nichts mehr.
ICH
Doreen ist tot. Die Verletzungen, die sie vom Angriff der Hyänen davongetragen hat, waren zu schwer. Sie starb noch im Zirkus.
Ich bin in Greta verliebt, auch wenn ich es mir zunächst nicht eingestehen will. Ich habe es ihr gestanden, noch an dem Abend, an dem Kleeberg festgenommen wurde. Sie lachte und sagte nur, Ach, Hài , als bedaure sie mich einerseits und könne mich andererseits auch ganz gut verstehen.
Kleeberg ist im Knast. Sehr wahrscheinlich kommt er in die Psychiatrie. Psychiater und Psychologen müssen seine Zurechnungsfähigkeit prüfen. Die Ärzte sind davon überzeugt, dass er stark suizidgefährdet ist. Er verweigert jede Aussage und ahmt das Lachen der Hyänen nach, wenn er zum Tathergang befragt wird. Ab und zu singt er oder summt vor sich hin.
Kriminaldirektor Dr. Wenger bestellt mich einen Tag nach Kleebergs Festnahme in sein Büro. Er entschuldigt sich, dass er mir anfangs so skeptisch gegenüberstand. Er entschuldigt sich auch, dass er mich für verrückt erklärt hatte, als ich ihm gegenüber behauptete, möglicherweise stecke Kleeberg hinter den Morden.
»Das müssen Sie verstehen«, sagt Wenger. »Ich konnte, wollte es einfach nicht glauben. Ihre Vermutung, Ihre verdeckte Ermittlung schien zwar eindeutig, obwohl ich insgeheim gehofft hatte, auch noch im Zirkuszelt, Sie würden sich täuschen.«
»Was hätten Sie denn getan, wenn ich mich getäuscht hätte?«, frage ich, während er einen Zigarillo aus einer Holzschachtel nimmt.
»Ich hätte Sie in der Luft zerrissen.« Er zündet sich den Zigarillo an.
»Wie die Hyänen.«
»Wie die Hyänen.« Er nimmt einen Zug und lässt Rauchringe aus dem Mund entweichen. Ich merke, wie er dafür bewundert werden will. Ich tue ihm den Gefallen nicht und frage: »Was sagt eigentlich der Polizeipräsident?«
»Der Innensenator hat ihm gedankt.« Dr. Wenger strahlt. Offenbar ist von diesem Dank auch eine Portion für ihn abgefallen.
Dann dankt er mir und sagt, dass es ohne mich bestimmt noch mehr Tote gegeben hätte. Er schiebt mir einen weißen Umschlag zu. Ich nicke und weiß, er hat recht. Ohne mich hätte es genau einen Toten mehr gegeben: mich.
»Bitte unterschreiben Sie hier«, sagt er und legt eine vorgefertigte Quittung vor mich auf den Tisch. Alles muss seine Ordnung haben, scheint er sagen zu wollen. Ich verziehe das Gesicht zu einem spöttischen Grinsen und unterschreibe. Dann stecke ich den Umschlag in meine Jackentasche.
Er pafft noch immer an seinem Zigarillo, und ich merke, dass er noch etwas loswerden will. Er druckst ein wenig herum, bis er schließlich sagt, er könne mich trotz allem nicht wieder in den Polizeidienst aufnehmen.
»Sie wissen ja, die Sache von damals.«
»Und Sie wissen ganz genau«, sage ich, »dass Kleeberg mir damals die Drogen untergeschoben hat.«
»Sie sind ja auch nicht belangt worden deswegen.«
»Aber suspendiert hat man mich trotzdem.«
»Anders ging es nicht.«
Es geht immer anders , denke ich.
Dr. Wenger drückt den Zigarillo im Aschenbecher aus und verstaut ihn anschließend in der Schublade.
»Wenn Sie jetzt wieder hier bei uns im Polizeidienst anfangen würden«, sagt er, »wäre das den Kollegen nicht zu vermitteln, verstehen Sie?«
»Nein. Aber ehrlich gesagt bin ich gar nicht scharf darauf, zurück in den Polizeidienst zu wechseln. Schon gar nicht hierher.«
Wenger scheint erleichtert. »Das verstehe ich, das verstehe ich nur allzu gut.«
»Ach ja?«
»Ja.«
Ein breites Grinsen legt sich um seinen Mund. »Aber sagen Sie mal, wenn wir mal wieder Hilfe brauchen, dann dürfen wir Sie doch wieder anrufen, oder?«
»Lieber nicht.«
»Oder wenn Kollegen Hilfe brauchen und einen engagierten verdeckten Ermittler benötigen, dürfen wir Sie dann empfehlen?«
»Lassen Sie mal.«
»Warum so bescheiden, mein lieber Hài?«
»Ich bin nicht bescheiden, Herr Dr. Wenger. Ich habe keine Lust mehr, meinen Arsch für Sie hinzuhalten.«
Wenger lacht, als hätte ich einen Witz gerissen.
»Sie wissen doch, eine Hand wäscht die andere.«
»Ja, und der Papst macht beim Scheißen die Beine krumm.«
Wenger lacht, als wäre dieser Witz noch gelungener.
»Sie doch auch, oder?«, sage ich.
Sein Lachen ist
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