Das Laecheln Deines Moerders
uns furchtbar Leid.«
»Wird sie wieder gesund werden?«, wollte Matt wissen.
Jenna nickte. »Ja, Gott sei Dank. Die Ärzte sagen, dass sie über den Berg ist.« Sie hatte es am Morgen erfahren. »Sie schafft es.«
»Das sind ja wenigstens gute Nachrichten.« Helen holte eine Jacke in Nickys Größe hervor. »Nicky! Jenna ist da.«
Mit einem begeisterten Aufschrei kam Nicky, die arme Cindy Lou an der Leine, durch die Küche gerannt und bremste knapp vor Jennas Füßen ab. Einen Augenblick sah es so aus, als wollte er sie umarmen, doch dann wich er im letzten Moment zurück. »Sie sind hier.« Seine Augen leuchteten. »Sie sind wirklich gekommen.«
Jenna tippt ihm auf die sommersprossige Nase. »Natürlich. Ich hab’s dir doch gesagt. Und? Denkst du, Cindy Lou ist bereit für ihre erste Lektion?«
Nicky zuckte mit den Schultern, dann grinste er. »Das werden wir sehen.«
Jenna lachte. »Ja, zweifellos. Dann komm, mein Schätzchen. Gehen wir.«
Samstag, 8. Oktober, 18.15
Steven kam zum ersten Mal seit Tagen früh nach Hause und erwartete, ein lautes, volles Haus zu betreten. Doch stattdessen war es dunkel im Inneren und still, als er die Tür hinter sich schloss.
Er schaltete das Licht im Eingangsbereich an. »Irgendjemand hier?«
Einen Moment passierte gar nichts, dann hörte er Brads Stimme aus seinem Arbeitszimmer. »Nur ich, Dad. Hier drin.«
Steven blieb auf der Schwelle zu seinem Büro stehen. Brad saß im Dunkeln und sah sich ein Familienvideo im Fernseher in der Ecke an. Es war der Film, den sie während eines Strandurlaubs gemacht hatten. Brad und Matt angelten am Ufer. Melissa lag auf einer Decke neben Nicky, der bis auf die Windeln nackt war und im Schutz des Sonnenschirms schlummerte. Nicky war ungefähr ein Jahr alt gewesen. Offenbar hatte er, Steven, gefilmt, denn Melissa sah ihn böse an und befahl ihm, sie nicht aufzunehmen. Jetzt konnte er sich wieder an den Tag erinnern. Sehr gut sogar. Sie hatte sich beinahe geweigert, das Hotel zu verlassen, und fluchend vor dem Spiegel gestanden; mit ihrem »Babyfett«, wie sie es nannte, könne sie wohl nicht an den Strand gehen. Er erinnerte sich noch, dass er sich damals gefragt hatte, ob sie das Baby wohl verfluchte, weil es ihre Figur ruiniert hatte. Jedenfalls hatte sie um diesen Zeitraum herum angefangen, Steven abzulehnen, hatte Kopfschmerzen vorgegeben oder gesagt, sie sei nicht in der Stimmung. Und nun, da er das Video sah, fragte er sich, ob sie ihn damals wohl schon betrogen hatte, auch wenn sie noch ganze zwei Jahre mit ihm zusammengeblieben war.
Andererseits spielte es eigentlich keine Rolle mehr. Was jetzt allein zählte, war der junge Mann, der vor dem Bildschirm saß und wie gebannt auf das Video starrte. »Wo sind die anderen?«, fragte Steven.
»Helen ist bei ihren Canasta-Leuten. Nicky und Matt sind mit Dr. Marshall im Park.« Brad hatte den Blick nicht vom Fernseher genommen. »An diesem Tag haben die Barsche gut angebissen.«
Steven setzte sich neben seinen Sohn. »Ich weiß noch. Matt war stocksauer, weil du den größten gefangen hattest.«
»Und ich war sauer, weil er drei mehr als ich hatte.«
Steven lachte leise. »Ihr Jungs musstet euch immer messen.«
»Muss irgendwie dein Einfluss gewesen sein«, sagte Brad nicht unfreundlich.
Steven sah ihn im Zwielicht an. Das bläuliche Flackern des Bildschirms war die einzige Lichtquelle im Raum. Brad hatte sich rasiert. Die Haare gewaschen. Trug saubere Sachen. Irgendetwas war anders. Er dachte an den Ausdruck in Mikes Augen am Donnerstagabend, als sein Freund ihm gesagt hatte, er solle nach Hause zu seinem Sohn gehen. Irgendetwas musste geschehen sein, als Mike Brad am Mittwoch nach Hause gefahren hatte.
Steven räusperte sich. »Es fällt Eltern wohl nie leicht, sich zu
entschuldigen.«
Brad wandte den Kopf, und sie sahen sich ernst an. »Wofür?«, fragte Brad.
»Ich weiß es nicht genau, um ehrlich zu sein. Ich weiß nicht, was ich getan habe, dass unser Verhältnis so geworden ist, und ich weiß nicht einmal, ob ich mich dafür entschuldigen sollte, aber am Mittwoch habe ich mich dir gegenüber unmöglich benommen. Das tut mir wirklich sehr Leid, mein Junge. Ich habe einen Fehler gemacht.«
Er beobachtete, wie Brads Kehle arbeitete und sein Sohn mühsam schluckte. Er wusste, was Brad im Augenblick empfand, denn er hatte ebenfalls einen Kloß im Hals. »Ich auch, Dad. Ich … ich hatte nichts begriffen.«
Steven zog die Brauen zusammen. »Nichts begriffen? Was
Weitere Kostenlose Bücher