Das Laecheln Deines Moerders
sinken, als die Erschöpfung ihn zu übermannen drohte. Da hörte er Jennas Stimme aus seinem Arbeitszimmer und versuchte, das Abbild ihres Gesichts über das Schlachtfest zu legen, das sich in seinem Gedächtnis eingebrannt hatte.
»Und jetzt denk dran, was wir gestern abgemacht haben«, sagte sie gerade. »Lies vor, was da steht.«
»›Walla Walla, Washington‹«, las Nicky mürrisch vor. »Du hast gewonnen.«
»Wo schläfst du also?«
»In meinem Bett«, antwortete sein Sohn düster.
»Dann los«, sagte Jenna knapp. »Du putzt dir die Zähne, und ich bring dich ins Bett.«
»Spielen wir das Geschichtenspiel?«
»Klar, wenn du willst.«
Sie erschienen im Flur, und Steven zwang sich zu einem Lächeln, obwohl er sich nichts sehnlicher wünschte, als sie in die Arme zu ziehen, sich in ihr zu verlieren und einfach für einen kurzen Moment so zu tun, als würde die Welt nicht existieren.
Als ob sie normale Leute wären.
Als ob sie an ihrem Hals nicht den Beweis dafür trug, dass schon Teenager ihren Willen mit aller Gewalt durchsetzen wollten. Und als ob er nicht vorhin noch den verstümmelten Körper eines unschuldigen Mädchens gesehen hatte.
»Hey, Nicky, wie geht’s meinem Lieblingssohn?« Er hatte sich alle Mühe gegeben, seiner Stimme einen lustigen Klang zu verleihen, sah jedoch auf Anhieb, dass Nicky ihm die gute Laune nicht abnahm. Er schaute zu ihm auf, dann zu Jenna, die ernst geworden war, als sie Steven an der Tür entdeckt hatte. Nun tippte sie Nicky auf die sommersprossige Nasenspitze.
»Ich glaube, dein Dad hat einen schlechten Tag gehabt. Vielleicht braucht er eine Chance, sich wieder ein bisschen zu fassen, und kann dann hochkommen und uns mit der Story helfen. Geh schon mal vor und putz dir die Zähne. Ich komme gleich nach.« Als Nicky oben war, drehte sich Jenna zu Steven um und breitete die Arme aus.
Ohne ein Wort zog er sie an sich und vergrub das Gesicht in ihren Haaren. »Du duftest immer nach Strand und Kokosnuss«, flüsterte er.
Sie küsste seine Schulter durch die Schichten von Kleidung. »Du hast das Mädchen gefunden. Das dritte.«
Er schauderte, und sie drückte ihn fester.
»Es tut mir Leid, Steven«, murmelte sie. »So Leid.«
Er suchte in ihrem Gesicht nach etwas, das er nicht hätte benennen können, und fand es in ihren Augen. Er küsste sie, nahm den Trost, den sie ihm anzubieten hatte, und stellte fest, dass die Quelle ergiebig genug war. Sein Kuss wurde verzweifelt, hungrig, bis sie ihre Hände in sein Haar schob und seinen Kopf sanft von ihrem wegzog.
»Steven, was ist passiert?«
Er schloss die Augen und schüttelte den Kopf. »Ich kann nicht, Jenna. Ich kann einfach nicht.«
Kann nicht drüber reden. Nicht aufhören, daran zu denken. Nicht aufhören, mir die Schuld dafür zu geben.
Sie zog ihn wieder an sich und küsste ihn erneut, doch diesmal ganz sanft. »Dann bleib hier. Ich bringe Nicky ins Bett und komme dann zurück.«
Während er ihr nachsah, wie sie die Treppe hinaufging, wurde ihm plötzlich klar, dass er unbedingt mehr von küssenden Lamas und anderen albernen Dingen hören wollte, die sie und Nicky sich ausdachten. Er ging ihr nach und wartete draußen vor Nickys Zimmer.
»Und was ist, wenn ich aufwache und nicht mehr im Bett schlafen will?«, fragte Nicky gerade.
Steven spähte um den Türrahmen und sah, wie Jenna die Decke über Nicky zog.
»Dann stehst du eben auf und legst dich in deinen Schlafsack«, sagte sie schlicht.
Nicky schmiegte sich ins Kissen und schloss die Augen. »Es war einmal ein Mann aus Kalamazoo.« Er machte ein Auge auf. »Tante Helen hat eine Freundin da. Das ist in Michigan.«
Jenna setzte sich auf die Bettkante und strich ihm übers Haar. »Ich weiß. Der Mann, der hatte ein Känguru.«
Nicky sagte eine ganze Weile nichts, und Jenna flüsterte: »Schläfst du schon?«
Nicky schüttelte den Kopf. »Nein. Jenna … ich glaube, ich gehe jetzt lieber auf den Boden.«
Steven hätte beinahe geseufzt, aber Jenna stand nur auf und zog die Decke weg. »Okay.«
Er sah verwirrt zu ihr auf. »Und du bist nicht böse?«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein. Du hast dich an unsere Abmachung gehalten. Also ab in den Schlafsack.« Nicky kroch hinein, und Jenna setzte sich im Schneidersitz daneben. »Wir haben also ein Känguru.«
»Aus Kalamazoo.«
»Mit nur einem Schuh.«
»Und es machte Muh.«
Jennas Lippen zuckten. »Bis es ging zur Ruh.«
»Und sich dazu ins Bett legte«, fuhr Nicky fort, ohne sich länger um den
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