Das Laecheln Deines Moerders
Jackett um seine breiten Schultern lag, und sie musste unwillkürlich daran denken, wie diese Schultern nach vorne gesackt waren, als sie über seinen Sohn gesprochen hatten. Der Kummer war echt, die Sorge schien ihn niederzudrücken. Jenna kaute auf ihrer Unterlippe. Sie hatte gesagt, alles würde schon wieder in Ordnung kommen. Hoffentlich würde sie Recht behalten.
Wie sehr sie sich wünschte, sie hätte seine Ängste einfach wegwischen und mit empörter Stimme sagen können: »Aber keinesfalls, Mr. Thatcher. Es kann unmöglich sein, dass Brad Drogen nimmt.« Aber das wäre nicht ehrlich gewesen. Sie hatte schon vor langer Zeit gelernt, dass es besser war, sich den Fakten zu stellen, auch wenn die möglichen Konsequenzen manchmal Angst erzeugten. Daher hatte sie ihm die Wahrheit gesagt. Auch Kinder aus liebevollem Elternhaus konnten in Schwierigkeiten geraten. Das wusste er natürlich. Aber irgendwie schien es ihm zu helfen, dass die Wahrheit ausgesprochen wurde.
»Jenna, du bist eine dumme Kuh«, murmelte sie. »Eine optimistische dumme Kuh.«
Aber im Grunde stimmte das nicht. Sie war schon lange, lange nicht mehr das, was man gemeinhin als optimistisch bezeichnete. Nein, in gewisser Hinsicht glaubte sie tatsächlich, dass Brad sich wieder zum Positiven verändern würde. Vielleicht lag es an dem Wissen, dass er einen Vater hatte, der sich so viele Sorgen um ihn machte.
Ja, das musste es sein.
Das war bestimmt auch der Grund für den Drang gewesen, Steven Thatcher über die Stirn zu streichen, um die tiefen Sorgenfalten zu glätten. Sie hatte diesem Drang kaum widerstehen können. Gewiss hatte es daran gelegen, dass seine offensichtliche Liebe zu seinem Sohn sie gerührt hatte.
Nicht daran, dass er so warme braune Augen hatte, die sich in den Winkeln kräuselten, wenn er lächelte.
Oder dass seine Schultern so breit waren, dass sie zum Anlehnen einluden. Oder dass sein Oberarm hart und fest war, seine Hände jedoch sanft. Oder dass sein Lächeln über ihre blöden Schuhe ihr schlichtweg den Atem verschlagen hatte. Nein. Sie hatte ihn nur wegen Brad trösten wollen.
Tja, nun, aber alle anderen Bedürfnisse waren nicht so leicht zu erklären, und diese Bedürfnisse überraschten sie, wenn sie ehrlich war. Sie hatte keinerlei sexuelle Regung mehr empfunden, seit … Sie seufzte, und es klang sehr einsam in der stillen Abendluft. Nicht, seit Adam krank geworden war. Ganz gewiss nicht mehr, seit er gestorben war.
Siehst du, Casey,
dachte sie.
Ich kann es wohl sagen. Er ist gestorben. Er ist tot. T-o-t. Ich verdränge es überhaupt nicht, um Himmels willen!
Es war nun zwei Jahre her, dass Adam gestorben war, und seitdem hatte kein Mann sie mehr berührt – es sei denn, man zählte diesen einen »guten Kumpel« von Caseys Freund Ned mit, dessen Hände sich immer wieder auf ihr Hinterteil gelegt hatten. Sie schauderte angewidert.
Sie legte den Kopf schief und überlegte, wie sie wohl reagieren würde, wenn Steven Thatcher etwas Derartiges probierte. Nun, bestimmt nicht so ablehnend. Sie würde wahrscheinlich sogar …
Schluss jetzt,
befahl sie sich im Stillen.
Hör sofort damit auf.
»Jenna Marshall«, murmelte sie. »Schäm dich.« Sie hob den Blick und sah Mr. Thatcher neben ihrem Wagen stehen. Er hatte die Hände in die Hüften gestemmt, die bestimmt schmal und fest waren.
Casey hätte ihren Spaß gehabt. Sie hätte sich bestimmt köstlich darüber amüsiert, dass Jenna Steven Thatchers Männlichkeit registrierte und sich gleichzeitig dafür schalt. Daher würde sie ihrer Freundin nichts davon erzählen. Ganz einfach. Nicht ganz so einfach dagegen war es zu akzeptieren, dass ihr Körper aus einem zweijährigen Schlaf erwacht war; ihre Hormone begannen sich wieder zu regen.
Tja, du bist nun mal ein Mensch. Es war klar, dass du irgendwann wieder hinsehen musstest. Aber man kann es ja dabei belassen. Nur gucken, nicht anfassen.
Ein kühler Wind kam auf, und Jenna fröstelte. Dann runzelte sie die Stirn. Eigentlich stand sie schon viel zu lange hier allein auf ihrem gesunden Fuß; Mr. Thatcher hätte längst mit ihrem Wagen vorfahren müssen. Wo war er bloß? Sie stellte sich auf Zehenspitzen und blickte über den Parkplatz. Da sah sie einen grauen Volvo-Kombi auf sich zukommen. Am Steuer Steven Thatcher.
Er hielt vor ihr an, stieg aus und stützte die verschränkten Arme aufs Autodach. Seine Miene war finster. »Haben Sie Feinde?«
Jennas Herz setzte einen Schlag aus. Adams schöner XK 150. Doch
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