Das Laecheln Deines Moerders
Belichtung und Ausschnitten experimentieren. Lorraines Leiche sah in Schwarzweiß noch gruseliger aus. Trotzdem hielt er mehr von Farbe. Das ganze Blut … ein Schwarzweißfoto wurde ihm einfach nicht gerecht.
»Das war der aktuelle Stand im Hauptquartier des State Bureau of Investigation von North Carolina am heutigen Morgen«, sagte die Reporterin, eine Frau mit modischem Kurzhaarschnitt.
Er zog die Brauen zusammen. Er verabscheute kurzes, modisch geschnittenes Haar. Frauen sollten langes Haar haben. Er zog das neuste Foto von
ihr
hervor. Sie war perfekt. Sie würde sich das Haar niemals wie ein Mann schneiden lassen. Wenn er König der Welt wäre, würde er allen Frauen befehlen, ihr Haar lang wachsen zu lassen, und Scheren zu illegalen Instrumenten erklären. Er grinste höhnisch, als er das Portrait der nun kahlen Samantha Eggleston musterte. Außer
seiner
Schere natürlich.
Aber schließlich mussten sich intelligente Menschen nicht denselben Regeln beugen wie andere. So war das nun mal. »Wir können bestätigen, dass ein zweites Mädchen vermisst wird.«
Er riss sich von dem Foto los und betrachtete das Gesicht im Fernseher. Special Agent Steven Thatcher stand unten am Bildrand. Special Agent – ha!
Thatcher wusste nichts, was
er
ihn nicht wissen lassen wollte. Special Agent Thatcher hätte Lorraine ohne den anonymen Hinweis niemals gefunden. Thatcher konnte nicht einmal dann eine Leiche finden, wenn ein blinkendes Neonschild ihn darauf hinwies. Idiot. Allesamt Idioten.
Er legte den Kopf schief und musterte den Mann genauer. »Du glaubst also, du bist ein ganz scharfer Hund, was, Special Agent Thatcher? Oh, warte nur. Ich habe noch ein paar schöne Sachen für dich.«
Die Frage war nur: Wie ließ sich das Spiel für beide Seiten ein wenig spannender gestalten?
Sonntag, 2. Oktober, 16.45 Uhr
Das ist doch wirklich zu albern,
dachte Jenna, als sie Caseys Ford Explorer vor dem Haus der Thatchers zum Stehen brachte. Dennoch klappte sie die Blende herunter, um sich im Spiegel zu begutachten. Ihr Make-up war noch in Ordnung. Natürlich war es in Ordnung. Sie hatte es auf dem Parkplatz bei
Hardee’s
drei Blocks zuvor aufgefrischt. Sie warf Jim, der auf dem Beifahrersitz saß, einen Blick zu. »Sie übernehmen die Brücke, Captain.« Dann stieg sie aus.
Der Volvo stand nicht in der Auffahrt, also war Steven wohl noch unterwegs. Oder der Wagen stand in der Garage, und er war im Haus. Sie spürte Schmetterlinge im Bauch und verfluchte sie. Es war nicht wichtig, ob er da war oder nicht. Sie wollte nur eine Minute bleiben. Sie würde die Tasche holen und gehen.
Während Jenna äußerlich ruhig und gelassen die Auffahrt hinaufging und die Schmetterlinge in ihrem Bauch Polka tanzten, musterte sie das Haus. Es war ein hübsches Haus, wirklich. Jenna war überrascht, wie hübsch das Haus war. Sie war sich nicht bewusst gewesen, dass Special Agents so gut verdienten. Das Haus wirkte viel freundlicher als das, in dem sie aufgewachsen war. In dem laute Stimmen und schlechte Laune vorgeherrscht hatten. Sie dachte nicht oft an dieses Haus zurück.
Als Jenna auf die Klingel drückte, wurde die Tür fast zeitgleich von einer Frau mit grauem Haar geöffnet. »Dr. Marshall. Kommen Sie rein«, sagte die Frau und zog Jenna ins Innere. Ein verführerischer Duft lag in der Luft.
»Ähm … danke.« Jenna blickte sich um und bemerkte zu ihrer Rechten einen abgedunkelten Raum, vielleicht ein Arbeitszimmer. Sie versuchte, unauffällig aus den Augenwinkeln einen Blick hineinzuwerfen, aber das Zimmer schien leer zu sein. Sie musste sich eingestehen, dass sie enttäuscht war, und hätte sich dafür am liebsten getreten.
Lieber Himmel, du willst deine Tasche holen.
Mit einem etwas bemühten Lächeln konzentrierte sie sich auf die grauhaarige Frau.
»Geben Sie mir doch Ihren Mantel«, sagte Miss Barnett, doch Jenna schüttelte den Kopf.
»Nein, wirklich. Ich kann nicht bleiben. Ich nehme nur schnell meine Tasche und belästige Sie nicht länger.«
»Ach, belästigen Sie sie ruhig«, sagte ein Junge, der gerade die Treppe herunterkam. Jenna wandte sich um und sah eine jüngere Version von Steven auf sie zukommen. »Sie wird sowieso bald nach Afrika gehen. Und Tsetse-Fliegen in ihrem Haar nisten lassen.«
Jenna schüttelte wieder den Kopf. »Ich fürchte, ich verstehe nicht.«
»Matthew eigentlich auch nicht«, sagte Miss Barnett und funkelte den Jungen wütend an. »Das ist Brads jüngerer Bruder, Matt.« Sie scheuchte ihn
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