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Das Laecheln der Chimaere

Das Laecheln der Chimaere

Titel: Das Laecheln der Chimaere Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Tatjana Stepanowa
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und seine 24-Stunden-Schicht als Leiter des privaten Sicherheitsdienstes zu absolvieren. Katja blieb allein auf der Datscha zurück.
    Sie zog sich Stiefel und Wattejacke an, stapfte durch den lockeren Schnee zum Holzstoß, sammelte ein paar Scheite zum Anheizen und zündete den Ofen an. Dann schaute sie verzaubert zu, wie das Feuer aufflackerte und die Flamme an den Birkenscheiten leckte, lauschte, wie der Wind im Ofenrohr heulte, und freute sich, dass das neue Jahr so gut begonnen hatte, so ruhig und gemütlich. Sie freute sich, dass es warm im Haus war. Sie freute sich auf Weihnachten, das Wadim und sie auch hier auf der Datscha verbringen wollten, nur sie beide allein, sonst niemand.
    Erst spät ging Katja zu Bett. Lange saß sie noch vor dem Kamin und stocherte mit dem Schürhaken in den Kohlen. Draußen wirbelte der Schneesturm. Von der Nachbardatscha, wo immer noch gefeiert wurde, drang Musik aus dem auf volle Lautstärke gedrehten Kassettenrecorder herüber.
    Katja überließ sich ganz ihrer trägen Stimmung am Kamin. Sie fühlte sich auf dem Sofa unter ihrem karierten Plaid wohl, warm und behaglich. Es war, als ob die Winterwelt allen Menschen durch das Schneegestöber zulächele und bunte weihnachtliche Seifenblasen steigen ließe. Hätte man Katja jetzt plötzlich angerufen und mit der Nachricht überfallen, dass in diesem Augenblick irgendwo ein Mensch ermordet worden sei, sie hätte es nicht geglaubt und gleich wieder aufgelegt.

3
    Das am Ende eines Kiefernparks gelegene Haus leuchtete mit hellem Schein durch den Schneesturm. Saljutow sah die Lichter schon von der Chaussee aus. Er war wieder zu Hause, und zum ersten Mal an diesem Tag kehrte Ruhe in sein Gemüt ein. Immer wieder aufs Neue staunte und freute er sich über den Eindruck, den das Haus auf jeden machte, der über die Rubljowskoje-Chaussee fuhr und nach links schaute – auf die hellen Lichter, die Neonreklame, die funkelnde Illumination, die so geschickt in das verschneite Dunkel der Kiefernalleen eingebettet war.
    Unwillkürlich dachte er an Las Vegas zurück, wo er vor fünf Jahren gewesen war, bei seinem ersten Besuch in den USA. Dort hatte er endlich mit eigenen Augen erblicken wollen, wovon er so oft geträumt hatte und was er als Kind – sehr, sehr selten – im Film gesehen hatte.
    Das rotgoldene Neontableau an der Fassade des Gebäudes hatte Saljutow selbst entworfen. Eine ganze Brigade von Designern, Künstlern, Elektrikern und Ingenieuren hatte daran gearbeitet. Das Tableau war aus Einzelteilen in einer Fabrik in Nordkalifornien montiert worden. In derselben Fabrik, die auch die größten Spielkasinos von Las Vegas ausstattete. Die Kosten für das Tableau samt Transport beliefen sich auf drei-hundertfünfzigtausend Dollar. Aber Saljutow hatte, es um das Geld noch kein einziges Mal Leid getan.
    Dieses leuchtende Neonbild war seine Idee. Es war ein ständig wechselndes Bild, fließend wie ein glitzernder Wasserfall: ein bunter Stoß Spielkarten, die sich mal zu einem Fächer öffneten, mal zu einem langen, gewundenen Band aneinanderreihten. In diesem magischen Kartenspiel überwogen Karos und Herzen. Das As schwebte in der Luft wie ein purpurroter geöffneter Fallschirm, die Dame warf den Gaffern Handküsschen zu, und der Herzkönig streute wie aus einem Füllhorn mit freigebiger Hand Spielmarken und Goldmünzen aus.
    Dann aber änderten plötzlich alle diese Herzen, Karos und Rhomben ihre Umrisse, verwandelten sich in flammendrote Mohnblumen und flossen schließlich zu einer einzigen gigantischen Blüte zusammen, deren Blütenblätter an Windmühlenflügel erinnerten.
    Diese Werbetafel an der Fassade hatten alle Angestellten des Hauses und die ganze Familie bewundert. Nur Philipp, der jüngste Sohn, behauptete, das sei alles Kitsch und billiger Pfusch. Aber er rümpfte ja über alles die Nase, nichts war diesem verwöhnten, selbstzufriedenen Bürschchen gut genug. Ihn interessierte gar nicht, was der rote Mohn an der Fassade des Hauses für seinen Vater bedeutete.
    Saljutow betrachtete die feurige Blüte, die sich im nächtlichen Schneesturm vor ihm entfaltete. Roter Mohn war das Wappen seines Hauses. Roter Mohn . . . So hieß auch das Parfum, das seine Mutter vor langer Zeit so geliebt hatte und dessen Duft er in seiner Kindheit und Jugend immer sofort erkannt hatte.
    Seine Mutter war jung gestorben, 1956, an Tuberkulose. Waleri Saljutow war damals erst zwölf gewesen. Er blieb bei seiner Tante Polina, der Schwester seiner Mutter,

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