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Das Lächeln der Sterne

Das Lächeln der Sterne

Titel: Das Lächeln der Sterne Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nicholas Sparks
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wusste, wie wichtig es war, dass Amanda wieder die Verantwortung für ihr eigenes Leben übernahm. Man konnte im gleichförmigen Ablauf des Alltags Trost finden, das hatte Adrienne selbst erfahren, und sie hoffte, dass Amanda dies auch erkennen würde.
    Doch im August, an dem Tag, der ihr siebter Hochzeitstag gewesen wäre, öffnete Amanda die Tür zum Kleiderschrank im Schlafzimmer und sah, dass sich auf den Schultern von Brents Anzügen Staub gesammelt hatte. Von da an ging es nicht mehr weiter voran. Nicht, dass die Trauer sie wieder überwältigt hätte – es gab Momente, da war sie fast wie früher –, aber die meiste Zeit wirkte sie eigentümlich erstarrt. Sie war weder deprimiert noch glücklich, weder angeregt noch lethargisch, weder interessiert noch gelangweilt von dem, was um sie herum geschah. Amanda, so kam es Adrienne vor, war offenbar zu der Überzeugung gelangt, dass die Erinnerung an Brent verblassen würde, wenn sie nach vorn blickte, und hatte entschieden, das nicht zuzulassen.
    Doch den Kindern gegenüber war es nicht fair. Sie brauchten die Führung und Liebe ihrer Mutter, sie brauchten ihre Zuwendung. Sie brauchten eine Mutter, die ihnen versicherte, dass sich alles zum Guten wenden würde. Ein Elternteil hatten sie bereits verloren, und das war schwer genug. In letzter Zeit kam es Adrienne oft so vor, als hätten sie auch ihre Mutter verloren.
    Im sanften Schein der Küchenlampe sah Adrienne auf die Uhr. Auf ihre Bitte war Dan mit den beiden Jungen, Max und Greg, ins Kino gegangen, so dass Adrienne den Abend mit Amanda verbringen konnte. Wie Adrienne waren auch ihre beiden Söhne um Amandas Kinder besorgt. Sie hatten sich nicht nur bemüht, eine aktive Rolle im Leben der Jungen zu übernehmen, sondern Adrienne immer wieder um Rat gefragt, wie sie sonst noch helfen konnten. Heute hatte Adrienne Dan beruhigt und gesagt, sie werde mit Amanda sprechen. Dan hatte darauf skeptisch reagiert – hatten sie das nicht schon oft versucht? –, aber sie wusste, dass dieser Abend eine andere Wirkung haben würde.
    Adrienne machte sich kaum Illusionen darüber, wie ihre Kinder sie sahen. Natürlich, sie liebten und respektierten sie als Mutter, aber Adrienne wusste, dass sie sie nicht wirklich kannten. In den Augen ihrer Kinder war sie gutherzig und durchschaubar, liebenswürdig und zuverlässig, eine freundliche Seele aus einer anderen Zeit, die ihren Weg ging und dabei ihre naive Weltsicht beibehalten hatte. Ihr Äußeres entsprach inzwischen dieser Sichtweise – die Fingerknöchel wurden mit der Zeit dicker, ihre schlanke Taille hatte sie eingebüßt, und die Brillengläser waren im Laufe der Jahre auch stärker geworden –, aber wenn sie bemerkte, wie ihre Kinder sie mit nachsichtigen Blicken ansahen, musste sie manchmal ein Lachen unterdrücken.
    Zum Teil, das war Adrienne klar, lag der Irrtum ihrer Kinder in dem Wunsch begründet, dass sie ein bestimmtes Bild von ihrer Mutter haben wollten und Adrienne diesem Bild von einer Frau in ihrem Alter auch entsprechen sollte. Es war leichter – und auch bequemer, um ehrlich zu sein –, wenn sie ihre Mom für eine unauffällige ältere Frau halten konnten statt für eine wagemutige Frau; für eine Frau, deren Leben in normalen Bahnen verlief, statt für eine mit Erfahrungen, die sie, die Kinder, in Staunen versetzen würden. Und als die gutherzige, durchschaubare, liebenswürdige und verlässliche Mutter, die sie in den Augen ihrer Kinder war, hatte Adrienne nicht den Wunsch, diese Vorstellung zurechtzurücken.
    Adrienne wusste, dass Amanda jeden Moment eintreffen würde, deshalb ging sie zum Kühlschrank und holte eine Flasche Pinot Grigio heraus. Da es seit dem Nachmittag im Haus kühler geworden war, drehte sie auf dem Weg ins Schlafzimmer den Thermostat hoch.
    Früher hatte sie dieses Zimmer mit Jack geteilt, jetzt war es ihres, und seit der Scheidung war es bereits zweimal neu gestrichen worden. Adrienne trat an das Himmelbett, das sie sich schon seit ihrer Jugend gewünscht hatte. Unter dem Bett, nahe der Wand, stand eine kleine Briefschachtel, die sie jetzt hervorholte und auf das Kissen neben sich stellte.
    Darin befanden sich lauter Dinge, die sie von damals aufbewahrt hatte: das einzelne Blatt Papier, das er in der Pension für sie zurückgelassen hatte, ein Foto von ihm, das in der Klinik aufgenommen worden war, und der Brief, den sie damals wenige Wochen vor Weihnachten erhalten hatte. Darunter lagen zwei zusammengebundene Stapel Briefe,

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