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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Aber, andererseits, ich hab ja immer gesagt, bei Jason Mebus ist es nur eine Frage der Zeit.»
    «Hat dir das der kleine Collins erzählt?»
    «Spielt keine Rolle, woher ich das habe. Aber solche Typen wie Mebus – und dieser Junge mit der Kette, wie heißt der, Connor –, die wollen zeigen, was für harte Kerle sie sind. Du kennst das ja sicher, Lenny …»
    Mathiesson sagte nichts.
    Ange sagte: «Wenn du glaubst, dass Lenny irgendwas damit zu tun hatte, täuschst du dich.»
    «Das hoffe ich», sagte Mumford, «und sei es nur um deinetwillen.»
    «Er wollte, dass Robbie am Leben bleibt, und er hatte gute Gründe dafür.»
    «Ange …» Mathiesson fasste sie bei den Schultern. «Das muss doch nicht sein. Er ist ja kein Bulle mehr. Du musst nicht –»
    «Setz dich, Andy», sagte Ange, vollkommen ruhig.

34  Altbestand
    Als der Gesang aufhörte, merkte Merrily, dass die warme Nacht und das Laub zum Leben erwacht waren, aber nicht durch Füchse oder Dachse oder Fledermäuse oder Ratten.
    Mit einem unbehaglichen Gefühl blieb sie am Wegesrand stehen und sah sich um. Hinter ihr war die Spitze des Kirchturms zu erkennen. Und irgendwo hörte sie Stimmen, wie im Unterholz raschelnde Blätter. Als sie hinter sich ein Kichern vernahm, fuhr sie herum. Im Gebüsch bewegten sich Schatten.
    Eine Mädchenstimme quiekte: «Nein, Nez, nicht!»
    Von der Schlossmauer prallte etwas ab, das wie eine Bierdose klang, und jemand rief: «Verrückte alte Schlampe!» Dann sah Merrily keine zehn Meter entfernt mehrere Jugendliche. Sie hatte Angst. Aber es konnten nicht die Frauen sein, die Bell angegriffen hatten; das hier waren fast noch Kinder.
    Nur Kinder.
    Wir haben unsern Spaß gehabt mit Robbie.
    «Was wollt ihr?» Ihre Stimme klang von zwanzig Jahren Rauchen krächzend und rau. Sie begann zu husten, dämpfte das Geräusch mit einem Arm.
    Eine von ihnen sagte: «Wer ist da?»
    «Polizei», sagte Merrily entschlossen. «Dieser Weg ist gesperrt. Haut ab hier, oder ihr könnt die Nacht hinter Gittern verbringen.»
    «Ach, zieh Leine, du bist nicht von der Polizei.»
    «Ihr könnt ja morgen beim Frühstück so tun, als wärt ihr nicht in einer Zelle.» Sie erinnerte sich an die Minitaschenlampe, die sie in ihre Hosentasche gesteckt hatte, ehe sie aus dem Auto gestiegen war. Sie war zwar nicht dazu zu gebrauchen, jemandem eins überzubraten, aber sie war sehr hell. Sie ließ sie auf Kopfhöhe aufblitzen und entdeckte ein Mädchen in einem pinkfarbenen Neon-Oberteil: Das Mädchen sah aus wie ungefähr dreizehn und taumelte schreiend rückwärts.
    Ein Junge sagte: «Sie beschützen doch nicht diese verrückte alte Schlampe, oder?»
    Dann jaulte das Mädchen: «Oh, nein! Mein Absatz ist ab! Nez, du Schlappschwanz, ich hab dir doch gesagt, dass ich hier nicht hinwill.»
    «Ich trag dich …»
    «Ach, hau –»
    «Was ist da los?»
    Empörung und ein gelbes Licht, wahrscheinlich aus einem der Cottages.
    «Mist», flüsterte jemand. «Das ist mein Großvater. Tut uns leid, okay? Wir sind schon weg. Wir wollten nur mal sehen, ob es stimmt. Gute Nacht.»
    «Ähm … ja … gute Nacht.» Merrily lächelte.
    Sie knipste die Taschenlampe aus, wartete, bis es wieder ruhig war und das Licht in dem Cottage ausging.
Wir wollten nur mal sehen, ob es stimmt
. Wie oft kam das vor?
    Sie knipste die Taschenlampe wieder an und drehte ihren Kopf, bis das Licht nur noch ein schmaler Strahl war, den Merrily auf den Boden richtete und ihm bis zu dem dicken Stamm von Marions Eibe folgte. Unter der sie Bell Pepper sitzen sah, ganz still. Ihre Ellbogen ruhten auf etwas, das auf ihren Knien lag, das Gesicht hatte sie zwischen den Händen, und zu ihren Füßen stand ein kleines Windlicht.
    «Ich möchte keinen Schutz», sagte sie.
    «Den bekommen Sie sowieso.» Merrily machte die Taschenlampe aus. «Schon lange.»
    «Oh.» Bell Pepper drehte ihren Kopf. «Ich dachte, ich … Sie sind Mary, oder?»
    «Tut mir leid, dass ich Ihnen gefolgt bin. Mir gefiel der Gedanke nicht, dass Sie allein hier draußen sind, nach dem, was vorgefallen ist.»
    «Es war sehr dumm von Jonathan, Sie anzurufen.»
    «Er hat sich Sorgen gemacht. Können wir uns unterhalten?»
    Merrily setzte sich neben sie zwischen die Wurzeln. Sie konnte Belladonnas früher so berühmtes Patrizierprofil sehen und musste an ein Schallplattencover denken, auf dem ihr Gesicht mit cremigem weißem Gips bedeckt war, Bell hatte die Augen geschlossen, es sah aus wie eine Totenmaske.
    «Kinder», sagte Bell.

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