Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery
hab’s nicht kapiert. Ich dachte, sie will mir was zu tun geben, weil ich nicht mehr arbeite. Aufs Kind aufpassen.»
Er ballte die Hand zur Faust, als er sich erinnerte, was seine Mom am Telefon gesagt hatte.
Robbie will dir all seine Lieblingsplätze in der Stadt zeigen, nicht, Robbie? Er nickt. Er fragt immer, wann kommt denn Onkel Andy?
«Ich bin nie hingefahren. Ich hab mich geärgert. War beleidigt. Angst hatte ich auch. Vor der Zukunft.»
«Konntest dich nicht mehr wichtig machen, hä?», sagte Mathiesson. «Warst frustriert, du armes altes Arschloch.»
«Halt den Mund, Lenny», sagte Ange ruhig.
«Ich weiß inzwischen genau, worüber er mit mir reden wollte», sagte Mumford. «Die Frage ist, wusstest du es auch?»
Ange sagte nichts.
«Ich hab heute Abend mit ein paar Leuten gesprochen, weißt du. Mit ehemaligen Nachbarn von dir, den Collins.»
«Die Collins sind so gut wie tot», sagte Mathiesson.
«Nicht gerade das Klügste, was du sagen kannst, Lenny.»
«Ich dachte, das wär hier inoffiziell.»
«Ist es auch. Aber, weißt du, es gibt noch jemanden, der wusste, was in der alten Aconbury-Fabrik läuft. Ist so schön abgelegen und ruhig da. In der Nähe ist ein kleiner Kiefernwald.»
«Ich hab keine Ahnung, wovon du redest.»
«Oder vielleicht war auch irgendwas merkwürdig an dem Ort», sagte Mumford. «Schließlich war da ja mal der Galgen. Das sagen jedenfalls gewisse Leute.»
«Ich kapier überhaupt nichts mehr.» Mathiesson ging durch den Raum, stellte sich hinter das Sofa und begann, mit Anges Haaren zu spielen.
Sie schüttelte ihn ab. «Du meinst Robbie, oder?»
«Was hat er dir erzählt?», fragte Mumford.
«Ich hab’s nie groß ernst genommen.» Ange setzte sich gerade hin. Sie wirkte, als wäre ihr kalt, dabei kam es Mumford so vor, als wären im Raum über dreißig Grad. «Er … konnte einem ja manchmal ganz schön auf die Nerven gehen, der Arme. Ja, ich weiß, dass er ziemlich aufgeregt war – vor ein paar Wochen … oder vielleicht auch Monaten, weiß nicht. Er hat mich gefragt, ob ich wüsste, dass hinter den Häusern Leute aufgehängt worden sind. Er hatte anscheinend rausgefunden, wo das war.»
«Es gibt am Rand des Wäldchens einen Hügel. Bis sie das Industriegebiet ausgeweitet haben, muss er noch bewachsen gewesen sein. Ist die wahrscheinlichste Stelle.»
«Ich hab’s nicht weiter beachtet. Er hatte ja immer irgendwas – meistens ging es um das verdammte Ludlow. Wahrscheinlich erinnere ich mich überhaupt nur, weil er von hier geredet hat.»
«Seinem Kumpel Niall Collins hat er alles darüber erzählt. Niall hat gesagt, lass das lieber, das wird denen nicht gefallen. Aber wahrscheinlich hat Robbie gar nicht mitgekriegt, was der Junge ihm damit klarmachen wollte. Robbie hat das Plascarreg all die Jahre gehasst – nicht nur, weil es total heruntergekommen ist, vielleicht hat er das ja auch gar nicht wahrgenommen –, sondern weil alles so neu war. Und jetzt hatte er etwas Historisches direkt vor seiner Haustür entdeckt. Da hat ihn nichts mehr gehalten.»
«Ich hab keine Ahnung, wie er überhaupt darauf gekommen ist», sagte Ange.
«Die Sache mit dem Galgen? Da gibt es so ein Forschungsprojekt, Angela. Jemand hat aus Lottomitteln ein Stipendium bekommen, um in dieser Gegend eine historische Studie durchzuführen. Habt ihr vielleicht gar nicht mitgekriegt.»
«Doch, da war so was im Briefkasten … das hat Robbie sich genommen.»
«Das hier?» Mumford griff in die Innentasche seines Jacketts und hielt ein Faltblatt hoch:
Historische Studie, South Wye
. «Das war bei seinen Sachen. Die Studie geht Ende Mai los. Sie haben Freiwillige gesucht, die eine Broschüre zur Geschichte der Gegend machen. Niall sagt, Robbie hätte sich mit einem der zuständigen Archäologen getroffen, der ihm alte Dokumente kopiert hat, und dann hat Robbie alleine weitergeforscht. Ob er die alte Hinrichtungsstätte findet oder nicht, war egal – aber dass er Nacht für Nacht mit dem Spaten bei der Fabrik rumgestochert hat, das war für das ganze Team eine Bedrohung …»
Ange schloss die Augen, schlug sich leicht auf die Knie und wiederholte dabei immer wieder sehr leise: «Scheiße, Scheiße …»
«Ich glaube nicht, dass denen klar war, was der Junge dort gesucht hat», sagte Mumford. «Vielleicht hat noch jemand mit ihm geredet, ihm gesagt, dass er besser wegbleibt. Jemand wie Jason Mebus. Hatte er Angst vor Leuten wie Jason, Angela?»
«Sollte man meinen, oder?» Ange sah
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