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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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Der Wendepunkt war der Freitagabend gewesen, als ihre Mutter sie mit zu der Geistertour genommen hatte, die dieser Typ leitete – Sam hatte erwartet, dass es total schrecklich würde, aber es war dann ganz lustig geworden und auch gruselig, denn irgendwie glaubte sie schon an Geister und so.
    Und dann war da dieser Junge, ungefähr in Sams Alter, und der hatte gesagt, wenn sie Interesse hätte, könnte er ihr ein paar Sachen zeigen, und sie hatte gesagt, ja, okay. Also waren sie am nächsten Tag zu Gallows Bank gegangen, wo die Leute früher aufgehängt wurden, und dann hat dieser Robbie ihr das Schloss gezeigt, wo er sie ziemlich damit beeindruckte, dass er umsonst reinkam.
    Jedenfalls hatten sie dann fast die ganze Woche zusammen verbracht. Sie waren ziemlich oft zum Henkersturm gekommen, und Robbie hatte Sam erzählt, dass Marions Geist gesehen worden war, und sie hatten dagestanden und auf dieses atmende Geräusch gewartet, aber sie hatten nichts gehört.
    Sie waren einfach, na ja, Freunde gewesen – so hatte Sam es gesehen. Sie wollte so kurz nach Harry keinen neuen Freund. Aber offenbar war es für Robbie ernster gewesen als für Sam. Als sie wieder zu Hause war, hatte Robbie ihr Briefe und E-Mails geschrieben und ihr Sachen über Ludlow geschickt, und sie war zwar interessiert, aber so sehr nun auch wieder nicht.
    «Sam?», sagte Sandy Gee.
    Keine Antwort. Sam hatte sich halb umgedreht und sah aus ihrem Fenster hinaus. Von unterhalb des Turms hörte Lol Gesang: ein Kirchenlied, «Oh God Our Help in Ages Past».
    «Oh nein», murmelte Sandy. «Diese verdammte Religionsgruppe. Wir haben den Weg an beiden Enden gesperrt, um genau so was zu vermeiden. Sie müssen auf irgendeinem Pfad sein, der vom Fluss heraufführt oder so. Verdammt!»
    «Sagen Sie denen, die sollen weggehen, oder ich springe», schrie Sam plötzlich. «Sagen Sie denen das!» Sie stand auf und beugte sich aus dem Fenster. «Seid still! Seid still! Seid still!»
    «Machen wir, wir sagen es ihnen», sagte Sandy. «In Ordnung?»
    Was sollte sie sonst sagen? Sam hatte alle Trümpfe in der Hand. Als sie sich wieder zu ihnen umdrehte, weinte sie.
    Es war mitleiderregend. Offensichtlich ein Hilferuf. Menschen bringen sich nur äußerst selten um, um sich selbst zu bestrafen, das hatte Dick Ldyen, der Therapeut, Lol einmal erzählt. Sie bringen sich um, weil ihr Leben nicht mehr lebenswert ist.
    Aber was als Hilferuf begann, endete oft als Tragödie, hatte Dick betont. Ein Hilferuf war nicht so leicht zu inszenieren, man konnte leicht die Kontrolle darüber verlieren.
    Plötzlich fiel Lol etwas ein, das Merrily ihm an dem Abend nach dem Tod von Mumfords Mutter erzählt hatte.
    Über einen Brief, den Robbie Walsh einem Geist geschrieben hatte.
    «Sam», sagte er, «warst du Marion?»
    Sandy Gee sah ihn alarmiert an, als spreche er von Reinkarnation. Draußen wurde jetzt das nächste Kirchenlied gesungen, «Rock of Ages».
    «Hat Robbie dich Marion genannt?», sagte Lol. «Hat er dir als Marion E-Mails und so geschickt?»
    Sam bewegte sich vom Fenster weg und lehnte sich über das Gerüst.
    «Sie hat Angst.»
    «Wer?»
    «Marion», sagte Sam.
    Sandy beugte sich zu Lol und flüsterte: «Seien Sie vorsichtig.»
    Sam sah zu Lol herunter. Es war hier drinnen inzwischen ziemlich dunkel. Ihr Gesicht war weiß.
    «Erzähl mir von Robbie und Marion», sagte Lol.
    Sam setzte sich in die Nische.
    «Wir haben uns an einem Samstag getroffen. Nach Weihnachten.»
    «Du und Robbie?»
    «Er wollte nochmal herkommen. Durch die Stadt laufen und dann hierherkommen. Ich meine, ich mochte ihn, aber ich konnte nicht …»
    «Hat er dich Marion genannt? Wenn du mit ihm zusammen warst?»
    «Bin nach Hause gefahren.»
    «Du hattest das Gefühl … er erstickt dich?»
    «Und dann hat er mir E-Mails und alles Mögliche aus dem Internet geschickt. Bilder, die erst nach Ewigkeiten hochgeladen waren. Das war, als sie …»
    «Wer? Jemmie?»
    Sam schniefte. «… hat mir so viel Sorgen gemacht. Mir erzählt, dass sie eine Überdosis nehmen würde. Dass sie in den Fluss springt, wenn sie high ist. Sie hat nachts angerufen und SMS geschickt und so. Ich musste mein Handy ausstellen, hab dann gesagt, ich hätt’s verloren. Und jedes Mal, wenn ich den Computer angestellt hab, hatte ich ungefähr neunzehn E-Mails mit haufenweise Attachments.»
    «Von Robbie?»
    «Ja.» Sam fing wieder an zu weinen. Steve Britton duckte sich unter einem niedrigen Torbogen hindurch und richtete sich

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