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Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery

Titel: Das Lächeln der Toten • Ein Merrily-Watkins-Mystery Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Phil Rickman
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musst sicher sein, vollkommen sicher – offenbar nackt war. Es gab keine Kleidung, die das Blut aufgesogen und die Wunden verdeckt hätte. Nur das Papier, das wie Toilettenpapier in einer verstopften öffentlichen Toilette überall herumlag.
    «Ich kann doch das Telefon hier nicht benutzen», sagte George.
    «Nein. Nein, wir dürfen nichts anfassen.»
    Offensichtlich waren es Ausschnitte aus Zeitungen und Zeitschriften und Kopien und ausgedruckte Websites, es mussten Hunderte sein. Und in den meisten ging es um Musik.
    In allen ging es um Belladonna: Bilder von ihr und Worte über sie. Belladonnas körniges schwarzweißes Gesicht sog den Lebenssaft von Jonathan Scole auf, der Jonathan Swift gewesen war und jetzt …
    Merrily musste geschluchzt haben – das passierte ihr bei maßlosem Stress. Sie spürte, wie Georges Hände nach ihren Schultern griffen.
    Sie sagte: «Nicht in meinen schrecklichsten –»
    Das Papier war zerrissen und zerfetzt. Wie Jonathan, der auf der Seite lag, zusammengerollt wie ein Fötus, abgesehen davon, dass sein Kopf in einem unnatürlichen Winkel zurückgeworfen war, sein Hals war durchbohrt, sein Gesicht erinnerte an eine aufgeschnittene Blutorange. Sein Gesicht hatte mehr als einen Gesichtsausdruck, als wäre es doppelt belichtet oder wie ein Porträt von Francis Bacon.
    Im vollen Bewusstsein der Tatsache, dass sie – wäre sie eine richtige Pfarrerin – für den ewigen Frieden des grausam und besinnungslos Getöteten beten sollte, wich Merrily zurück und trat die Tür hinter sich zu.
    Mit einem Pfeifen wie von einem plötzlichen Atemzug sprang die Tür wieder auf, und da war Jonathan wieder, der Luftzug wehte einen Zeitungsschnipsel von einem seiner Augen, als blinzelte er angesichts dieses wiederholten Eindringens, und Merrily stemmte einen Fuß gegen die Tür und drückte sie mit Macht von sich weg. Sie ließ den Fuß dort, auf der besudelten Täfelung, als wolle sie einen Blutschwall fernhalten, bis das Türschloss einrastete. Und dann stand sie oben an der Treppe, George ein paar Stufen unter ihr, und atmete einfach diese Luft ein.
    «Wer auch immer das getan hat …» – George sah zu ihr auf, die Beule an seiner Stirn glänzte wie eine große Perle –, «muss wie ein … wie ein Schlachter aussehen. Wie kann sie so auf der Straße herumlaufen?»
    «In ihrem langen Umhang.» Sie folgte ihm die Stufen hinunter.
    Unten blieben sie stehen, und George sagte: «Geht es Ihnen so weit gut?»
    «Na ja, nein», sagte sie, «eigentlich nicht.»
    «Kommen Sie mit zu uns nach Hause.»
    Merrilys Knie gaben nach, aber sie fing sich wieder. Ihr Feuerzeug fiel aus der zerrissenen Tasche ihrer Fleecejacke auf den Steinfußboden.
    «Ich habe einen schrecklichen Fehler gemacht, George.» Sie bückte sich, um das Feuerzeug aufzuheben, versagte sich aber eine Zigarette. «Den schlimmsten Fehler, den ich je begangen habe, und ich habe, bei Gott, einige gemacht.»
    «Mrs. Watkins –»
    «Es gibt einen kompetenten, angesehenen Psychiater, mit dem ich eigentlich zusammenarbeiten sollte. Und weil ich ihn nicht besonders mag, habe ich ihn über das meiste hier völlig im Dunkeln gelassen.»
    «Mrs. Watkins, wir haben alle im Unklaren gelassen. Ich wollte, dass Bernard – als Freund – sich darum kümmert, und Bernard hat es auf Sie abgewälzt. Das lief alles auf Vertrauensbasis. Ich wollte den Deckel draufhalten – darauf läuft es wohl hinaus, letztlich.»
    «Und ich bin …» – Sie legte eine Hand auf ihre Brust, um zu versuchen, sich am Keuchen zu hindern – «jedem Gedanken daran ausgewichen, dass diese Frau tatsächlich geisteskrank sein könnte.»
    Sogar als sie die Tür mit ihrem Fuß zugedrückt hatte, war sie dieser Vorstellung noch ausgewichen und hatte gedacht, kann das jemand anders getan haben? Irgendein alter Feind von zu Hause? Jemand, der versucht hatte, ihn zu finden? Wenn der Mord an seinen Eltern ein Auftragsmord gewesen war …
    Ja, klar. Und dann hatte dieser Jemand ihn mit Zeitungsausschnitten von Belladonna überschüttet. Das war keine Geschichte mit einer überraschenden Wendung; es war so chaotisch und unergründlich, wie es jeder andere klare Mordfall auch war. Das Ausmaß der Wut, das eine Frau zu so etwas bringen konnte, war unbegreiflich, aber war das nicht immer so? Lieber Gott.
    «Wir gehen zu mir nach Hause», sagte George, als würde er einem Kind über die Straße helfen. «Und von da rufen wir auch die Polizei. Kommen Sie.»
    Sie traten von

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