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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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Paulina Barnett sahen ihm starr mit weit aufgerissenen Augen entgegen, und erwarteten ängstlich, daß er sich über sie stürzen werde.
    In diesem Augenblicke brach die Woge auch mit Donnertoben über ihnen zusammen. Einer Brandung ähnlich fluthete sie über das Schiffchen, dessen Hintertheil vollständig begraben wurde. Ein furchtbarer Stoß wurde fühlbar, den ein Schrei von den Lippen des Lieutenants und der Mrs. Paulina Barnett, die unter dem Wasserberge verschwanden, begleitete. Sie mußten annehmen, daß das Boot jetzt untergehe.
    Dennoch erhob es sich, zu drei Viertel mit Wasser gefüllt, wieder …, aber der alte Seemann war verschwunden.
    Jasper Hobson entrang sich ein Schrei der Verzweiflung. Mrs. Paulina Barnett wandte sich nach ihm.
    »Norman! rief er, und zeigte nach dem leeren Platz am Steuer.
    – Der Unglückliche!« sagte die Reisende.
    Jasper Hobson und sie hatten sich auf die Gefahr hin, aus dem Boote geworfen zu werden, erhoben, doch sahen sie Nichts. Kein Schrei, kein Zuruf war zu vernehmen, – kein Körper tauchte in dem weißen Schaume auf … Der alte Seemann hatte den Tod in den Wellen gefunden.
    Mrs. Paulina Barnett und Jasper Hobson waren auf ihre Sitze zurückgesunken. Jetzt hatten sie allein für ihre Rettung zu sorgen. Aber weder der Lieutenant noch seine Begleiterin verstanden mit einem Schiffe umzugehen, das unter den jetzigen mißlichen Verhältnissen kaum ein wetterfester Seemann zu regieren vermocht hätte. Das Boot war nun ein Spiel der Wellen. Das geblähte Segel riß dasselbe fort; konnte Jasper Hobson seinen Lauf hemmen?
    Die Lage der beiden Unglücklichen, die vom Sturme in einer zerbrechlichen Barke erfaßt, diese nicht einmal lenken konnten, wurde entsetzlich.
    »Wir sind verloren! sagte der Lieutenant.
    – Nein, Herr Lieutenant, entgegnete die muthige Paulina Barnett. Helfen wir uns selbst, so wird uns auch der Himmel helfen.«
    Jasper Hobson erkannte jetzt ganz die unerschrockene Frau, deren Schicksal augenblicklich auch das seine war.
    Am nothwendigsten erschien es, das Boot von dem eingedrungenen Wasser zu befreien. Eine zweite Sturzwelle würde es augenblicklich gefüllt und auf den Grund versenkt haben. Es handelte sich demnach darum, das Fahrzeug so zu erleichtern, daß es sich leichter mit den Wellen hob und weniger Gefahr lief, zertrümmert zu werden. Mrs. Paulina Barnett und Jasper Hobson schöpften also das Wasser möglichst schnell aus, welches durch seine Beweglichkeit das Umschlagen begünstigen mußte, was keine leichte Arbeit war, da jeden Augenblick ein Wellenkamm über den Bordrand schlug, und man die Wasserschaufel nie aus der Hand legen konnte. Vorzüglich unterzog sich die Reisende dieser Mühe, während der Lieutenant das Steuerruder hielt, und das Schiff wohl oder übel vor dem Wind zu halten suchte.
    Zur Vergrößerung der Gefahr brach die Nacht, oder wenn nicht die Nacht, denn diese dauert zu jener Jahreszeit in solchen hohen Breiten nur wenige Stunden, – so doch die Abenddämmerung mehr und mehr herein. Die niedrigen, mit Wasserstaub vermengten Wolken waren kaum noch vom verschwimmenden Lichte erhellt. Kaum zwei Bootslängen weit konnte man vor sich sehen, und mußte doch fürchten, durch den etwaigen Anprall an einen schwimmenden Eisblock vollständig zu scheitern. Solche Eisinseln konnten aber ganz unerwartet auftauchen, und bei dieser Geschwindigkeit gab es kein Mittel, ihnen auszuweichen.
    »Sind Sie nicht Herr Ihres Steuers, Herr Hobson? fragte Mrs. Paulina Barnett, als der Sturm eine kurze Pause machte.
    – Nein, Madame, antwortete der Lieutenant, Sie werden auf Alles gefaßt sein müssen.
    – Ich bin es!« erwiderte einfach die muthige Frau.
    In demselben Augenblicke ließ sich ein scharfes Reißen hören, das fast betäubend war. Das durch den Druck des Windes aufgeschlitzte Segel flog wie eine kleine weißliche Wolke von dannen. Noch schoß das Boot, in Folge der ihm innewohnenden Geschwindigkeit, einige Augenblicke weiter fort; dann kam es zur Ruhe, und die Wellen schaukelten es, wie ein Stückchen eines Wracks. Jasper Hobson und Mrs. Paulina Barnett gaben sich verloren; sie wurden furchtbar erschüttert, von den Bänken geschleudert, gequetscht und verwundet. An Bord war kein Stückchen Leinwand weiter, welches man dem Winde hätte bieten können. Die beiden Unglücklichen sahen sich, bei diesem dunkeln Wasserstaube und den fortwährenden Schneewirbeln und Regenschauern, kaum selbst einander. Verständlich machen konnten sie sich

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