Das Land der Pelze
drei Meilen unterhalb Fort-Providence, niedergelegt.
Nur der alte Seemann fehlte bei der Heimkehr.
Zehntes Capitel
Ein Rückblick.
Gegen zehn Uhr Abends klopften Mrs. Paulina Barnett und Jasper Hobson an das äußere Thor des Forts. Da war eine Freude, sie wiederzusehen, nachdem man sie schon verloren geglaubt hatte. Diese Freude wich aber einer tiefen Betrübniß, als man den Tod des alten Norman vernahm. Der brave Mann hatte die Liebe Aller besessen, und ein lebhaftes Bedauern ehrte sein Andenken. Die muthigen und opferfreudigen Eskimos wollten, als sie den herzlichsten Dank des Lieutenants und seiner Begleiterin sehr phlegmatisch entgegen genommen hatten, nicht einmal mit nach dem Fort kommen. Was sie gethan hatten, erschien ihnen ganz selbstverständlich. Es war das auch nicht ihr erstes Rettungswerk gewesen und sofort hatten sie den gefährlichen Weg über den See wieder eingeschlagen, auf dem sie bei Tag und Nacht dem Fange der Ottern und verschiedener Wasservögel oblagen.
Die auf die Rückkehr Jasper Hobson’s folgende Nacht, der nächste Tag, der 1. Juni und die Nacht vom 1. zum 2. wurde ausschließlich der Ruhe gewidmet. Die kleine Truppe ließ sich das ganz gern gefallen, doch war der Lieutenant fest entschlossen, am Morgen des 2., an dem sich der Sturm auch glücklicher Weise gelegt hatte, abzureisen.
Alle Hilfsmittel des Forts hatte Sergeant Felton der Gesellschaft zur Verfügung gestellt. Einige Gespanne Hunde wurden ersetzt, und zur Zeit der Abfahrt fand Jasper Hobson seine Schlitten in bester Ordnung am äußeren Thore aufgefahren.
Man nahm Abschied. Jeder dankte dem Sergeant Felton, der sich unter den gegebenen Verhältnissen sehr gastfreundlich gezeigt hatte, und Mrs. Paulina Barnett war nicht die Letzte, ihm ihre Anerkennung auszudrücken. Ein kräftiger Handschlag, den der Sergeant seinem Schwager Long reichte, beendete die Abschiedsceremonie.
Paarweise besetzte man wieder die bestimmten Schlitten, doch fuhren diesmal Mrs. Paulina und der Lieutenant mit einander, während Madge und Sergeant Long ihnen folgten.
Dem Rathe des Indianerhäuptlings folgend wollte Jasper Hobson die Küste Amerikas auf kürzestem, nämlich dem geraden Wege zwischen Fort-Confidence und dem Meere erreichen. Nach seinen Karten, welche die Gestaltung des Landes freilich nur annäherungsweise zeigten, schien es ihm gut, längs dem Thale den Lauf des Coppermine, eines ziemlich mächtigen, in die Krönungs-Bai einmündenden Flusses, zu verfolgen. Die Entfernung zwischen dem Fort und jener Ausmündung beträgt nur anderthalb Breitengrade, – – etwa fünfundachtzig bis neunzig Meilen. Die tiefe Einbuchtung, welche jenen Golf bildet, wird im Norden durch das Cap Krusenstern begrenzt; von da aus aber verläuft die Küste flach bis zu jenem Punkte des siebenzigsten Breitengrades, an welchem die Bathurst-Spitze, oder das Cap gleichen Namens, emporsteigt.
Hobson änderte also die bis jetzt eingehaltene Richtung und wandte sich nach Osten, um dem Wasserlaufe in gerader Linie nach wenigen Stunden zu begegnen.
Anderen Tages, am 3. Juni Nachmittags, wurde der Fluß erreicht. Der Coppermine strömte mit klarem, schnellem, jetzt ganz eisfreiem Wasser, voll bis an die Ufer, in einem breiten Thale dahin, genährt von zahllosen, launenhaften Bergwässern, welche indeß alle ohne Beschwerde zu passiren waren. Leicht glitten die Schlitten dahin. Unterwegs erzählte Lieutenant Hobson seiner Gefährtin die Geschichte des Landes, durch welches sie reisten. Zwischen ihm und der Reisenden hatte sich in Folge der Umstände und des gleichen Alters eine wirkliche Vertraulichkeit und ernsthafte Freundschaft derausgebildet. Mrs. Paulina Barnett strebte ihre Kenntnisse zu erweitern, und da sie selbst Sinn für Entdeckungen hatte, hörte sie auch gern von Entdeckern erzählen.
Jasper Hobson, der sein Nordamerika »aus dem Fundamente« kannte, war in der Lage, die Wißbegier der Reisenden vollkommen zu befriedigen.
»Noch vor etwa neunzig Jahren, sprach er, war dieses vom Coppermine durchströmte Gebiet völlig unbekannt, und verdankt man seine Entdeckung einigen Agenten der Hudsons-Bai-Compagnie, nur fand hierbei Dasselbe statt, was in der Wissenschaft so häufig vorkommt, daß man nämlich das Eine suchte, und das Andere fand. Columbus suchte z.B. Asien und entdeckte dafür Amerika.
– Und was suchten damals die Sendlinge der Compagnie? fragte Mrs. Paulina Barnett. Etwa die berühmte nordwestliche Durchfahrt?
– Nein, Madame, entgegnete
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