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Das Land der Pelze

Das Land der Pelze

Titel: Das Land der Pelze Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jules Verne
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concentrirte sich am Grunde der Flaschen in Form eines Kernes. Das aus Tannensprossen hergestellte Bier zersprengte beim Gefrieren die Gefäße. Alle festen Körper widerstanden dem Einfluß der Wärme, als wären sie versteinert. Selbst das Holz brannte nur schwer, und Jasper Hobson mußte deshalb eine ansehnliche Menge Walroßfett opfern, um eine lebhaftere Verbrennung zu erzielen. Zum Glück zogen die Kamine sehr gut und verhinderten das Uebertreten irgend welchen schlechten Geruches in’s Innere. Draußen aber mußte sich Fort-Esperance schon weithin durch den scharfen, unangenehmen Geruch des Rauches verrathen, und verdiente unter die gesundheitswidrigen Etablissements gezählt zu werden.
    Als bemerkenswerthes Symptom stellte sich in dieser ungeheuren Kälte bei Jedermann ein brennender Durst ein. Um diesen zu löschen mußte man aber alle Flüssigkeiten erst am Feuer aufthauen, denn in ihrer Form als Eis waren sie nicht zu vertragen. Eine andere Erscheinung, gegen welche Lieutenant Hobson seinen Genossen anzukämpfen empfahl, war eine sonderbare Schlafsucht, deren Einige nicht Herr zu werden vermochten. Mrs. Paulina Barnett, die immer munter war, wirkte durch ihre Rathschläge, ihre Unterhaltung, ihr Ab-und Zugehen, durch das eigene Beispiel, und ermuthigte alle Uebrigen. Oefter las sie aus einem Reisewerke vor oder sang einige alte englische Lieder, die von Allen im Chore wiederholt wurden. Diese Gesänge weckten wohl oder übel die Eingeschlafenen wieder, welche dann auch ihrerseits bald mit einstimmten. So verrannen die langen Tage unter vollständiger Einschließung, und wenn Jasper Hobson durch die Scheiben nach dem außerhalb angebrachten Thermometer sah, fand er nur, daß die Kälte noch immer zunahm. Am 31. December war das Quecksilber in der Kugel des Instrumentes vollständig gefroren. Es war demnach eine Temperatur von mehr als 42° unter Null.
    Am anderen Tage, am 1. Januar 1860, brachte Lieutenant Jasper Hobson der Mrs. Paulina Barnett seine Glückwünchse zum neuen Jahre dar und sprach ihr seine Anerkennung über den Muth und den guten Humor aus, mit welchen sie sich allen Strapazen unterzog. Dieselben Glückwünsche richtete er auch an den Astronomen, welcher aber in dem Neujahrstage Nichts als den Wechsel der Jahreszahl 1859 gegen 1860 sah, d.h. des Jahres, in welchem seine hochwichtige Sonnenfinsterniß stattfinden sollte. Zwischen allen Mitgliedern dieser kleinen Colonie, welche bis jetzt noch so einig und, Gott sei Dank, auch so vollkommen gesund geblieben waren, wurden herzliche Wünsche ausgetauscht. Hatten sich bei Einzelnen auch einige Vorzeichen von Scorbut gezeigt, so waren diese doch immer der rechtzeitigen Anwendung von Limoniensaft und Kalkpastillen gewichen.
    Immerhin durfte man sich nicht zu zeitig freuen! Die schlechte Jahreszeit sollte ja noch drei Monate währen. Die Sonne mußte zwar bald wieder über dem Horizonte erscheinen, aber damit war nicht gesagt, daß auch die Kälte nun auch ihr Maximum erreicht haben müsse, und gewöhnlich tritt sogar in allen hochnördlichen Gegenden die stärkste Temperatur-Erniedrigung erst im Februar ein. Jedenfalls nahm die Kälte in den ersten Tagen des neuen Jahres nicht ab, und am 6. Januar zeigte das vor dem Fenster des Vorzimmers angebrachte Thermometer eine Kälte von 52° an. Noch einige Grade, und die im Jahre 1835 in Fort-Reliance beobachteten Temperatur-Minima waren erreicht, wenn nicht überschritten!
    Die andauernde Kälte von solcher Heftigkeit beunruhigte Jasper Hobson mehr und mehr. Er fürchtete, daß die Pelzthiere gezwungen sein möchten, im Süden ein minder strenges Klima aufzusuchen, was seinen Absichten bezüglich der Jagden im kommenden Frühlinge sehr entgegen gewesen wäre.
    Außerdem vernahm er durch die Erdschichten hindurch öfter ein dumpfes Rollen, das offenbar mit der vulkanischen Eruption zusammen hing. Der nördliche Horizont erschien fortwährend von dem Feuer aus der Erde erleuchtet, und gewiß vollzog sich jetzt in diesen Gegenden der Erdkugel eine furchtbare plutonische Arbeit. Konnte diese Nachbarschaft eines Vulkanes nicht für die neue Factorei gefährlich sein? Das ging Lieutenant Hobson immer durch den Kopf, wenn er dieses unterirdische Grollen vernahm, doch behielt er jene zunächst noch grundlosen Befürchtungen für sich.
    Selbstverständlich dachte bei so enormer Kälte Niemand daran, das Haus zu verlassen. Hunde und Rennthiere waren reichlich versorgt; diese an ein langes Fasten während der

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