Das Land der Pelze
bewegten.
Sergeant Long, der sich dem Fenster genähert hatte, sagte einfach:
»Das sind Bären!«
Wirklich waren ein halbes Dutzend solcher Thiere in den mit Palissaden umschlossenen Raum eingebrochen und drangen, von dem Geruche des Rauches angelockt, gegen das Haus vor.
Die Belagerer auf dem Dache. (S. 203.)
Jasper Hobson gab, sobald er von der Anwesenheit dieser furchtbaren Raubthiere unterrichtet war, den Befehl, das Fenster des Vorzimmers von Innen zu verbarrikadiren. Es bot dieses den einzig gangbaren Zugang, und war nur diese Oeffnung verschlossen, so schien es unmöglich, daß die Bären bis in das Haus dringen könnten. Das Fenster wurde demnach mit dicken Balken, die der Zimmermann Mac Nap nach Möglichkeit einpaßte, so verschlossen, daß eine enge Oeffnung blieb, durch welche man das Benehmen der unbequemen Gäste zu beobachten vermochte.
»Nun, sagte der Meister Zimmermann, sollen die Herren ohne unsere Erlaubniß nicht eintreten. Wir haben also Zeit, Kriegsrath zu halten.
– Nicht wahr, Herr Hobson, meinte Mrs. Paulina Barnett, nun wird unserer Ueberwinterung Nichts gefehlt haben; nach dem Froste die Bären!
– Nein, nicht ›nach‹, antwortete Lieutenant Hobson, sondern, was viel mehr in’s Gewicht fällt, ›während‹ des Frostes, und das eines Frostes, der uns einen Ausfall unmöglich macht. Ich weiß wirklich kaum, wie wir uns von diesen Bestien befreien sollen.
– Ich denke, sie sollen die Geduld verlieren, entgegnete die Reisende, und dann werden sie wieder davon gehen, wie sie gekommen sind.«
Jasper Hobson schüttelte den Kopf, als ob er nicht ganz überzeugt sei.
»Sie kennen diese Thiere nicht, Madame, erwiderte er. Der strenge Winter hat sie hungerig gemacht, und wenn man sie nicht dazu zwingt, werden sie den Platz nicht räumen.
– Sind Sie darüber unruhig, Herr Hobson? fragte Mrs. Paulina Barnett.
– Ja und nein, antwortete Lieutenant Hobson, ich weiß wohl, daß diese Bären nicht bis in das Haus kommen werden, aber ich weiß auch nicht, wie wir hinaus kommen sollen, wenn das einmal nöthig würde!«
Jasper Hobson kehrte wieder zum Fenster zurück. Unterdessen hatte Mrs. Paulina Barnett und die anderen Frauen den Sergeant Long umringt und lauschten dem braven Soldaten, der die »Frage von den Bären« wie ein Mann von Erfahrung abhandelte. Ost hatte Sergeant Long mit diesem Gesindel, dem man häufig selbst in südlicheren Gebieten begegnet, zu thun gehabt, aber immer unter Bedingungen, die es gestatteten, dasselbe mit Aussicht auf Erfolg anzugreifen; hier aber waren die Belagerten blokirt und überdies verhinderte der Frost jeden Ausfall.
Den ganzen Tag lang überwachte man aufmerksam das Hin-und Herlaufen der Bären. Von Zeit zu Zeit kam Einer oder der Andere näher an das Fenster, so daß sein dumpfes, zorniges Brummen zu hören war.
Lieutenant Hobson und der Sergeant hielten Rath und beschlossen, daß man, wenn die Bären den Platz nicht verlassen sollten, einige Schießscharten in den Mauern des Hauses anbringen wollte, um sie mit Flintenschüssen zu vertreiben. Doch kam man auch überein, ein bis zwei Tage zu warten, denn Lieutenant Hobson scheute sich, zwischen der freien Luft und der schon so niedrigen des Zimmers eine directe Verbindung herzustellen.
Das Walroßfett, welches man in die Oefen einführte, war schon zu so festen Stücken gefroren, daß man es mit der Axt zerkleinern mußte.
Der Tag verlief ohne weitere Zufälle. Die Bären kamen und gingen, liefen rund um das Haus, versuchten aber keinen directen Angriff. Man wachte die ganze Nacht, und gegen vier Uhr Morgens konnte man glauben, daß die Angreifer den Hof verlassen hätten, wenigstens zeigten sie sich nirgends. Um sieben Uhr hatte sich Marbre nach dem Boden verfügt, um einige Provisionen zu holen, kam aber sogleich zurück, da die Bären auf dem Dache des Hauses umher marschirten.
Jasper Hobson, der Sergeant, Mac Nap und zwei oder drei andere Soldaten ergriffen ihre Waffen und stürzten auf die Treppe im Vorraume, die mittels einer Fallthüre mit dem Boden in Verbindung stand. In diesem Bodenraume war aber eine derartige Kälte, daß Lieutenant Hobson und seine Genossen schon nach wenig Minuten den Lauf ihrer Flinten nicht mehr mit der Hand anfassen konnten. Die durch ihre Respiration erzeugte feuchte Luft fiel rings um sie als Schnee nieder.
Marbre hatte sich nicht getäuscht, die Bären hatten das Dach des Hauses erstiegen. Man hörte sie laufen und brummen. Manchmal schlugen
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