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Das Land zwischen den Meeren

Das Land zwischen den Meeren

Titel: Das Land zwischen den Meeren Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Paredes
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gemütlicher haben. Magst du Pfefferminztee?«
    »Mein Lieblingstee.« Dorothea war überrascht über den Anblick, der sich ihr bot. Das Zimmer war klein, aber hell und freundlich. Und viel ordentlicher als erwartet. Unter der Schräge am Fenster stand ein schwerer Eichenschreibtisch, auf dem sich Bücher, Mappen und Papiere türmten. Fasziniert spähte sie durch die blitzblank geputzte Scheibe. »Welch herrliche Aussicht! Du kannst von deinem Schreibtisch aus direkt auf den Dom schauen. Er wird bestimmt großartig aussehen, wenn er eines Tages zu Ende gebaut ist.«
    Ihr Blick wanderte weiter nach links zu einer Kommode, auf der sich eine Waschschüssel, Seife und ordentlich übereinandergestapelte Handtücher befanden. Darüber ein fast blinder, ovaler Spiegel. Alexander feuerte den Ofen an und setzte einen Kessel mit Wasser auf. An der Wand gegenüber dem Fenster stand in einer Mauernische ein Bett mit einem Überwurf, dessen Muster an einen orientalischen Teppich erinnerte. In einem Schrank mit Glastüren am Fußende des Bettes lagen Kleidung und Wäsche, sorgsam zusammengefaltet.
    Obwohl sie nie zuvor hier gewesen war, spürte Dorothea, dass dieser Raum etwas Vertrautes, Behagliches ausstrahlte. Die Holzscheite im Ofen knisterten, wohlige Wärme breitete sich allmählich aus. Sie legte Hut und Mantel ab, wusch sich die Hände in der Waschschüssel und beobachtete Alexander, wie er einen Teil des Schreibtisches frei räumte und eine bestickte kleine Decke auflegte. Einem Wandbord neben dem Ofen entnahm er zwei Tassen und zwei Teller, richtete die Kuchenstücke darauf an und stellte alles auf den Schreibtisch. Dann kam er mit einer silbernen Teekanne, die leicht angelaufen war. Pfefferminzblätter schwammen im heißen Wasser und verströmten ihr mildes Aroma. Er bot Dorothea den einzigen Stuhl im Zimmer an und setzte sich auf den Schemel, rückte ganz nahe an sie heran. Dann nahm er ihre Hand und küsste die Innenfläche, schob den Saum ihres Ärmels hoch und fuhr mit den Lippen über die pulsierende zarte Haut.
    Ein Schauer durchrieselte Dorothea. Sie schloss die Augen und riss sie gleich wieder auf, musste unter allen Umständen einen klaren Kopf behalten. »Wollten wir nicht endlich den Kuchen probieren, Liebster?« Mit der freien Hand griff sie nach dem Kuchenstück und hielt es ihm vor den Mund. Alexander biss hinein und nickte zufrieden.
    Noch während er kaute, schenkte er den Tee ein, spülte mit kräftigen Schlucken hinterher. »Lecker. Und was ist mit dir, mein Herz? Ich hatte vorhin den Eindruck, als seist du sehr – hungrig.«
    »Den teilen wir uns. Ein ganzes Stück ist für mich zu viel.« Vorsichtig nippte Dorothea an ihrem Tee, wollte Zeit gewinnen, weil sie mit einem Mal eine eigenartige Unruhe verspürte. Was sie da gerade tat, gehörte sich nicht für ein tugendhaftes junges Mädchen. Trotzdem – was konnte schlecht daran sein, wenn sie das Zuhause ihres künftigen Bräutigams kennenlernte und mit ihm zusammen Tee trank? Was hätte man ihr vorhalten sollen? Bisher war nichts geschehen, wofür sie sich hätte schämen müssen. Aber was würde sie sagen, wenn ihr Vater sie nach ihrem Tag fragen würde? Doch nein, der kümmerte sich ausschließlich um seine Arbeit und seine Forschungen. Hatte er sich jemals ernsthaft nach ihrem Befinden erkundigt?
    »Worüber denkst du gerade nach, Liebste? Dich bedrückt etwas, ich sehe es dir an der Nasenspitze an.« Alexander umfasste ihr Kinn und küsste sie sanft und zärtlich. »Verrat es mir, und ich denke mir etwas Lustiges aus und bringe dich zum Lachen.«
    »Es ist nur … ich musste an meine Eltern denken …«
    Alexanders eben noch heitere Stimmung schlug um. »Habe ich dir schon erzählt, dass meine Eltern vor zwei Jahren kurz hintereinander gestorben sind? Meine Mutter hatte Schwindsucht, und mein Vater ist ihr wenige Wochen später gefolgt. Die Todesursache war ein gebrochenes Herz, da bin ich mir sicher. Danach hielt ich es zu Hause in Bonn nicht mehr aus und nahm hier in Köln die Stellung bei der Zeitung an. Was sich im Nachhinein als glückliche Fügung erwiesen hat. Denn sonst hätte ich dich nicht kennengelernt.«
    Dorothea lächelte, fuhr ihm mit den Fingern durch das Haar und glättete die widerspenstigen Locken. »Hast du dir schon überlegt, wann unsere Hochzeit sein soll, Liebster?«
    »Je nachdem, wie schnell mein Vertrag aufgesetzt wird. Vielleicht im Mai? Möchtest du ein großes Fest mit allen Verwandten – oder was hältst du davon,

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