Das lange Lied eines Lebens
Bergarbeiter auf der Suche nach einer Goldader. Er rief ihren Namen, aber sie regte sich nicht. »Meine Frau?«, fragte er, als er eine Kerze entzündete, um das Dunkel zu durchbrechen. »Miss July, wo steckst du?«, fragte er in der geöffneten Tür. So besorgt wurde er, dass er aussah wie ein kleines Kind, das sich verlaufen hat. July konnte die Neckerei nicht länger aushalten, denn sie sehnte sich danach, ihn zu umarmen, seinen warmen Hals an ihrem Gesicht zu spüren. Sie sehnte sich danach, mit den Fingernägeln die dunkle Haarlinie entlangzufahren, die von seiner Brust zu seinem Bauchnabel verlief, und zuzusehen, wie der weiße Hautstreifen sich rosa verfärbte. Sie wollte sein Stöhnen hören, wenn er sie kniff und ihr auf den Po klatschte.
Sie gab das dumme Versteckspiel auf, und in ihrer Eile, ihn zu haben, stieß sie den Stuhl um. Als sie ihn von hinten fest ergriff, quietschte er überrascht auf. Er warf sie auf die Matratze. Sie mochte es, wenn sein ganzes Gewicht auf ihr lag. Sie liebte
es, wenn sie sich unter der Masse seines Körpers nicht rühren konnte. Sie hatte es gern, wenn er so schwer auf ihr lag, dass sie nicht einmal einatmen konnte, während sein Glied steif und hart zwischen ihnen anschwoll.
Doch ihr Mann protestierte, weil ihr Bett so stach. »Soll meine Frau auf etwas so Grobem schlafen?«, fragte er und befahl seinem Boy Elias, aus den Räumen oben eine dicke Rosshaarmatratze herabzubringen. Dieser folgte bald ein hölzernes Bettgestell, in dessen Kopfende zwei aparte Vögel geschnitzt waren.
Wenngleich Molly begann, mit einem neidvollen Auge auf July zu blicken und mit gedämpfter Stimme eifersüchtiges Geschwätz über die Arrangements unter dem Haus zu flüstern, beachtete July die dumme Frau nicht. Denn als geliebte wahre Ehefrau eines weißen Engländers umgab July mittlerweile ein solcher Glanz, dass selbst eine hochmütige Terzerone wie Miss Clara zu einer dunkelhäutigen Schlampe wurde.
Robert wollte nicht, dass Julys kleine Füßchen auf schmutzigem Lehmboden gehen mussten – sie sollten auf Seide treten, sagte er. Den rot und blau gemusterten Teppich, den er July schenkte, hatte er vom Fußboden seines Arbeitszimmers genommen. Und als sie darauf stand und ihre nackten Füße in den weichen Flor des Teppichs drückte, küsste er erst die Zehen ihres linken Fußes, dann die Zehen ihres rechten. Und oh, wie Elias fluchte, als er sich, einen Esstisch und zwei nicht zueinander passende Stühle auf dem Rücken, in ihr kleines Zimmerchen hinabquälte. Doch ihr Mann wollte, dass sie mit ihm am Tisch säße, damit sie über England, seinen Papa, die elenden Neger und die Probleme seines Arbeitstages plaudern könnten. Ihr Mann saß am Tischende, und ihren Stuhl hatte sie dicht an seinen herangezogen, damit sie eine Mangofrucht schälen und ihn mit den klebrigen Schnitzen füttern konnte, einen Schnitz nach dem anderen, von ihren eigenen Lippen gereicht.
Denn in wenigen Stunden würde die Missus ihren Mann oben im Haus erwarten. Und July würde befohlen werden,
den Tisch für das Abendessen zu richten. »Bevor er kommt, bevor er kommt, muss alles fertig sein, beeil dich, Marguerite, er ist bald da«, würde ihre Missus sie antreiben. Dann würde July die Hausburschen anweisen müssen, den Tisch zu decken (und ihnen eins auf den Kopf geben, damit sie noch einmal von vorn anfingen, und zwar richtig), während sie den Schrank mit dem Wein aufschloss. Danach würde sie in die Küche gehen müssen, um das Essen zu inspizieren. Wenn sie sich bei Molly erkundigt hätte, was das eklige Gericht darstellen solle, und darauf bestanden hätte, dass die schmollende Köchin etwas mehr Salz zugab, würde sie den Hausburschen befehlen müssen, das Abendessen zum Tisch ihres Massas zu tragen. Und July würde das Esszimmer betreten müssen. Und während sie noch wund und feucht war von der Liebe, würde sie um den Tisch herumturnen und ihrem Mann und der Missus, die so erpicht darauf war, ihm alles recht zu machen, das Essen servieren müssen.
Wie bereits erwähnt, musste Francis Bear, der Künstler, bei dem Porträt Mr und Mrs Goodwin seine Erfindungsgabe nutzen. Als Beispiel nannte ich die Missus, die nicht ganz so dick dargestellt wird, wie es hätte sein müssen, und ihren Fuß, der unverhältnismäßig schlank ist. Dass July der Missus ein Tablett hinhält, trifft zwar zu, doch das im Überfluss vorhandene bunte Zuckerwerk wurde in Wahrheit erst später hinzugefügt. Denn jedes Mal wenn July in
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