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Das lange Lied eines Lebens

Das lange Lied eines Lebens

Titel: Das lange Lied eines Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Levy
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eine Sache, Mama …« Und wie da mein Herz zu rasen begann – es durchschlug fast den Stoff meines Kleides. Bis er fortfuhr: »Ich glaube, ich habe einige von Mr Bears Werken gesehen«, und mir in ermüdenden Einzelheiten ein weiteres Bild dieses albernen Künstlers schilderte.
    Geneigter Leser, mittlerweile dürften dir die Launen meines Sohnes ebenso rätselhaft sein wie seiner Mama.
    Während ich dies schreibe, steht Miss May vor mir und mischt die Karten. Sie befiehlt mir, ich solle aufhören, mit meinem Federhalter auf dem Papier herumzukratzen, und noch eine Runde Schwarzer Peter mit ihr spielen. Ich fürchte, ich muss mich von dem Kind erst schlagen lassen, wenn ich jemals genug Frieden finden will, um in meiner Geschichte fortzufahren. Ha!

ACHTUNDZWANZIGSTES KAPITEL
    Eines Tages spazierte Dublin Hilton, der alte Granulierer, der im Sudhaus arbeitete, in der Nähe des Herrenhauses, wo er einen Weißen mit einem eleganten gefiederten Hut auf dem Kopf sah. Der Mann, der reglos und aufrecht wie ein Türpfosten dastand, wischte einen kleinen Pinsel an einem großen Brett ab, das auf einer Staffelei ruhte. Dublin Hilton näherte sich dem Mann von hinten und reckte den Hals, um zu sehen, was der da trieb. Er malt ein Bild, sagte sich Dublin bald. Denn auf dem Brett war ein gutes Konterfei von Miss July (die etwas servierte) zu erkennen, ein gar nicht so schlechtes Ebenbild des neuen Massas und eine weiße Frau, die auf einem Stuhl saß und die Missus hätte sein können – aber nein, sie war zu schmächtig.
    Nachdem er den Mann eine Zeit lang beobachtet hatte, kam Dublin Hilton der Gedanke, dies müsse wohl der Künstler sein, von dem er schon so viel gehört hatte.Auf einen Stock gestützt, verweilte Dublin noch ein wenig und sah zu, wie der Künstler im Hintergrund des Bildes den Ausblick über die Ländereien von Amity malte.Was für ein seltsames Bild, sollte Dublin später aller Welt erzählen. Denn der Künstler blickte den Hügel hinab auf die verwahrlosten Strohdächer der Häuser im Negerdorf.
    Inzwischen stand Dublin Hilton nur noch ein, zwei Meter von dem Künstler entfernt, doch wo Dublin deutlich das Gewirr des Negerdorfes sah, malte der Weiße, der stirnrunzelnd in die Aussicht vor ihm versenkt war, einen Busch nach dem anderen.
    Kurz darauf sprach Dublin den Mann an und fragte: »’tschuldigung, Massa, aber dort, die Negerhütten, seht Ihr die denn gar nicht?«

    »Nur allzu genau. Jetzt scher dich fort, Nigger«, erhielt Dublin Hilton zur Antwort.
    Da Dublin aber kein Sklave mehr war (und auch kein Mann, der die Schöpfkelle eintauchen musste, um nachzuprüfen, ob der Sud granulierte), beschloss er, dass er – ein freier Mann – den Weißen nach allem befragen konnte, was ihm in den Sinn kam. Also stellte er die Frage abermals. Daraufhin sagte der Künstler dem alten Sudmeister mit einem schweren Seufzer, dass er von dieser Position aus zwar die Aussicht auf die Ländereien bewundere, aber nicht vorhabe, auch die widerwärtigen Negerhütten mit einzubeziehen.
    »Aber die waren schon vor Euch da«, sagte Dublin Hilton zu ihm. Daraufhin bellte der Künstler ihn an, bei der Wiedergabe eines tropischen Idylls wünsche niemand armselige Neger vorzufinden. Dann drohte er Dublin, ihm seinen Hund auf den Hals zu hetzen, wenn er ihn nicht in Ruhe lasse.
    »Aber Ihr malt ’ne Unwahrheit«, sagte Dublin Hilton.
    Da stampfte der Künstler mit dem Fuß auf und schrie den Alten an: »Was geht das dich an? Scher dich fort, Nigger! Fort mit dir!«
    Dublin Hilton zufolge begann der Ärger mit dem neuen Massa Robert Goodwin kurz nach der Begegnung mit dem Künstler. Peggy Jump jedoch widersprach ihm. Sie erinnerte sich daran, dass Massa Goodwin bereits ins Dorf geritten war und Ezra an den Haaren aus seinem Haus geschleift hatte, ehe sie die Geschichte mit dem Künstler gehört hatte. Aber Cornet, Peggys Mann, stimmte mit Dublin überein. Er konnte sich noch gut an jenen Tag erinnern. An den Tag, als der Massa, von teuflischem Zorn gepackt, Ezra schüttelte wie ein Hund eine Ratte, weil er weder arbeitete noch seine Miete zahlte. Wie sollte Cornet es auch je vergessen, denn er hatte einen Stock gegen den Massa erhoben und ihn angebrüllt, Ezra loszulassen, oder er werde ihn damit verprügeln. Und obgleich der Massa sich bald darauf
beruhigte und Ezra wieder auf die Beine zog, verfolgten die klaren blauen Augen des Weißen, die ihn wutentbrannt anfunkelten, Cornet noch im Schlaf.
    Cornet dagegen erinnerte sich,

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