Das lange Lied eines Lebens
während Robert Goodwins frischgebackene Braut hingestreckt auf ihrem Bett gelegen hatte – die Bänder am Ausschnitt ihres Nachtgewands waren gelöst, das Kleidungsstück selbst so weit herabgestreift, dass sich die üppigen Hügel ihrer geschmückten und parfümierten Brüste zeigten, sie selbst wartete ungeduldig darauf, dass ihr nagelneuer Ehemann seine Angelegenheiten im Negerdorf abschloss –, hielt er sich in einem Kellerraum unter dem Haus auf und riss unserer July fieberhaft die Kleider vom Leib.
Im schwachen Licht einer Talgkerze wendete er July hin und her wie ein lange erwartetes Geburtstagsgeschenk, das endlich ausgewickelt ist. Und als wolle er sich versichern, dass tatsächlich jeder Zoll an ihr so entzückend war, wie das geistige Auge des Besessenen es sich ausgemalt hatte, untersuchte er sie gründlich. Er legte sie hin und streichelte ihren ganzen Körper. Und wo seine Hände hinwanderten, folgten ihnen bald Zunge und Lippen. Als er in sie eindrang, ging sein Atem so schnell, und er schrie so laut auf, dass July ihm die Hand auf den Mund legte, um den Schrei zu ersticken und das Zeugnis dieser obszönen Intimität nicht durch die Dielenbretter bis an die Ohren ihrer Missus dringen zu lassen. Hinterher zog er July eng an sich – ihren Rücken an seine Brust. Er habe »diese Frau« geheiratet, erklärte er July in der Dunkelheit sanft, damit er so wie jetzt bei
ihr liegen könne – genau so. Und dann flüsterte er July immer wieder zu, dass er sie liebe, oh, wie sehr er sie liebe.
Als Robert Goodwin schließlich im Schlafgemach seiner frischgebackenen Braut ankam, war er erschöpft. Er versprach Caroline, dass ihre Vereinigung bald vollzogen werde, jetzt aber möge sie ihn in Ruhe lassen, denn er sei sehr müde, da die Neger ihn ganz ausgelaugt hätten mit ihren Forderungen … und, ach bitte, würde sie aufhören, davon zu reden … und natürlich liebe er sie, aber würde sie wohl mit dem unentwegten Gejammer aufhören, denn das bereite ihm Kopfweh … und ja doch, natürlich begehre er sie, aber habe sie nicht gehört, was er gesagt habe? … Bald, versprach er, bald. Dann schlief er ein, friedlich wie ein gestilltes Baby, das sein Bäuerchen gemacht hat.
Wessen Vorschlag es war, dass der Hintergrund des Porträts – Mr und Mrs Goodwin – die offene Landschaft der Plantage sein sollte und nicht der Salon auf Amity, darüber lässt sich streiten. Der Künstler – der mehrere Monate benötigte, um das Anwesen sorgsam in ein tropisches Idyll umzuwandeln – nahm ihn für sich in Anspruch. Robert Goodwin jedoch behauptete, einen ähnlichen Hintergrund auf einem Gemälde gesehen zu haben, das englische Adelige darstellte, und gab deshalb die Idee als seine eigene aus. Doch wer immer der Vater des Gedankens war, auf dem Bild steht Robert Goodwin vor dem Stamm eines, wie es scheint, recht kümmerlichen Affenbrotbaums. Nun, da er kein niedriger Aufseher mehr ist, sieht er aus wie der Gebieter über das wunderschöne Panorama, das der Künstler geschaffen hat. Sein Kinn ist vorgereckt. Und warum auch nicht?
Acht Briefe hatte Robert Goodwin von seinem Vater erhalten, der ihn mit zunehmender Leidenschaft gedrängt hatte, bald ans Heiraten zu denken. Sein Vater schrieb von seinem fortgeschrittenen Alter – er sei kein Junge mehr; von seinen Lebensumständen, die mit einer Ehefrau, die seine Lasten mit ihm teile, sehr viel leichter zu ertragen seien; von den Anfechtungen, die sich
in einer Ehe müheloser bewältigen ließen; und von Lucinda Partridge, einem jungen Mädchen aus dem Dorf seines Vaters in England, das immer voller Zuneigung von Robert spreche und den Ehrgeiz habe zu reisen.
Robert hatte sich gewünscht, diesem, wie es schien, ganz gewöhnlichen Wunsch seines Vaters nachzukommen. Aber er liebte ein Negermädchen. Er liebte July. Und eine Negerin zu heiraten … eine Negerin zu heiraten! Oh, wer könnte einen so unschicklichen Vorschlag billigen? Gewiss nicht sein Vater. Den Negern Freundlichkeit zu bringen, sich um das Seelenheil der Neger zu kümmern, mit den Negern Mitleid zu haben: Das war seinem Vater ein Herzenswunsch. Aber dass sein Sohn eine Negerin heiratete – das würde ihn ins Grab bringen.
Doch in dem nächsten Brief, den er erhielt, hatte sein Vater geschrieben: »Denke daran, Robert, dass ein verheirateter Mann tun und lassen kann, was ihm gefällt.« Obwohl Robert es niemals gewagt hätte, seinem Vater gegenüber auch nur anzudeuten, wie verstörend stark er sich zu
Weitere Kostenlose Bücher