Das Leben dahinter (German Edition)
weinen.
---
Auf allen vieren kam Miles Finley zu Clara gekrochen. Er hatte reisausgenommen, wie sie es ihm vor dem ersten Schuss entgegen gebrüllt hatte. Aber jetzt konnte er keine Schüsse mehr hören. Er hoffte, dass Käpt‘n Jason irgendwie gestoppt und Clara nicht allzu schlimm verletzt worden war. Sie lag mitten auf dem nächsten Gang. Er konnte von seiner Position aus nur ihre Hände auf dem Boden liegen sehen, ihr restlicher Körper lag hinter der Abzweigung verborgen. Sie rührte sich nicht. Vielleicht hatte sie ja das Bewusstsein verloren.
Blitzschnell blickte Miles um die Ecke und zog sofort den Kopf wieder zurück, um die Lage zu sondieren und sie danach aus dem Gedächtnis zu rekonstruieren. Jason stand nicht mehr da, das hätte er gesehen, aber einen kleinen Mann hatte er erkannt. War es Cheung?
„Alles in Ordnung bei euch?“, rief Miles.
„Nicht wirk lich, aber du kannst rauskommen!“ Der Mann klang auch wie Cheung.
Was tu t der denn hier?
Miles erhob sich und bog um die Ecke.
„Ach du scheiße“, entfuhr es ihm, als er zuerst Lesile Cheung, dann den Käpt’n auf dem Boden, dann einen zusammengebrochenen Mikael Johannson und Lisa Stein in seinen Armen erblickte. Und dann fiel sein Blick auf…
Oh nein!
Clara hatte ein riesiges Loch in ihrem Hinterkopf. Ekelhaft stinkender Todesrauch stieg davon auf.
„Clara?“, fragte Miles paralysiert. „Clara?!“
Seine Beine wurden weich, sein Blick trübe, seine L uftröhre schnürte sich zusammen und … nein … das war nicht seine Luftröhre! Er drehte sich auf dem Absatz um und übergab sich auf den blauen Teppich. Schmerzhaft zuckte sein Magen dabei zusammen.
Sie kann nicht tot sein! Das darf einfach nicht sein!
Alles war egal geworden und Miles ließ sich in diese schleimige, warme Brühe fallen, die eben aus seinen Eingeweiden gedrungen war. Er war nicht mehr fähig, zu stehen und sank mit den Händen in den faulig feuchten Teppich. Der saure Gestank, der ihn umgab, war nicht mehr präsent, wurde schlichtweg von seinen Gedanken überlagert.
„Ich hätte sie noch retten können“, murmelte er gegen die Wand, in deren Richtung er nun saß. „Wäre ich kein Feigling, hätte ich sie gerettet!“
Dann spürte er eine Hand auf seiner Schulter. Er blickte auf und versuchte dabei, Claras Leichnam nicht anzusehen. Sein Blick wurde von einem Tränenfilm verwässert, doch er konnte Cheung trotzdem über sich erkennen, der ihm seinen Arm anbot. Die Anteilnahme, die Miles in seinem Gesicht zu erkennen glaubte, war bei dem Asiaten mehr als ungewohnt. Sein Gesicht war kaum wiederzuerkennen.
Miles ergriff dankbar seinen Arm, zog sich wieder auf die Beine und war sofort wieder größer als Cheung. Sein Blick durchschweifte einmal mehr den Raum, trotz der Angst, Clara zu sehen. Doch er konnte erleichtert feststellen, dass Cheung inzwischen barmherzig seine schwarze Jacke über Clara ausgebreitet hatte. Mikael Johannson hing noch immer über Stein mitten im Raum und rührte sich nicht.
„Was“, schluckte Miles und wischte sich den Mund ab. „Was ist passiert?“
„ Erzähl ich dir unterwegs. Und jetzt komm!“
„Wohin?“
Cheung wies auf Johannson und Stein.
„ Wir müssen einen Arzt finden, Miles! Der Penner hat sie auch erwischt. Wenn wir keine Möglichkeit finden, die verdammten Türen aufzukriegen, wird sie auch sterben!“
Es waren zu viele Worte auf einmal. Miles konnte zuerst nicht verstehen, was er von ihm wollte. Es dauerte einige Sekunden, bis er begriff, was zu tun war.
Er sollte also einen Weg finden, die Türen zu öffnen ? Unmöglich! Wäre er wie seine Tochter, würde er es vielleicht schaffen, aber was konnte er schon tun?
Nein , dachte er entschlossen. Ich hab eben schon Clara getötet… Wieder stieg der Drang in ihm auf, sich zu übergeben, doch diesmal gab er ihm nicht nach. …aber mich soll der Teufel holen, wenn mir das nochmal passiert!
Seine Gedanken waren plötzlich so klar wie noch nie.
„Wo ist das Quartier des Käpt‘n?“
Reinigung
„Was hast du eigentlich hier zu suchen gehabt?“, fragte Miles beiläufig und setzte sich vor das Terminal des Käpt’n. Seinem Magen ging es inzwischen wieder wesentlich besser, seine Aufgabe vor Augen, konnte er Claras Tod nun verdrängen.
Schicker Ledersessel , dachte er nur und fuhr mit der Hand über das Terminal. Die holographische Eingangsseite erschien. Gut, er hat es zumindest nicht abgeschaltet.
Miles meldete sich mit seinem Account an.
„
Weitere Kostenlose Bücher