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Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)

Titel: Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Günter de Bruyn
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Haare so viele Feinde haben wie die roten, und da die nämlichen Feinde zugleich es von der Person sind, worauf sie wachsen; da ferner so eine Tracht in keiner Rücksicht christlich ist, weil sonst Personen, die Christen sind, sie haben würden; und da besonders dem Endes Unterschriebenen seine Haare so viel geschadet wie dem Absalon die seinigen, wiewohl aus umgekehrten Gründen; und da ihm unter der Hand berichtet worden, dass man ihn ins Grab zu bringen suchte, weil da die Haare unter keiner Schere wüchsen: so macht er bekannt, dass er freiwillig so lange nicht passen will. Es wird daher einem gnädigen hochedelgeborenen Publikum gemeldet, dass Endes Unterzeichneter gesonnen ist, am nächsten Sonntage in verschiedenen wichtigen Gassen mit einem kurzen falschen Zopfe zu erscheinen und mit diesem Zopfe gleichsam wie mit einem Magneten und Seile der Liebe und Zauberstabe sich in den Besitz der Liebe eines jeden, er heiße wie er wolle, gewaltsam zu setzen.«
    Wie seine Satiren beweisen, war diese Anpassung im Äußeren nicht Ausdruck einer inneren, sondern einer gewachsenen Selbstsicherheit. Sein Werk, das bereits etwa tausend Seiten füllte, bewies ihm sein Können, und da es von seinen Freunden anerkannt wurde, ertrug er auch die Missachtung der Öffentlichkeit. Die Zensur, die den Satiriker noch mehrfach beschäftigen sollte, hätte dieser Erfolglosigkeit durch Verbote abhelfen können, aber auch sie nahm von den Satiren keine Notiz. Vielleicht hing diese Nichtbeachtung damit zusammen, dass die Satiren, die auf Politisches zielten, keine Namen, Daten und Fakten nannten, so dass die Entschlüsselung jeder Anspielung dem Leser überlassen blieb. In scheinbarer Ernsthaftigkeit wird zum Beispiel in den »Teufelspapieren« die häufig angewandte Todesstrafe für Verbrecher damit verteidigt, dass der Staat doch unmöglich alle Missetäter ernähren könne. Es sei deshalb humaner, sie hinzurichten, statt sie qualvoll verhungern zu lassen, was dann auch Grund für den Soldatenhandel der Fürsten gewesen sei. Mancher Fürst, heißt es da, würde seine Untertanen doch auch dadurch vor dem Verhungern bewahren, dass er sie »der ersten besten Macht, die Krieg führt und nicht ohne Geld ist, oder beiden kämpfenden Mächten zugleich vorschiesset und durch das feindliche Schwert den armen Untertan auf immer vor dem Verhungern sichert.«
    Das war auf den letzten Markgrafen von Ansbach-Bayreuth, Karl Alexander, bezogen, dessen leere Kasse durch den Handel mit Soldaten wieder gefüllt worden war. Er hatte mit England, das frische Truppen für den Krieg in Nordamerika gebraucht hatte, im Januar 1777, also im 15. Lebensjahr Fritz Richters, einen Vertrag über die Lieferung von 1 285 Soldaten geschlossen, in dem auch eine Sonderprämie für Verwundete und Tote vorgesehen worden war. Das Aufsehen, das dieser Sklavenhandel im Lande erregt hatte, war noch dadurch verstärkt worden, dass eine Rebellion der Truppe, als diese in Ochsenfurt am Main auf Schiffe geladen wurde, grausam niedergeschlagen worden war.
    Neben den vielen politisch harmlosen Satiren auf Autoren, Rezensenten, Ärzte, Spieler, Damenmoden und Perücken ist da noch manch aufrührerischer Gedanke zu finden, wie der über den Wiesenhobel, den eine Fußnote als Gerät zum Einebnen der Maulwurfshaufen auf Wiesen erklärt. Um das Unglück der Menschheit zu wenden, kann man da lesen, müsste man einen »großen Wiesenhobel« haben, mit dem man die Throne, die die »regierenden Maulwürfe aufgeworfen« haben, alle einebnen kann.
    Von den Fürsten, die Gegenstand der Satire wurden, war Friedrich II. von Preußen ausgenommen, weil ihm, dem aufgeklärten Monarchen, der die Folter abgeschafft und den Soldatenhandel verurteilt hatte, Richters nicht unkritische Hochachtung galt. Im »Siebenkäs«, dessen Handlung 1786, also in Friedrichs Todesjahr abläuft, regt die Nachricht vom Tode des Königs den Erzähler zu Urteilen über ihn an. Der Thron, kann man da lesen, habe Friedrich nicht erhöht, sondern eher erniedrigt, und die Krone habe seinen Kopf nicht geschmückt, sondern eingezwängt. Sein großer Geist sei immer um die Ausdehnung des Reiches der Wahrheit bemüht gewesen, doch habe er die Wahrheiten für sich behalten und nicht wie Franklin, der der Welt »Gewitterableiter, Harmonika und Freiheit« gegeben habe, mit ihnen der Menschheit gedient. Glücklich habe er nie werden können, da er den Glauben an Gott und das Jenseits verloren hatte, und innere Ruhe gefunden habe er

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