Das Leben des Jean Paul Friedrich Richter: Eine Biographie (German Edition)
die Satiren gegen ein dürftiges Honorar in geringer Auflage zu drucken versprach. Da aber die brieflichen Verhandlungen über den Titel der Sammlung sich lange hinzogen, erschien der Band, zu dem sich Richter das Pseudonym J. P. F. Hasus gegeben hatte, erst im Mai 1789 mit vielen Druckfehlern bei Beckmann in Gera unter dem Titel »Auswahl aus des Teufels Papieren« in einer Auflage von 750 Stück. Zuvor schon waren einzelne Satiren in Zeitschriften erschienen, hatten ihren Verfasser aber nicht bekannter gemacht. Der Herausgeber der Dresdner Vierteljahrszeitschrift »Für ältere Literatur und neuere Lektüre«, August Gottlieb Meißner, ließ zwar eine Satire in sein Blatt einrücken, schrieb ihrem Autor aber, dass niemand sie hatte lesen wollen, und nur Johann Wilhelm von Archenholz, der einige Satiren in seiner Zeitschrift »Literatur und Völkerkunde« veröffentlichte, war an weiteren interessiert. Aber auch er, dem die Gesellschaftskritik der Satiren zusagte, war unzufrieden mit ihrer leserunfreundlichen Form. »Wäre dieser Aufwand von Witz und Laune in Romanform gebracht« , schrieb er im Februar 1790 an Richter, »so bin ich gewiss, die Buchhändler würden sich danach reißen. Warum in aller Welt tun Sie das nicht mit Ihren Produkten? Die Kunsthandlung zu fingieren, kann doch einem Manne nicht schwer werden, der die ungleich größere Kunst versteht, witzig und launicht zu sein.«
Archenholz, der den Siebenjährigen Krieg als preußischer Hauptmann mitgemacht und später auch ein bedeutendes Werk über ihn verfasst hatte, war danach lange in England gewesen und hatte 1785 sein dreibändiges Werk »Über England und Italien« veröffentlicht, auf das sich Richter bezog, als er ihm 1789 schrieb: Er, Archenholz, habe die Deutschen »durch das Beispiel eines Volkes, das sich frei bewegt« , aus ihren »monarchischen Ketten und Bandagen« aufgerüttelt und ihr »Freiheitsgefühl (das wie Gewächse unter Steinen unter Thronen kränkelt) durch lebendige Beispiele« gestärkt.
Als 1789 endlich die »Teufelspapiere« erschienen waren und kaum Beachtung fanden, war trotz des engen Zusammenlebens mit Mutter und Brüdern schon ein dritter Band mit Satiren fertig geworden, der »Abrakadabra oder die Baierische Kreutzerkomödie« heißen sollte, aber nie einen Verleger fand. Einzelne dieser Satiren versuchte Jean Paul später durch Einfügung in seine Romane den Lesern doch noch schmackhaft zu machen, was aber wohl nur selten gelang. Abgesehen von Literaturwissenschaftlern, die in dieser Art von Resteverwertung Sinnvolles zu entdecken versuchten, sind wohl die meisten Romanleser über die die Handlung unterbrechenden satirischen Einschübe wenig erfreut.
Zwei harte Jahre lebte Richter mit Mutter und Brüdern zusammen, konnte einige Groschen mit Nachhilfestunden für Kinder der Honoratioren verdienen, lernte den Spott der Hofer zu ertragen, die in ihm nur den närrischen und erfolglosen Studenten sahen, und gab doch die Hoffnung, einmal als freier Schriftsteller leben zu können, nicht auf. Als sich ihm aber durch seinen Freund Oerthel die Aussicht auf ein zwar mäßiges, aber regelmäßiges Einkommen als Hofmeister eröffnete, war er froh, die Stadt verlassen zu können, die er später als Reichsmarktflecken Kuhschnappel im Roman wieder aufleben ließ. Es war der letzte von vielen Freundschaftsdiensten, die ihm Oerthel erwiesen hatte. Krankheitshalber war auch er nicht lange nach Richters Flucht aus Leipzig in die Heimat zurückgekommen, hatte seinen Vater noch von Richters Eignung als Hofmeister überzeugen können, dann hatte ihn im Oktober 1786 der Tod ereilt. Im Januar 1787 wurde Richter auf dem Rittergut Töpen als Hofmeister des jüngeren Bruders seines verstorbenen Freundes von der Familie von Oerthel angestellt.
Mit dem Schicksal, nach dem Studium einige Jahre irgendwo auf dem Lande als Hofmeister dienen zu müssen, mussten sich in diesen Jahrzehnten viele mittellose Studierte abfinden, ehe sich ihnen eine besser besoldete Stellung in Staat oder Kirche bot. Die Universitäten der deutschen Länder und Ländchen, die ihr Entstehen oft nur der Prestigesucht der Fürsten dankten, bildeten mehr Studenten aus als gebraucht wurden, und für viele von ihnen war ein Hofmeisterposten die einzige Erwerbsmöglichkeit. Da die Arbeitssuchenden sich dabei notgedrungen in Anspruchslosigkeit überboten, konnten sich auch wohlhabende Bürger oft solche leisten, bei denen der Hofmeister dann Informator oder Hauslehrer
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