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Das Leben in 38 Tagen

Das Leben in 38 Tagen

Titel: Das Leben in 38 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheidecker
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richtig Todesangst. Gott sei Dank
habe ich es dann doch irgendwie geschafft, aber als ich endlich auf der Straße
stand, fing ich fürchterlich zu zittern an. Mir war plötzlich eiskalt und wie
im Traum bin ich dann bis hierher gelaufen.“
    Und
genauso sah sie auch aus, die Arme! Elke stand noch ganz unter dem Eindruck des
gerade Erlebten und uns beiden war allein vom Zuhören schon etwas schlecht
geworden. Normalerweise wären wir ja auch diesen „Camino duro “
gegangen, den Elke eingeschlagen hatte, nur wegen meinen Füßen hatte ich mich
für den einfachen Weg entschieden. Zum Glück war Elke nichts passiert. Wir
wollten uns lieber nicht vorstellen, was dann gewesen wäre. Sie hätte hilflos
an der Felswand da oben hängen und sich dabei nicht einmal bemerkbar machen
können. Denn sie hatte ja ebenso wenig wie Heidemarie und ich ein Handy dabei.
Zum Schreien wäre sie zu weit weg von der Landstraße gewesen, wobei sie bei dem
Autolärm wahrscheinlich sowieso niemand gehört hätte. Das Gefährliche an diesen
Abenteuern auf dem Pilgerweg ist, dass man ja nirgends registriert ist und es
demzufolge auch niemandem auffallen kann, wenn jemand nicht mehr auftaucht. Es
sei denn, man ist mit einem anderen Pilger verabredet oder man meldet sich
regelmäßig telefonisch irgendwo. Ja, dieses Risiko sind wir Einzelpilger ohne
Handy alle eingegangen, und das wurde uns mit einem Mal richtig bewusst.
    Oh
je, oh je, Elke, das war schon ein aufregendes Abenteuer, das du da erlebt
hast. Das hätte leicht schiefgehen können und niemand hätte dein Verschwinden
bemerkt, da es ja auf dem Weg immer dem Zufall überlassen bleibt, ob man sich
wieder trifft oder nicht! Kein Wunder, dass Elkes Gesicht plötzlich so grau
geworden war!
    Wir
drei blieben für ein paar Minuten ganz ruhig, um diese Geschichte zu verdauen,
und dann waren Heidemarie und ich uns auf einmal ganz schnell einig, doch hier
in dem Hotel zu bleiben. Gern hätten wir Elke auch dazu überredet, aber sie
hatte noch immer nicht ihren starken Willen verloren. Sie wollte unbedingt erst
in der nächsten Herberge übernachten. Nach einer kleinen Stärkung und der
kurzen Pause meinte sie, sich schon wieder so gut erholt zu haben, um noch
etwas weiterlaufen zu können. Die nächste Herberge durfte laut unserer Karte
auch nicht mehr allzu weit sein. Aber ich hatte mir schon ein heißes Bad für
heute ausgemalt und so trennten sich unsere Wege wieder. Leider!
    Heidemarie
und ich nahmen dafür ein schönes Doppelzimmer mit Balkon und einem großen Bad
samt Badewanne in Besitz. Mütterlich, wie Heidemarie nun einmal war, sollte ich
unbedingt zuerst baden und das tat ich dann auch genüsslich. Mein erstes Bad
nach mehr als vier Wochen! Ich spürte, wie unheimlich gut das meinem Körper und
besonders meinen Füßen tat. Eis war echtes Glücksgefühl, genau wie gestern bei
der Massage. Ich lebte regelrecht auf und fragte mich nur, warum Elke sich das
nicht gegönnt hatte. Wahrscheinlich wollte sie nur ein echter Pilger sein und
alle Strapazen durchleben, die dazugehören, und das hatte sie ja auch heute
reichlich getan.
    Nein,
ich für mein Teil hatte genug Strapazen hinter mir. Ich war stolz, es bis
hierher geschafft zu haben, und wollte mich bei meinem Körper für diese
Leistung bedanken, indem ich ihm ein heißes Schaumbad und ein weiches, frisch
bezogenes Bett gönnte...
    Nachdem
auch Heidemarie gebadet hatte und wir ausgiebige Körperpflege samt Haare
waschen, Föhnen und Wäschewaschen betrieben hatten, gingen wir ins
Hotelrestaurant hinunter, um uns auch noch ein leckeres Pilgermenü zu gönnen.
So viel gutes Essen wie am heutigen Tag hatte ich schon lange nicht mehr
genossen. War ich nicht doch ein Glückspilz?
    Der
große Speisesaal wirkte etwas steril. Riesige Fenster, weiße Wände und weiß
gedeckte Vierertische mit minimalem Tischschmuck blickten uns an. Etwas
Auflockerung bot nur ein gleich neben dem Eingang aufgestelltes laufendes
Fernsehgerät, das uns beide eher störte, aber in Spanien sehr oft in
Gaststätten zu beobachten war.
    Anfangs
blieben wir fast die einzigen Gäste, aber später kamen immer mehr einzelne
LKW-Fahrer, die sich kurioserweise jeder an einen eigenen Tisch setzten. Als
ich mich dann im Raum umsah, musste ich mir das Lachen verkneifen. Während
Heidemarie und ich uns gegenübersaßen, hatten die Männer aller Altersgruppen
nur in einer Richtung Platz genommen: mit Blick zum Fernseher! An fast jedem
Vierertisch in dem großen Raum saß nun

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