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Das Leben in 38 Tagen

Das Leben in 38 Tagen

Titel: Das Leben in 38 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheidecker
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Aufbruch am frühen
Morgen und den geleisteten Anstrengungen.
    Außerdem sollte ja Burgos laut Jutta das
Ende aller bösen Geschehnisse auf dem Camino bedeuten. Also hatte ich nun das
Schlimmste hinter mir und mein Mann brauchte sich keine Sorgen mehr zu machen.
Mein Gesicht sah ja auch schon wesentlich besser aus. Gut, dass er mich nicht
nach dem Sturz gesehen hatte! Aber nun war es ja vorbei und ich konnte die
anderen humpelnden und verletzten Pilger, die sich hier zu treffen schienen,
bemitleiden.
    Heute nahm ich mir die Zeit, die Kunst der
Kathedrale und einen Teil der Stadt mit ihren vielen mittelalterlichen Plätzen,
Häusern und Denkmälern zu genießen! Den berühmtesten Sohn von Burgos, den
Ritter El Cid, der ja auch Held einiger
Literaturverfilmungen war und im elften Jahrhundert zeitweise für die Christen
und zeitweise für die Muslime kämpfte, konnte man zum Beispiel als
beeindruckendes Denkmal auf einem Platz bewundern. Ich hatte gelesen, dass
interessanterweise gerade dieser spanische Nationalheld einen arabischen Namen
trug. Cid kommt von Said und bedeutet Held. Dies stellt ein typisches Beispiel
für den ständigen Wechsel zwischen der arabischen und der christlichen
Herrschaft in der spanischen Geschichte dar, auf deren Spuren man auf dem Jakobsweg
immer wieder stößt. Viele Kirchen und Bauwerke tragen Zeichen arabischer und
christlicher Kultur, oftmals in interessanter Harmonie.
    Als ich aus der Kirche trat, traf ich
zwischen einigen Pilgergruppen auch ein paar bekannte Gesichter wieder. Auf den
Bänken mit Blick auf die Kathedrale sah ich plötzlich das hübsche junge Pärchen
aus Deutschland sitzen, das ich kurz nach meinem Sturz das letzte Mal gesehen
hatte. Wir begrüßten uns erfreut und die beiden erzählten, dass sie nun doch
ein Stück mit dem Bus weiterfahren wollten, weil die schwarzhaarige Nicole zu
große Probleme mit ihren Füßen hatte. Sie schien etwas traurig deswegen zu
sein, aber sie war bestimmt nicht die Einzige. Hätte ich meine Füße nicht jeden
Tag abgeklebt, wäre ich wahrscheinlich auch nicht weiter gekommen. Besonders
hier in Burgos traf man einige humpelnde Pilger, die zunächst ein paar Tage
Pause machen wollten, wozu die schöne historische Stadt allerdings auch
besonders einlud.
    In dieser Nacht schlief ich einmalig gut
und holte allen verloren gegangenen Schlaf der letzten unruhigen Nächte nach.
Nachdem ich schon um 21.00 Uhr im Bett gelegen hatte, erwachte ich am nächsten
Tag erst um 8.00 Uhr. In aller Ruhe packte ich meine Sachen und genoss
ausgiebig das Frühstück im Hotel mit frischen Brötchen, Wurst, Käse, Kaffee und
Orangensaft. Dieser Hotelluxus sollte jetzt wieder bis zur nächsten größeren
Stadt reichen, denn ich wollte auch nicht unnötig Geld ausgeben. Ich wollte
kein Luxuspilger, sondern ein ganz normaler Pilger sein.
    Mit neu aufgeladenen Körper- und Seelenakkus und voller Vorfreude auf den kommenden Tag
verließ ich nun die schöne Altstadt, in deren angenehmen Fußgängerzonen,
gemütlichen Cafés und interessanten Sehenswürdigkeiten ich mich trotz des
Touristenstromes richtig wohl gefühlt hatte. Es regnete leicht und die gelben
Pfeile führten mich hinaus aufs freie Feld, wo der Weizen schon etwas höher
stand und der Wind das grüne Getreidemeer in tanzende Wellen verwandelte.
Kleine Pappel- und Birkenwäldchen unterbrachen nun die etwas eintönige ebene
Landschaft.
    Gerade als ich mich über die Bäume freute,
lagen auf einmal frisch gefällte Stämme mitten auf dem Jakobsweg. Wo es hier
sowieso schon auffallend wenige Bäume gab, wurden sie auch noch gefallt! Das
konnte ich nicht verstehen. Sie schienen mir auch noch nicht so alt zu sein,
dass sie eine Gefahr hätten darstellen können. Wenn wenigstens neue Bäume dafür
gepflanzt werden würden, so wie es in Deutschland größtenteils üblich ist, aber
davon scheint man hier weit entfernt zu sein. Während des gesamten Weges habe
ich kaum gesehen, dass neue Bäume gepflanzt wurden...
    Trotzdem machte es mir richtig Spaß, wieder
einmal allein zu laufen. So konnte ich vor mich hin singen und auch mit mir
selbst sprechen. Immer wieder sah ich Störche auf den Wiesen, seltene bunte
Vögel auf Steinen und Sträuchern und hörte Frösche quaken. Besonders, als der
Jakobsweg wieder ein Stück am Fluss Arlanzón entlangführte, der sich vor einer
Brücke verbreiterte und kleine Inseln in der Mitte bildete, hatte ich das Gefühl,
mich in einem Vogelparadies zu befinden. Hier gab es auch noch

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