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Das Leben in 38 Tagen

Das Leben in 38 Tagen

Titel: Das Leben in 38 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheidecker
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was einen etwa
2,5 Kilometer langen Umweg bedeutet hätte, aber durch die schlechte
Beschilderung verpassten wir leider den Abzweig und zurück wollte keiner von
uns gehen. Immer nur vorwärts, ultreja !
    Nach stundenlangem Marsch durch die grauen,
unwirtlichen Industriegebiete und Vorstädte von Burgos gelangten wir endlich
über eine Brücke direkt an den Fluss Arlanzón. Von dort führte ein angenehmer
Fußweg immer am Ufer entlang durch eine schöne alte Parkanlage und plötzlich
waren wir mitten in der Altstadt gelandet. Achim und die anderen freuten sich
auf die spanische Spezialität, die Tapas, das waren kleine, leckere Weißbrote
mit verschiedenen Belägen von Rührei über Lachs und Käse bis hin zu Salami und
Schinken, mit Obst, Gemüse oder Kaviar verziert. In einer kleinen Bar wurden
wir fündig und nun saß wieder einmal nur ich bei Tee und Zwieback und sah zu,
wie es den anderen schmeckte. Hätte ich mich mal lieber bei dem gestrigen
öligen Essen zurückgehalten, aber da Leo so schön erzählt und mich gleichzeitig
immer wieder zum Essen ermuntert hatte!
    Wir genossen die ruhige vormittägliche
Atmosphäre in dem kleinen, gemütlichen Café und stellten dabei Überlegungen
über den weiteren Tagesablauf und die kommenden Tage an. Burgos sollte laut
unseren Reiseführern die Stadt mit den meisten erstklassigen Sehenswürdigkeiten
auf dem Jakobsweg darstellen. Sie bildete im elften Jahrhundert die erste
Hauptstadt des neu gegründeten Königreiches Kastilien und blieb auch später
dessen wichtigste Residenz. Obwohl wir schon alle gespannt auf die Stadt und
besonders auf ihre berühmte Kathedrale waren, wollten Edith und Irene nicht in
Burgos bleiben, sondern noch einen Ort weiter laufen, um den Massenherbergen zu
entgehen.
    Simone und ich hatten vor, uns nach den
Anstrengungen der letzten Tage ein gutes Hotel zu leisten, und Achim wollte
erst mal sehen. Ich dachte, dass es mal wieder schön wäre, allein zu laufen,
und freute mich schon auf mein Einzelzimmer und vielleicht ein heißes Bad.
Nachdem wir noch zusammen Geld abgehoben und Proviant gekauft hatten,
verabschiedeten wir uns und gingen vorerst jeder seine eigenen Wege.

15. Burgos, Tardajos und Hornillos del Camino
     
    Ich fand ein gutes Drei-Sterne-Hotel in der
Nähe der Kathedrale, während sich Susanne unweit davon in einem
Vier-Sterne-Hotel einquartierte. Was für einen Luxus stellte doch mein
einfaches Hotel nach vierzehn Herbergsübernachtungen dar! Fin eigenes
Badezimmer mit Waschbecken und Badewanne, ein richtiges, frisch bezogenes Bett,
saubere Handtücher, und das alles nur für mich allein! Herrlich! Sogar einen
kleinen Balkon hatte mein Zimmer in dem alten Bürgerhaus. Hier konnte ich meine
Wäsche aufhängen und das Treiben in der Fußgängerzone beobachten. Als ich dann
schließlich auch noch mit meinem Mann telefonieren und wir nach einer Woche
Pause einmal in Ruhe reden konnten, fühlte ich mich wieder richtig glücklich.
Es tat so gut, ihm endlich von meinem Sturz und den anderen Erlebnissen
erzählen zu können und seine liebe, fürsorgliche Stimme zu hören. Er war so
stolz auf mich und sollte mich von vielen Leuten und besonders von meiner
Schwester grüßen.
    Auch E-Mails hatten die beiden mir schon
geschickt, und so freute ich mich nun darauf, die Nachrichten zu lesen, wenn
ich denn irgendwo einen Internet-Anschluss gefunden hatte.
    Trotz des Durchfalls in der Nacht und der
kaputten Toilettentür war es doch auch heute wieder ein schöner Tag geworden!
Allein die Stadt Burgos war schon einen Ausflug wert. Besonders die
wunderschöne, gotische Kathedrale, die zwischen dem dreizehnten und dem
fünfzehnten Jahrhundert unter anderem von deutschen Bauherren gebaut wurde und
viel Ähnlichkeit mit dem Kölner Dom aufweist, fand ich sehr beeindruckend. Ihre
beiden größten Türme ragen über achtzig Meter in den Himmel und das gesamte
Bauwerk besticht durch unzählige, facettenreiche Einzelheiten. Für die vielen
schönen Kapellen im Inneren der Kirche, die interessanten Grabmäler in den
Seitenschiffen sowie den Kreuzgang lohnte es sich ebenfalls, ein bisschen Zeit
aufzubringen. Ehrfürchtig und staunend genoss ich den Rundgang, blieb mal hier,
mal dort stehen. Dabei bemerkte ich, dass es mir immer wieder besonders
erholsam erschien, gerade nach einem langen Marsch in einem Kirchenraum mit
seiner andächtigen Stimmung zu stehen und auszuruhen. Irgendwie empfand ich es
wie ein Ankommen oder wie eine Vollendung des Tages nach dem

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