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Das Leben in 38 Tagen

Das Leben in 38 Tagen

Titel: Das Leben in 38 Tagen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cornelia Scheidecker
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einige alte
Bäume. Nur das Rauschen des Flusses und das Vogelgezwitscher waren in dem
leichten Regen zu hören. Zwei Angler saßen in Regenkleidung am grünen Ufer und
ich genoss diese heimische Atmosphäre mit dem stetigen Wellenspiel und den
beruhigenden Naturgeräuschen. Als es jedoch immer stärker regnete, war ich
froh, dass ich ein Regencape dabei hatte. Ich beschloss, im nächsten Ort Tardajos eine Rast einzulegen. Vielleicht würde ja der
Regen wieder nachlassen.
    In einem einladenden Restaurant auf dem
Dorfplatz traf ich drei irische Krankenschwestern, die mir schon in dem
Schlafsaal von Villafranca begegnet waren. Sie lobten die außerordentlich guten
„Hamburger“, die der Wirt anbot, und luden mich an ihren Tisch ein. Wir
verstanden uns auf Anhieb sehr gut und lachten darüber, dass anscheinend so
viele Krankenschwestern den Camino liefen. Von den dreien waren zwei
Geschwister, wovon die eine in den USA lebte. Die beiden hatten das typisch blasse
irische Gesicht mit lustigen Sommersprossen, blaugrünen Augen und rotblonden
Locken. Ihre Freundin war etwas blonder und größer, hätte aber auch gut als
ihre Schwester gelten können. Auch diese drei sprachen nur Englisch und freuten sich, dass ich sie verstand. Und ich natürlich auch!
    Sie waren etwa zehn Jahre jünger als ich
und wollten nur vierzehn Tage laufen. In Pamplona hatten sie ihren Weg begonnen
und waren glücklich, das zusammen erleben zu können. Als ich sagte, dass ich
lieber allein laufen würde, und das bis Santiago, staunten sie. „I want to walk alone because I want to
think about of me and my problems. I have a lot of time, because I have no work at the moment .”
- Ich möchte allein laufen, um besser über mich und meine Probleme nachdenken zu
können. Ich habe eine Menge Zeit, weil ich im Moment arbeitslos bin. -„Okay, you have to know it , what is better for you .“ - Du musst
wissen, was am besten für dich ist, - antworteten sie.
    „Nice to meet you, see you later in Hornillos del Camino? ”, fragte ich .
    „ Maybe , buen
camino, see you !”, sagten
die drei freundlichen Iren, während sie ihre Rucksäcke wieder aufnahmen und
ihre Regenkleidung darüberzogen . Zuvor hatte sich
noch jede einen Hamburger einpacken lassen, was ich ihnen später nachtat. Er war hier wirklich besonders lecker und wer
weiß, ob man heute noch etwas zu essen bekam! Ich blieb noch eine Weile sitzen
und las in meinem Reiseführer nach, wie weit es bis Hornillos del Camino war.
Bis jetzt war ich elf Kilometer gelaufen und bis dorthin musste ich noch einmal
so lange gehen. Das musste ich einfach schaffen, denn der nächste Ort war nur
2,5 Kilometer entfernt und das war doch nun wirklich zu wenig für eine
Tagestour.
    Als ich gerade meine Sachen zusammenpackte,
betrat ein großer und kräftiger, gemütlich wirkender Pilger mit großem
Cowboyhut das Lokal. Er setzte sich an einen Tisch, und als ich meinen
Regenumhang nicht allein über den Rucksack bekam, ging ich einfach zu ihm hin
und bat ihn, mir zu helfen. Während er sofort aufstand und mir lächelnd das
Cape über den Rucksack zog, schaute er mich mit freundlichen blauen Augen, die
mich an Leo erinnerten, prüfend an. Dann stellte er mit einer angenehmen
dunklen Stimme in einem rollenden Englisch die unvermeidliche Frage nach meinem
regenbogenfarbenen Gesicht: „Oh, what has happened to your face ?“
    „I fell down one week ago! It’s much better now . Have a good time, see you !”, antwortete
ich fröhlich, ohne zu ahnen, wie oft wir beide uns wirklich noch sehen
sollten...
    Der Regen hatte tatsächlich etwas nachgelassen,
meine dünne Hose war sogar trocken geworden in dem Restaurant und so ging ich
frohen Mutes durch das gepflegte alte Dorf Tardajos wieder hinaus auf die Piste. Die Pilgerherberge in diesem Ort, an der ich
vorbeilief, wurde in meinem Pilgerführer sehr gelobt und die Wirtin als eine
der rührigsten des Camino bezeichnet. Aber ich konnte nicht überall
übernachten, wo es schön sein sollte. Ich musste mich hauptsächlich nach meinen
Füßen und nach meinem Plan richten. Aber die Füße gaben größtenteils den Takt
an, selbst wenn ich Schultern, Herz und Verstand auch manchmal entscheiden
ließ. So hatte ich schon mit mir allein zu tun...
    Mit den Stimmen meiner verschiedenen
Körperteile und mit jemand, von dem man nicht genau wusste, wo er seinen Platz
hatte. Dieser Jemand hieß „Innerer Schweinehund“, kurz ISH genannt. Vor dem
hatte mich schon mein Vater gewarnt,

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