Das Leben ist eine Oeko-Baustelle
vorbeigehen. Zum Beispiel, ob die Glühbirne nicht schöneres Licht gibt als die Energiesparleuchte.Aus meiner Sicht geht es vielmehr um ein grundsätzliches Nachdenken, ob wir so weiterleben wollen, wie wir es derzeit tun. Oder nicht doch lieber in bestimmten und auch in entscheidenden Bereichen anders leben wollen und auch können. Wie der Wissenschaftler Anders Levermann sagt: Wenn ein Hurrikan New Orleans zerstört, steigt das Wirtschaftswachstum. Also ist es gut, wenn New Orleans überschwemmt wird? Das kann es ja wohl nicht sein.
Levermann ist auch der Auffassung, dass es eine Grenze der Anpassung für Industriestaaten gibt. Wo und bei welcher Erwärmungsgradzahl sie genau liegt, kann man nicht vorhersagen. Wenn sie überschritten ist, potenzieren sich die negativen Auswirkungen so, dass man nicht mehr mit ihnen klarkommt.
Überschwemmte Städte können nicht mehr aufgebaut werden, weil öffentliche Haushalte oder Rückversicherungen pleite sind oder das Wirtschafts-, Finanz-, Rechts- oder politische System kollabiert, je nach Region und Situation.
Selbstverständlich muss man mit Katastrophenszenarien vor sichtig sein. Sie wurden zu allen Zeiten von Apokalyptikern der Politik genutzt, um Menschen Angst zu machen. Das gilt auch für Religionen und ihre postmortalen Versprechen auf Fegefeuer und Höllen. Dennoch ist es wichtig, sich neben dem sogenannten Best Case auch den Worst Case, also das schlimmstmögliche Szenario zu vergegenwärtigen, um entsprechende Maßnahmen ergreifen zu können.
Im Prinzip ist die Antwort zwar nicht einfach, aber klar:
Wir müssen lernen, auf dem Planeten zu leben und nicht über den Planeten hinaus.
Wir werden nicht alle plötzlich zu Ökos. Müssen wir auch nicht. Wir integrieren das Thema in unser Leben. Es ist kein 24-Stunden-Job, aber auch kein Hobby, es ist eines von wenigen zentralen Themen, die ganz oben auf der Tafel stehen. Andere Themen sind auch wichtig, aber fast alle lassen sich als Unterproblem dieses zentralen Themas einordnen.
Was wir denken, ist wichtig. 2009 ist eine Partei, die FDP, komplett ohne Profil beim Thema Klimawandel in die Regierung gekommen. Es sollte das letzte Mal gewesen sein, dass so etwas möglich war. Wenn ich für eine Allianz von der Fulltime-Familienarbeiterin bis zu den Künstlern plädiere, so heißt das nicht, dass klassische Umweltaktivisten obsolet wären. Im Gegenteil: Wir brauchen die NGOs, um wirklich schlagkräftig sein zu können. Umwälzungen werden im Internet vorbereitet und möglich, aber faktisch benötigen sie den öffentlichen Raum, um sie vollziehen zu können, also die Innenstädte, die Marktplätze, leider auch die Nähe zu Wasserwerfern. Andererseits können die anstehenden Veränderungen nicht durch Spezial- oder Wochenendaktivisten herbeigerufen werden. Dafür ist eine breite und tiefe Unterstützung in der Gesellschaft nötig, damit eine sichtbare Bewegung entsteht. Bewegung auch im Wortsinn. Bewegung ist die Voraussetzung für ein gesundes Leben des Individuums, und Bewegung brauchen wir in einem Kollektiv, das gezielt agiert und damit gesellschaftlichen Wandel fordert und voranbringt. Diese Bewegung beginnt in den Köpfen und Seelen; sie braucht dann Strukturen, um wirksam werden zu können. Sie entsteht aus überarbeiteten Werten und einem veränderten Lebensstil zur Verbesserung globaler und individueller Lebensqualität. Sie ist damit keine Umweltbewegung im klassischen Sinne, und es geht ihr nicht nur um Klimaschutz. Eine erfolgreiche Klimabewegung mit einem vollzogenen kulturellen Wandel, nachhaltig orientierter Wirtschaft und Entwicklung wird alle Bereiche der Gesellschaft verändern. Deshalb geht es um alles.
Der neue Öko-Prototyp
Wenn ich mir die Menschen ansehe, mit denen ich für dieses Buch gesprochen habe, so sind eine ganze Reihe wie ich zwischen 30 und 40. Mein Gefühl ist, dass jeder etwas Besonderes einbringt, aber dass uns etwas Grundsätzliches eint: das Wissen, dass wir jetzt handeln müssen und dass es tatsächlich unsere Aufgabe ist und nicht die unserer Kinder oder von irgendjemand anderem.
Das Besondere, das jeder hat, ist das je eigene Konzept für ein sinnvolles Sicheinbringen. Keiner meiner Gesprächspartner ent spricht dem alten Bild von einem Öko.
Jonathan Safran Foer ist in der Frage der Aktion der Zurückhaltendste. Er sagt, sein Beitrag sei sein Buch Tiere essen . Doch mit seinem Konzept hat er einen Weg gezeigt: die Auflösung der Konfrontation zwischen Vegetariern hier und
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