Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot
wichtiger als pleite zu gehen?«
Die Amerikanerin Marilyn Wann, die Autorin des amerikanischen Bestsellers »Fat!So?« mit dem Untertitel: »Weil Sie sich nie wieder für Ihre Kleidergröße entschuldigen müssen«, hat ein umwerfendes Wort für das Phänomen der Unterschiedlichkeit von Menschen geprägt: »Anatomie ist Schicksal. Manche Menschen sind Linkshänder. Manche Menschen sind dick. We come in different sizes!« Ja, wir kommen in verschiedenen Größen auf die Welt.
We come in different sizes.
Ein bisschen Genetik und Ahnenforschung gefällig? Schauen Sie mich an: Ich bin das kleinste von vier Kindern. Also nicht nur die Jüngste, sondern auch wesentlich kleiner als meine drei großen Brüder. Sie waren alle über 1,80. Bei mir hat es nur zu 1,63 gereicht. Und das trotz Schuhgröße 41. Warum? Ich bin ein Sondermodell. (Ein Freund hat mir mal liebevoll gesagt: »Du bist gar nicht zu dick, du bist nur zu kurz!« - Grrr!)
Bei mir haben sich offensichtlich eine kleine dicke Oma (Clara väterlicherseits) und ein kleiner dicker Opa (Rudi mütterlicherseits) durchgesetzt. Es gibt Fotos von meinen Vorfahren, da stehen kleine Damen in weiten Sack-Kleidern und komischen Hüten sehr entspannt im Garten. Und unter einem dieser vergilbten Schwarzweiß-Fotos stand im Fotoalbum meines Vaters »Drei Matronen«.
Ein Großteil meiner Ahninnen war klein und kompakt, »Matronen« nannte man damals erwachsene Frauen mit Speck um die Hüften. Ich liebe dieses Foto von meiner Großmutter Clara, die in den Dreißigerjahren mit anderen Frauen in kompakter Schönheit und lockeren Kleidern bei einem Familienfest zusammensteht. Sie musste sich nicht in die Figur eines achtzehnjährigen Mädchens hungern. Sie musste ihre Pfunde nicht abtrainieren, sie war, wie sie war. Und die Kleider wurden ihr auf den Leib geschneidert - sie musste sich in keine Mode hineinhungern (darüber später mehr).
Ihr Sohn, mein Vater, war zwar ein stattlicher großer Herr, der im besten Mannesalter aber immer öfter etwas gegen den wachsenden Bauchumfang tun musste. Er behauptete, die Pfunde kamen immer, wenn er mit dem Rauchen aufgehört hatte. Mitte der Sechzigerjahre sagte im Schwimmbad eine Bekannte zu meinem Vater: »Na, du hast ja auch ganz schön zugelegt!«. Er ging, ohne ein Wort zu sagen, zum Kiosk, kaufte eine Schachtel Zigaretten und fing nach Jahren der Abstinenz wieder an zu rauchen. (Wie schade. Er starb 1972 mit 51 Jahren an Krebs. Ich war 19. Wie gerne hätte ich einen lebenden Vater mit Bauch gehabt.)
Meine Mutter war in jungen Zeiten 1,72 groß und hat, wie sie mir erst neulich wieder erzählt hat, ihr halbes Leben lang, ach ihr dreiviertel Leben lang Diäten gemacht (bis heute, sie ist jetzt 84). Ihr verdanke ich es, mit 13 Jahren in ihren Diätkreislauf aufgenommen worden zu sein (Sie wissen schon, Sauerkrautdiät...).
Die vier Geschwister meiner Mutter haben ebenfalls Kinder, also meine zahlreichen Cousinen und Cousins. Unter meinen wunderbaren Cousinen gibt es drei, die exakt der gleichen Baureihe entstammen wie ich, man könnte uns »Das Kompaktmodell« nennen. Wenn Sie uns nebeneinander stellen, sehen Sie die Verwandtschaft sofort. Größe, Breite, Körperbau.
Jede hat schon alle Körperstadien erlebt: abgemagert und strahlend, missionarisch während einer Diät, wild entschlossen vor einer Diät, fülliger als je zuvor nach dem Rückfall, resignierend und sich selbst beschimpfend, allen Diäten abschwörend und immer wieder aufs Neue hoffend - diesmal wird’s für immer sein. Wir sind uns übrigens auch in anderer
Hinsicht ähnlich: in Sachen Humor. Wenn wir zusammensitzen, ist unser Lachen nicht zu überhören.
Gucken Sie sich doch mal alte Familienfotos an, Großeltern, Urgroßeltern, mütterlicherseits, väterlicherseits; gibt es da ein »Muster«, das Sie erkennen? In Ihrer Generation, sehen Sie da ähnliche Körperformen unter Cousinen? Wie hat sich die Figur von Frauen in Ihrer Familie mit dem Alter verändert? Sehen Sie Parallelen zu Ihrer Figur? Auch wenn Frauen ja oft »ganz anders« werden wollen als ihre Mütter, sehen Sie Ähnlichkeiten? Können Sie sich mit ihrer »Mitgift« versöhnen?
Die Frage stellt sich, was macht jetzt wirklich dick: Talent oder in der Familie anerzogenes Essverhalten? Ich sehe die ersten psychologisch geschulten Leser/innen das Haupt wiegen. Soll ich Ihnen etwas sagen: Es ist müßig, darüber zu diskutieren, ob Übergewicht Schicksal ist oder die Einübung schädlichen
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