Das Leben ist zu kurz für Knaeckebrot
verkabelt, um die Hirntätigkeit zu messen. Die Frauen hat man diesmal Schokolade und Erdbeer-Milchshakes riechen und schmecken lassen (meine Güte, allein beim Schreiben dieses Satzes läuft mir das Wasser im Mund zusammen).
Die übergewichtigen Frauen hätten, so die Wissenschaftler, »bei diesem Experiment alle starke Reaktionen im Mandelkern« (der Mandelkern ist ein Emotions-Zentrum im Gehirn). Die anderen Frauen nur, wenn sie hungrig waren. Was schließen die Forscher daraus? Bei übergewichtigen Frauen funktioniert das homöostatische System nicht, das für das Gleichgewicht von Reaktionen verantwortlich ist. Sprich, der Süßhunger übertönt das Sättigungsgefühl (bei Krautsuppe tanzen die Synapsen wohl weniger).
Was passiert normalerweise beim Essen? Wenn Magen und Darm voll sind, senden sie per chemische Botschafter dem Hirn, genauer gesagt dem Hypothalamus, die Anweisung: »Aufhören zu essen, können nichts mehr aufnehmen. Sind jetzt mit Verdauung beschäftigt.« Parallel und unterstützend dazu signalisiert das Hormon Leptin dem Normalesser-Hirn: »Die Fettaufnahme ist ausreichend - Essen einstellen.« Leptin wirkt wie eine Ess-Bremse, die Überfressen verhindert.
Allerdings nicht bei Übergewichtigen, wie die Forscher herausgefunden haben. In deren Hirn scheinen die Signale der Satt-Melder a) nicht anzukommen oder b) ignoriert zu werden. (»Ach halt die Klappe, Alter. Mein Lustzentrum ist
noch nicht zufrieden. Da muss noch was Süßes nachkommen.« So oder so ähnlich stelle ich mir den Dialog vor.)
Und tatsächlich konstatieren die Forscher: »Übergewichtige Menschen haben weniger Dopamin-Rezeptoren, also kommen weniger Lustmelder an, sodass diese Menschen höchstwahrscheinlich weniger Befriedigung aus dem Essen ziehen und deshalb mehr davon wollen, sprich mehr essen.«
Bisher können sie allerdings nicht sagen, was zuerst da war: das Überessen oder das Unterversorgtsein des Hirns? Henne oder Ei? Wenn du mal dick bist, ist das fast einerlei. Und es bleibt die große Frage: Was ist normal? Reden wir von einer Gruppe von Menschen? Oder dem Durchschnitt? Wie wäre es, wenn Dicksein auch »normal« wäre?
Sehr beruhigend ist dazu eine Studie der Hamburger Gesundheitswissenschaftlerin Ingrid Mühlhauser, die schreibt: »Das Entscheidende, was nicht mehr weiterhin behauptet werden darf, ist, dass Übergewicht ungesund ist. Übergewicht ist gesund. Und deshalb darf man diese Menschen nicht moralisch unter Druck setzen, nicht diskriminieren, was immer wieder passiert in unserer Gesellschaft. Sondern man muss sie in Ruhe lassen. Diese Leute dürfen glücklich sein mit dem Gewicht, das sie haben.« 20
Für mich eine klare Botschaft. Ich schätze, dass für 90 Prozent der Leserinnen dieses Buches damit die Angst vorm Dicksein weggewischt sein könnte. Sie müssen nicht abnehmen - jedenfalls nicht aus gesundheitlichen Gründen (in Ihr ästhetisches Empfinden will ich Ihnen nicht reinreden). Für uns andere, die sich in einem BMI-Bereich von über 30 bewegen, bedeutet das: Achte darauf, dass du ausreichend gesundes Essen zu dir nimmst, und beweg dich! Ansonsten musst du die Folgen deines Handelns tragen.
Gibt es ein Fett-Virus?
Forscher haben ein Virus entdeckt, das dick macht. Das Adenovirus 36, das bisher vor allem als Mitauslöser von Atemwegserkrankungen bekannt war, hat mehreren Studien zufolge Schuld daran, dass Menschen (vor allem an Brust und Bauch) zunehmen, indem es schlummernde Fettzellen auf Trab bringt. 30 Prozent der übergewichtigen Menschen tragen das Virus in sich.
Wer leichtes Übergewicht auf die Waage bringt, lebt länger und wird seltener krank. Das ist die Quintessenz eines Vergleichs von 42 seriösen Studien zum Thema Übergewicht und Gesundheit. 21 Die Gesundheitswissenschaftlerin Ingrid Mühlhauser aus Hamburg hat mit ihrem Team herausgefunden:
› Das, was man bisher als Übergewicht bezeichnet hat, ist eigentlich das Idealgewicht. Das ist nämlich das Gewicht mit der besten Lebenserwartung, also das gesündeste Gewicht.
› Es darf nicht mehr behauptet werden, Übergewicht ist ungesund.
› Wer einen kleinen Rettungsring und Hüftgold (Rubensform) hat, kann sich entspannt zurücklehnen. Sie leben länger und werden seltener krank als ihre dünnen Mitmenschen.
› Menschen im mittleren Lebensalter mit einem Body-Mass-Index (BMI) um 27 haben die besten Lebenserwartungen.
› Fitte Dicke sind zumeist gesünder als schlappe Schlanke.
› Mollige erholen sich schneller
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