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Das Leben kleben

Das Leben kleben

Titel: Das Leben kleben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marina Lewycka
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vorbei, in den Garten und zur Rückseite des Hauses. Ich ging ihm nach und sah, wie er hektisch Gras und Unkraut in der Nähe der Küchentür herausrupfte, bis eine kleine Metallluke zum Vorschein kam, die er öffnete. Er schrie Nabil, der uns gefolgt war, wieder etwas zu, krempelte einen Ärmel hoch und griff in das Loch im Boden. »Was ist hier los?«, fragte ich Nabil.
    Nabil ließ seine schönen Augen aufleuchten, zeigte nach oben und rief Mr. Ali etwas zu. Dann rannte er wieder zur Vorderseite des Hauses. Ich folgte ihm. Inzwischen waren die zwei Tigerkatzen im Kinderwagen aufgewacht. Sie standen auf, streckten sich kapriziös und begaben sich in den Garten, mit vor Entrüstung über die Störung angelegten Ohren. Dann tauchte Mrs. Shapiro in ihren Stöckelschuhen auf und wedelte mit der Zigarette in ihrer Hand.
    »Ah! Georgine! Gott sei Dank sind Sie da!« Sie warf mir die Arme um den Hals.
    »Was ist hier los?«
    »Wasserkresse! Ich habe Sie schon angerufen!«
    »Wasserkresse?«
    »Sie haben versucht, Rohrleitungen ins Penthouse zu verlegen. Chaim! Chaim!«, schrie sie die Treppe hinauf. »Was machst du da? Pinkelt hier nicht schon genug herunter?«
    Aus dem Rinnsal war ein steter Strom geworden; ich bemerkte, dass das Wasser angenehm warm war. Der Flur füllte sich mit Dampf wie im Bad nach dem Duschen. Über uns begann der Putz an der Decke Blasen zu werfen, während Mrs. Shapiro entschlossen, aber ohne die geringste Aussicht auf Erfolg mit einer Seidenbluse, die sie aus dem Kinderwagen gezogen hatte, den Boden wischte, auf allen vieren, die Zigarette im Mund. Jetzt erschien Mr. Ali in der Tür. Er schüttelte philosophisch den Kopf und seufzte beim Anblick des Wassers, das sich inzwischen sturzbachartig von der Decke ergoss.
    »Es kommt aus der Tank. Kein Männerwasser«, erklärte er Mrs. Shapiro. Dann rief er Nabil etwas zu, der den Kopf einzog und die Treppe hinauf schlurfte. Mr. Ali zuckte entschuldigend die Schultern. »Vollkommen nichtsnutz.«
    Ich rätselte immer noch über den Geschlechterstatus des heißen Wassers, als Ismael und Chaim Shapiro die Treppe heruntergerannt kamen und fast mit Nabil zusammenstießen. Chaim zeigte auf das Wasser und schrie überflüssigerweise: »Wasser, Wasser, überall!«
    »Männerwasser ist aus, aber Wasser läuft immer noch!«, schrie Mr. Ali zurück.
    Ismael schrie Nabil an. Mrs. Shapiro schrie Chaim an, der zurückschrie. Ich schrie ihn an, den Mund zu halten. Bald schrie jeder jeden an. Irgendwo im Haus begann Wonder Boy zu jaulen. Mrs. Shapiro gab es auf, mit der Seidenbluse den Boden zu wischen, und schlug damit nach ihrem Stiefsohn.
    »Alles deine Schuld. Du wolltest ja unbedingt eine Wassertrennung. Jüdisches Wasser, arabisches Wasser. So! Jetzt haben wir Pinkelwasser.«
    »Nicht meine Schuld, Ella. Die nichtsnutzigen Araber haben das falsche Rohr durchgesägt.«
    Dann klingelte es.
    Alle wurden still und sahen zur Tür. Durch die matte Glasscheibe sah ich schemenhaft eine große dunkle Gestalt. Niemand bewegte sich. Es klingelte wieder. Ich machte auf. Es war Mark Diabello.
    »Hallo.« Er starrte auf die Szene im Flur, die geröteten Gesichter, die ihm aus den Dampfwolken entgegenblickten, den nassen Boden und das strömende Wasser. »Georgina, ich wollte nur ...«
    »Komm rein. Wir haben hier eine kleine Wasserkrise.«
    »Wer ist das?«, fragte Mrs. Shapiro, richtete sich auf und lächelte den gutaussehenden Fremden an. »Sind Sie auch ein Betreuer?«
    »Darf ich Ihnen Mr. Wolfes Partner vorstellen«, sagte ich. »Mark Diabello.«
    »Der Partner von meinem Nicky? Wie reizend!« Sie klimperte mit den Wimpern.
    Er trat vor, streckte ihr die Hand hin, ließ das Grübchen am Kinn und die Lachfältchen zwinkern und funkelte ohne Unterlass mit den grün-gold-schwarzen Augen.
    »Ich bin entzückt, Mrs. Shapiro. Wenn ich Sie nur einen Augenblick in Anspruch nehmen dürfte - die Grundeigentumsurkunde ...«
    In diesem Moment ertönte ein fürchterliches Knirschen über unseren Köpfen. Alle blickten nach oben. Der Kragstein einer der dorischen Schmucksäulen, die den Rundbogen stützten, begann abzubröckeln. Vor unseren Augen wurde der Riss in der Decke breiter. Der Kragstein kam ins Rutschen und fiel. Mr. Diabello schien zu straucheln. Seine Knie gaben nach. Er riss den Mund auf, doch es kam kein Ton heraus. Mit einem dumpfen Schlag fiel er zu Boden. Eins der wunderbaren historischen Details hatte ihn umgeworfen.
     
    Armer Mr. Diabello. Bis der Krankenwagen kam,

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