Das Leben kleben
immer an die Folgen.«
Unwillkürlich stolperten meine Gedanken zurück zu der rotmundigen Schlampe und ihrer zögernden Entschuldigung, die ich so unfreundlich entgegengenommen hatte.
»Sie dachten, weil Sie ihn liebten, wäre es in Ordnung?«
»Ich dachte, ich könnte nicht ohne ihn leben. Und sie hat ihm nicht gutgetan, die andere. Hat immer genörgelt, dass sie nach Israel wollte. Ein armer Mann wie er, mit kaputten Lungen. Was sollte er in Israel?«
»Also ging sie allein?«
»Sie loderte wie eine Frau in Flammen. Konnte nicht still sitzen. Immerfort redete sie von Zion - davon, für alle Juden der Welt ein Heimatland aufzubauen. Dabei wollte er nur in Frieden sterben.« Ein Holzscheit verrutschte im Feuer, und eine Aschewolke stob durch das Gitter. »Er war schon Staub.«
»Hatten Sie nicht das Gefühl ...«
Sie zuckte mit den Schultern und machte eine vage Kopfbewegung. »Ich habe mich um ihn gekümmert. Er konnte nicht allein bleiben. Er sagte immer, er würde zu ihr gehen, wenn es ihm wieder besserging.«
Was ich sie eigentlich fragen wollte, war, ob sie kein schlechtes Gewissen hatte. Weil sie Naomi den Mann und Chaim den Vater weggenommen hatte.
»Sie hat ihm aus Israel geschrieben, nicht wahr?«
Sie nickte. »Ja. Diese Briefe. Ich habe sie alle verbrannt.« Sie hatte das Gesicht dem Feuer zugewandt, so dass ich ihren Ausdruck nicht lesen konnte. »Nicht alle.«
44 - Der Tanz der Polymere
Erst als ich abends wieder nach Hause kam, fiel mir ein, dass ich immer noch das Space-Invaders-Ei in der Tasche hatte. Ich packte es aus und stellte es hinten in den Schrank. Es war so hässlich, dass ich es nicht über mich brachte, es Stella oder Ben zu schenken.
»Wer war dieser Mann?«, fragte Stella, als wir nach dem Thai-Curry den Tisch abräumten. Wir waren allein in der Küche. Rip und Ben sahen oben Fußball. »Welcher Mann?«
»Der schicke, unheimliche Typ mit dem Jaguar, der heute Nachmittag vorbeigekommen ist, als du nicht da warst.« Sie schürzte missbilligend die Lippen. »Oh, das muss der Immobilienmakler gewesen sein. Er will das Haus einer alten Dame am Totley Place kaufen, die ich kenne. Warum?«
»Dad hat aufgemacht. Sie schienen beide ein bisschen überrascht, einander zu sehen.« Sie sah mich eindringlich an. »Er hatte Blumen dabei. Weiße Rosen.«
»Wirklich? Die müssen für jemand anders gewesen sein.«
»Nein, er hat sie dagelassen. Sie sind in meinem Zimmer. Ich habe Dad gesagt, sie wären für mich.«
»Danke, Stella. Du kannst sie behalten. Ich will sie nicht.«
Sie grinste kurz.
Am nächsten Tag gab Rip mir einen Kuss auf die Wange, als er zur Arbeit ging, und vielleicht war das der Grund dafür, dass ich Schwierigkeiten hatte, mir Ginas Rache auszumalen. Auch wenn ich noch ein bisschen Klebstoffkram aufzuarbeiten hatte, war ich fest entschlossen, Kapitel acht fertigzustellen, und so schob ich den Computer zur Seite und schlug das Schreibheft auf.
Das verspritzte Herz
Kapitel 8
Verkleidet als
von Tür zu Tür ziehende Fensterputzerin Lumpcnsammlcrin
A von-Beraterin begab sie sich nach Holty Towers, schlich sich im Dunkel der Nacht auf Zehenspitzen durch das luxuriöse
Bude Buddha
Boudoir (blödes Microsoft! - ich benutzte das Rechtschreibprogramm im Computer, weil mein Wörterbuch als Regalstütze im Arbeitszimmer gebraucht wurde) ins Badezimmer, nahm die tödliche
Tube Fläschchcn
Phiole aus dem Avon-Koffer und trug eine dünne Schicht extrastarken Sekundenkleber auf
die Klobrillc
den Toilettensitz auf. Dann drehte sie am Waschbecken den Kaltwasserhahn
auf,
so dass das Wasser stetig lief. Plätscher plätscher. Ein Lächeln umspielte ihre rosigen Lippen.
Doch irgendetwas stimmte nicht. Rick begann mir leid zu tun. Gut, er hatte seine Launen, aber er hatte auch etwas Liebenswertes, oder nicht? Diese blonden Locken. Die Verwundbarkeit des schlafenden Mannes. Und Gina - war es nicht auch ziemlich behämmert gewesen, sich mit dem zwielichtigen Mandolinenspieler einzulassen? Was für ein Paar Dummköpfe Rick und Gina waren. Warum konnten sie nicht einfach ihre Probleme aus der Welt schaffen und zusammenbleiben? Ich merkte, dass sich etwas in mir verschoben hatte - Rache interessierte mich nicht mehr besonders. Ich war bereit, nach vorn zu blicken.
Ich klappte das Schreibheft zu, nahm mir den Laptop vor und öffnete das
Klebstoffe-
Dokument, an dem ich eigentlich arbeiten sollte. »Die Chemie von Klebstoffverbindungen.« An Silvester, als wir uns wie
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