Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
gab.
Das sind die wunderbaren durch moslemische Schriftsteller überlieferten Erzählungen von Mohammeds zartester Kindheit, und wir haben wenig andere als ähnliche Fabeln von seinen ersten Jahren. Er war kaum zwei Monate alt, als sein Vater starb, ihm keine andere Erbschaft als fünf Kameele, einige Schafe und eine äthiopische Sclavin, Namens Barakat, hinterlassend. Seine Mutter Amina zog ihn bis dahin selbst auf, aber Sorge und Kummer vertrocknete die Quellen ihrer Brust, und da die Luft Mekkas für Kinder ungesund war, so suchte sie für ihn unter den Frauen der benachbarten Beduinenstämme eine Amme. Diese hatten die Gewohnheit, des Jahres zweimal, nämlich im Frühling und Herbste, nach Mekka zu kommen, um die Kinder der dortigen Bewohner zur Auferziehung zu übernehmen; aber sie richteten ihr Augenmerk auf die Sprößlinge der Reichen, wo sie einer reichen Belohnung sicher waren, und wendeten sich mit Geringschätzung von diesem Erben der Armuth. Endlich wurde Halema, das Eheweib eines saaditischen Schafhirten, zum Mitleid bewogen und nahm das hülflose Kind in ihr Haus, welches in einem der Hirtenthäler im Gebirge lag.
Zahlreich waren die Wunder, welche Halema von ihrem Pflegekinde erzählte. Auf der Reise von Mekka wurde das Maulthier, welches es trug, wunderbarer Weise mit Sprache begabt und rief laut, daß es den größten unter den Propheten, den vorzüglichsten unter den Gesandten, den Liebling des Allmächtigen auf seinem Rücken trüge. Die Schafe neigten sich vor ihm, als er vorbei zog; wenn er in seiner Wiege lag und den Mond anstarrte, beugte sich derselbe vor ihm in Ehrfurcht.
Der Segen des Himmels, sagen die arabischen Schriftsteller, belohnte Halema’s Liebe. Während das Kind unter ihrem Dache war, gedieh Alles um sie her. Die Wasserbehälter und Quellen trockneten niemals aus; die Weideplätze waren immer grün; ihre Schafe und Rinder vermehrten sich zehnfach, ein wundersamer Ueberfluß verbreitete sich über ihre Felder und Friede herrschte in ihrer Wohnung.
Die arabischen Legenden fahren fort und rühmen die fast übernatürlichen leiblichen wie geistigen Kräfte, welche bei diesem wundervollen Kinde in sehr frühem Alter sich kund gaben. Es konnte allein stehen, als es drei Monate alt war; sprang draußen herum, als es sieben war; und mit zehn Monaten konnte es sich an andere Kinder bei den Spielen mit Bogen und Pfeilen anschließen. Mit acht Monaten konnte es so sprechen, daß es verstanden wurde, und im Laufe eines andern Monats vermochte es sich mit Geläufigkeit zu unterhalten, wobei es eine Weisheit entfaltete, die Alle, welche es hörten, in Erstaunen setzte.
Während er eines Tages im Alter von drei Jahren mit seinem Milchbruder Masroud auf den Feldern spielte, erschienen vor denselben zwei Engel in leuchtendem Gewande. Sie legten Mohammed sanft auf den Boden, und Gabriel, einer der Engel, öffnete ihm die Brust, aber ohne ihm Schmerz zuzufügen. Hierauf nahm er das Herz heraus, säuberte es von jeglicher Unreinigkeit, wand aus ihm jene schwarzen und bittern Tropfen der Erbsünde heraus, welche sich von unserm Altvater Adam fortgeerbt hat und in den Herzen seiner besten Nachkommen versteckt liegt, um sie zu Verbrechen zu reizen. Nachdem er es durchgängig gereinigt hatte, füllte er es mit Glauben und Erkenntniß und prophetischem Lichte und setzte es wieder in den Busen des Kindes. Nun begann, wie uns durch dieselben Berichterstatter versichert wird, aus seinem Gesichte jenes geheimnisvolle Licht zu strömen, welches sich von Adam durch die geheiligte Reihe der Propheten bis zu der Zeit Isaaks und Ismaels fortgepflanzt hatte, aber in den Nachkommen des Letzteren verborgen gelegen war, bis es auf diese Art aus dem Antlitze Mohammeds mit erneutem Glanze hervorstrahlte.
Bei diesem überirdischen Besuche, fügt man hinzu, wurde zwischen die Schultern des Kindes das Siegel der Weissagung eingedrückt, welches durch das ganze Leben das Zeichen und die Beglaubigungsurkunde seiner göttlichen Sendung blieb, obschon die Ungläubigen darin Nichts als ein großes Muttermaal in Form eines Taubeneies sahen.
Als der wundervolle Besuch des Engels Halema und deren Ehemanne erzählt wurde, so befürchteten sie, daß irgendein Unglück dem Kinde bevorstünde, oder daß seine überirdischen Besucher zu der Gattung der bösen Geister oder Genien gehören könnten, welche nach dem dortigen Aberglauben oft in die einsamen Orte der Wüste kommen, um den Kindern der Menschen Schaden zuzufügen.
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