Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)
steinigen Gegend gelegen und war in früheren Zeiten dem Mangel an Nahrungsmitteln oft ausgesetzt. Zu Anfang des sechsten Jahrhunderts richtete Haschem alljährlich zwei Karavanen ein, die eine im Winter für das südliche Arabien oder Jemen, die andere im Sommer für Syrien. Dadurch wurden ebenso wohl reichliche Vorräthe, als eine große Mannichfaltigkeit des Geschäftsverkehrs nach Mekka gebracht. Diese Stadt wurde ein Handelsplatz, und der Stamm Koreisch, welcher sich an jenen Expeditionen umfänglich betheiligte, wurde wohlhabend und mächtig. Haschem war zu dieser Zeit der Hüter der Kaaba, dieses großen Heiligthums arabischer Wallfahrt und Anbetung. Die Aufsicht über dieselbe wurde nur den angesehensten Stämmen und Familien in derselben Weise übergeben, wie in alten Zeiten der Tempel Jerusalems nur der Sorge der Leviten anvertraut wurde. In der That war dieses Hüteramt mit bürgerlichen Würden und Vorrechten verbunden und verlieh dem Inhaber desselben die Aufsicht über die heilige Stadt.
Bei Haschems Tode folgte sein Sohn Abd Motalleb in den Ehrenämtern und erbte seine Vaterlandsliebe. Er befreite die heilige Stadt von einer feindlich einfallenden Armee von Kriegern und Elephanten, die von christlichen Fürsten Abyssiniens, welche in jener Zeit Jemen in Unterwürfigkeit hielten, entsendet worden war. Diese ausgezeichneten, von Vater und Sohn geleisteten Dienste befestigten das Hüteramt an der Kaaba in Haschems Familie, zur großen Unzufriedenheit und zum Verdrusse der Familie Abd Schems.
Abd al Motalleb hatte einige Söhne und Töchter. Diejenigen von seinen Söhnen, welche in dieser Geschichte auftreten, waren Abu Taleb, Abu Lahab, Abbas, Hamza und Abdallah. Der zuletzt genannte war der jüngste und am meisten geliebte. Er ehelichte Amina, eine Jungfrau von einem entfernten Zweige desselben berühmten Stammes Koreisch. So merkwürdig war Abdallah wegen persönlicher Schönheit und anderer Eigenschaften, welche die Zuneigung den Frauen gewinnen, daß, wenn man moslemischen Sagen glauben darf, in der Nacht seiner Verehelichung mit Amina zweihundert Jungfrauen des Stammes Koreisch an gebrochenen Herzen starben.
Mohammed war die erste und einzige Frucht dieser so traurig gefeierten ehelichen Verbindung. Seine Geburt wurde, nach ähnlichen Sagen, wie die oben genannte, von Zeichen und Wundern begleitet, welche ein Wunderkind ankündigten. Seine Mutter erduldete keine Geburtsschmerzen. Im Augenblicke, seiner Ankunft in die Welt erhellte ein himmlisches Licht die umliegende Gegend, und das neugeborne Kind rief seine Augen zum Himmel erhebend aus: »Gott ist groß! Es ist kein Gott außer Gott, und ich bin sein Prophet.«
Himmel und Erde, wird uns versichert, geriethen bei seiner Ankunft in Bewegung. Der See Sawa sank in seine geheimen Quellen zurück und ließ sein Bette trocken, während der Tigris die Ufer durchbrach und die benachbarten Länder überfluthete. Der Palast Khosru’s, des Königs von Persien, erbebte in seinen Grundfesten und einige seiner Thürme wurden zu Boden gestürzt. In dieser unruhvollen Nacht sahe der Kadi oder Richter Persiens im Traum ein wildes Kameel, welches von einem arabischen Renner gebändigt wurde. Am Morgen erzählte er den Traum dem persischen Monarchen und erklärte, daß er eine Gefahr von Arabien her bedeute.
In derselben ereignißreichen Nacht war das heilige Feuer Zoroasters, welches, von den Magiern bewacht, länger als tausend Jahre ohne Unterbrechung gebrannt hatte, plötzlich erloschen, und alle Götzenbilder in der Welt waren umgefallen. Die Dämonen oder bösen Geister, welche in den Sternen und in den Zeichen des Thierkreises horchen und einen verderblichen Einfluß auf die Kinder der Menschen ausüben, wurden von den reinen Engeln verjagt und nebst ihrem Oberanführer Eblis oder Lucifer in die Abgründe des Meeres geschleudert.
Die Verwandten des neugebornen Kindes, berichten die nämlichen Sagen, wurden mit Ehrfurcht und Bewunderung erfüllt. Seiner Mutter Bruder, ein Sterndeuter, verkündigte nach dem Stande der Gestirne, daß sich derselbe zu einer ungeheuern Macht erheben, ein Reich gründen und einen neuen Glauben unter den Menschen aufrichten werde. Sein Großvater Abd al Motalleb gab am siebenten Tage nach dessen Geburt den vornehmsten Koreischiten ein Festmahl, bei welchem er dieses Kind als die aufgehende Glorie ihres Stammes darstellte und ihm den Namen Mohammed oder Muhammed, d.i. der Hochgepriesene, als Zeichen seines künftigen Ruhmes
Weitere Kostenlose Bücher