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Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition)

Titel: Das Leben Mohammeds, des arabischen Propheten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Washington Irving
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ganzen Lehre von Belohnung und Strafe. Die Einen fassen jedes Ding in bildlichem, die Andern in buchstäblichem Sinne. Die Ersteren behaupten, daß der Prophet in Gleichnissen, auf eine den groben Begriffen und sinnlichen Neigungen seiner Zuhörer angemessene Weise redete, daß die Freuden des Himmels sowohl geistiger als leiblicher Art sein würden, da eine Auferstehung des Körpers und der Seele stattfände. Die Seele würde sich einer übernatürlichen Entwickelung und Verwendung aller ihrer Kräfte, einer Erkenntniß aller Naturgeheimnisse erfreuen, da ihr die Vergangenheit, die Gegenwart und die Zukunft vollständig aufgeschlossen würde. Die Genüsse des Leibes würden den verschiedenen Sinnen gleichmäßig entsprechen und zu einer übernatürlichen Höhe erhoben werden. Dieselben Ausleger nehmen auch die Beschreibung der Hölle in bildlichem Sinne. Die Qualen der Seele bestehen nach ihnen in unaufhörlichen Gewissensbissen wegen begangener Verbrechen und in tiefer und stets wachsender Verzweiflung über den Verlust des Himmels, die des Leibes aber in marternder und niemals endender Pein.
    Die andern Lehrer, welche die Beschreibung jedes Umstandes buchstäblich verstehen, werden als die rechtgläubigsten betrachtet und ihre Partei ist bei weitem die zahlreichste. Die meisten Einzelheiten in der Lehre von den Belohnungen und Strafen haben, wie bereits bemerkt wurde, mit dem Aberglauben der Magier und jüdischen Rabbinern eine genaue Verwandtschaft. Die Huris oder schwarzäugigen Mädchen, welche eine so herrliche Rolle im moslemischen Paradiese spielen, sollen dasselbe sein, was die Huram Behest der persischen Magier sind, und von christlichen Forschern wird Mohammed beschuldigt, zu seiner Schilderung des Himmels Vieles aus der Beschreibung des Neuen Jerusalem in der Offenbarung Johannis entlehnt zu haben, und zwar mit solcher Abänderung, welche von Juwelieren vorgenommen wird, wenn sie gestohlene Juwelen zum eigenen Nutzen sich aneignen.
Von der Vorherbestimmung
    Auf die Vorherbestimmung gründete sich augenscheinlich Mohammeds Vertrauen rücksichtlich der Erfolge seiner militärischen Unternehmungen. Er lehrte ausdrücklich, daß jedes Ereigniß von Gott vorher bestimmt und in das von Ewigkeit her vorhandene Verzeichniß vor der Schöpfung geschrieben worden wäre. Das Schicksal jedes Einzelwesens und die Stunde seines Todes wäre unwiderruflich festgestellt und könnte durch keinen menschlichen Scharfsinn und keine menschliche Vorsicht abgeändert oder vermieden werden. In dieser Ueberzeugung stürzten sich die Moslemen ohne Bedenklichkeit wegen Gefahren in das Schlachtengewühl, und da der Tod in der Schlacht dem Märtyrerthum gleich geachtet wurde und zum unmittelbaren Eintritte in das Paradies berechtigte: so hatten sie in jedem Wechselfalle, bei Tod oder Sieg, die Gewißheit des Gewinnes.
    Viele Muselmänner behaupten nun, daß diese Lehre, nach welcher die Menschen durch ihren freien Willen weder Sünde vermeiden, noch Strafe abwenden können, der Gerechtigkeit und Gnade Gottes Abbruch thue; es sind auch einige Parteien entstanden, welche diesen verwirrenden Glaubenssatz zu mildern und zu erläutern versuchen; aber die Zahl dieser Zweifler ist sehr gering, und sie werden nicht für rechtgläubig gehalten.
    Die Lehre von der Vorherbestimmung gehört zu jenen zeitgemäßen Offenbarungen Mohammeds, welche in Ansehung ihres gelegenen Hervortretens fast wunderbar waren. Sie geschah unmittelbar nach der verhängnißvollen Schlacht von Ohod, in welcher viele von seinen Gläubigen und unter ihnen sein Oheim Hamza getödtet wurden. Damals machte er in einem Augenblick des Trübsinns und der Niedergeschlagenheit, wo seine Anhänger rings um ihn muthlos waren, diese Lehre bekannt, indem er sagte, daß jeder Mensch zu der festgesetzten Stunde sterben müßte, gleichviel ob auf seinem Bette oder auf dem Schlachtfelde. Er erklärte überdies, daß ihm der Engel Gabriel verkündigt hätte, Hamza wäre mit dem Ehrennamen »Löwe Gottes und des Propheten« in den siebenten Himmel aufgenommen worden. Bei Betrachtung der todten Leiber fügte er hinzu: »Ich bezeuge, daß diese und alle Andern, welche für die Sache Gottes gefallen sind, bei der Auferstehung in Herrlichkeit erscheinen und die Wunden derselben wie Scharlach leuchten und wie Bisam riechen werden.«
    Welche Lehre hätte verkündigt werden können, die mehr darauf berechnet gewesen wäre, eine Rotte unwissender und räuberischer Krieger auf der wilden Bahn der

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