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Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Titel: Das Leben, natürlich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
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Bettlaken, ein paar Handtücher. Gestern Abend hatten die Ältesten wieder getagt, und auf seinem Weg zurück nach vorn ins Café kreisten ihre Stimmen in seinem Kopf.
    »Er ist nicht im Gefängnis. Wo ist er? Wieder bei der Arbeit. Zu Hause bei seiner Mutter.«
    »Und seinem Vater.«
    »Er hat keinen Vater.«
    »Als er aus dem Gefängnis kam, war ein Mann bei ihm. Ein großer Mann. Der Mann, der versucht hat, Ayanna zu überfahren, nachdem er sich zum Frühstück eine Flasche Wein gekauft hat.«
    »Ich habe die Frauen in der Bücherei reden hören. Sie finden, es wird zu viel Wirbel um die Sache gemacht. Es ist ekelhaft, einen Schweinekopf zu werfen, aber mehr auch nicht, sagen sie.«
    »Die haben gut reden, sie mussten nicht durch Mogadischu laufen, wo Soldaten Maschinenpistolen auf sie richten.«
    »Mogadischu! Und was ist mit Atlanta? Dort hätten uns die Leute für einen Dollar getötet.«
    »Die Pastorin Estaver sagt, Zachary Olson ist nicht so einer. Er ist ein einsamer Junge, sagt sie … «
    »Wir wissen, was sie gesagt hat.«
    Kopfschmerzen meldeten sich bei Abdikarim. Er ging zur Tür und sah hinaus auf den Gehsteig und die Häuser gegenüber. Er wusste nicht, wie er sich je daran gewöhnen sollte, hier zu leben. Nirgends richtige Farben, bis auf die Bäume im Park, wenn es Herbst war. Die Straßen so grau und langweilig, und viele Läden standen leer, mit großen nackten Schaufenstern. Er dachte an den Markt in Al Barakaat mit seinen leuchtenden Seidenstoffen und bunten guntiino -Kleidern, seinen Gerüchen nach Ingwer und Knoblauch und Kreuzkümmel.
    Der Gedanke an eine Rückkehr nach Mogadischu war wie ein spitzer Stock, der ihn mit jedem Herzschlag stach. Vielleicht war der Friede ja wirklich da; Anfang des Jahres waren alle voller Hoffnung gewesen. Es gab jetzt die Föderale Übergangsregierung in Somaliland, nicht stabil, aber es gab sie. In Mogadischu war die Union Islamischer Gerichte, und wenn Friede herrschte, konnten sie regieren. Aber Gerüchte gingen um, und wer wusste, was man glauben sollte? Gerüchte, dass die Vereinigten Staaten Äthiopien drängten, in Somalia einzumarschieren, um die Islamischen Gerichte zu vertreiben. Es schien nicht wahr zu sein, aber es hätte gut wahr sein können. Erst vor zwei Wochen hatte es Berichte gegeben, nach denen Burhakaba von äthiopischen Truppen eingenommen worden war. Und dann andere Berichte: Nein, Regierungstruppen waren in die Stadt gekommen. Das alles, dazu alles, was davor geschehen war, erzeugte eine Schwere in Abdikarim. Eine Schwere, die mit jedem Monat wuchs – gehen oder bleiben, er konnte sich nicht entscheiden. Er sah, wie einige der jungen Leute hier zurechtkamen; sie lachten, scherzten, redeten überschwänglich. Seine älteste Tochter war halbverhungert angekommen, ohne ein Wort Englisch zu können, und wenn sie ihn jetzt aus Nashville anrief, war auch ihrer Stimme dieser Überschwang anzuhören. Er fühlte sich zu alt für einen solchen Frühling der Gefühle.
    Er fühlte sich auch zu alt, um noch Englisch zu lernen. Und ohne das war es ein Leben in dauerndem Nicht-Verstehen. Im Postamt hatte er letzten Monat auf eine rechteckige weiße Schachtel gezeigt und sie mit den Händen in der Luft zu formen versucht; die Frau in der blauen Bluse hatte immer und immer wieder denselben Satz zu ihm gesagt, und er hatte nicht verstanden, was jeder im Postamt verstand, bis schließlich ein Mann hergekommen war, die Arme gegen den Boden gekreuzt und Fini ! gesagt hatte. Abdikarim hatte gedacht, das hieße Schluss, er solle gehen, also ging er. Später erfuhr er, dass dem Postamt die weißen Schachteln ausgegangen waren, die mit Preisschild auf dem Regal ausgestellt waren. Warum stellten sie etwas aus, das nicht zu verkaufen war? Wieder dieses Nicht-Verstehen. Er merkte, dass darin eine Gefahr lag, eine ganz andere Gefahr als die im Lager. In einer Welt, in der man von ständigem Unverständnis umgeben war – sie verstanden ihn nicht, er verstand sie nicht – , atmete man die Unsicherheit mit der Luft ein, und das zermürbte etwas in ihm; er hätte nicht mehr genau zu sagen gewusst, was er wollte, was er dachte, nicht einmal, was er fühlte.
    Er erschrak, als sein Telefon vibrierte. »Ja?« Es war Nahadin Ahmed, Ayannas Bruder.
    »Hast du gehört? Eine rassistische Vereinigung in Montana hat von der Kundgebung erfahren. Sie schreiben darüber auf ihrer Webseite.«
    »Was sagt der Imam?«
    »Er ist zur Polizei gegangen und hat sie gebeten, die

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