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Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Das Leben, natürlich: Roman (German Edition)

Titel: Das Leben, natürlich: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Strout
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aus, dieses schallende Lachen von ganz früher. »Stimmt. Aber so was von wurscht!«
    »Vielleicht sagen die Leute ja auch, Pam Carlson ist blitzgescheit und hat mit einem der besten Parasitologen zusammengearbeitet.«
    »Bobby, die wissen doch nicht mal, was ein Parasitologe ist. Du solltest die mal hören. Ein was? Ach so, ja. Meine Mutter hat sich in Indien einen Parasiten geholt und hatte zwei Jahre lang Probleme, das sagen sie. Scheiß drauf.« Sie blieb stehen und sah ihn an. »Ist dir mal aufgefallen, dass Asiaten einfach in einen reinlaufen, ohne das geringste Distanzgefühl? Du glaubst gar nicht, wie mir das auf den Geist geht.«
    Er fasste sie leicht am Ellenbogen. »Du solltest es bei deinem nächsten Abendessen zur Sprache bringen. Ich besorg dir ein Taxi.«
    »Ich komm noch mit zur nächsten U-Bahnhalte… oh … okay.« Er hatte eins angehalten und öffnete schon die Tür, damit sie einsteigen konnte. »Tschüs, Bobby, war schön.«
    »Grüß mir deine drei Jungs.« Er stand am Randstein und winkte, als das Taxi davonraste, um ihn herum die unermüdlichen Neonreklamen. Sie drehte sich um, winkte durchs Rückfenster, und er winkte ihr nach, bis das Taxi außer Sicht war.
    An dem Abend, an dem Bob aus Maine zurückgekommen war, hatte die Tür der Wohnung unter ihm offen gestanden, und er war stehen geblieben, um einen Blick auf den Ort zu werfen, an dem Adriana und ihr Schnösel ihre Ehe verlebt hatten. Der Hauswirt, der einen Wasserhahn reparierte, nickte Bob zu, aber der Anblick, der sich ihm bot – leerer Raum ohne Vorhänge, Sofas, Teppiche oder sonstige Dinge, mit denen sich Menschen umgeben – , erschreckte ihn mit seiner Verlassenheit. Wollmäuse waren in der Zimmermitte zusammengekehrt, und durchs Fenster fiel ein graues, gleichgültiges Licht. Tut uns leid, schienen die kahlen Wände müde zu Bob zu sagen. Du hast es für ein Heim gehalten. Aber mehr als das hier war es nie.
    Heute Abend stand die Wohnungstür wieder halb offen, als lohnte es sich nicht, Leere zu verbergen oder gar zu behüten. Der Hauswirt war nicht da, Bob zog die Tür leise zu und stieg weiter die Treppe hinauf. Sein Anrufbeantworter blinkte. Susans Stimme: »Ruf mich an, bitte .«
    Bob schenkte sich ein Wasserglas voll Wein und ließ sich auf der Couch nieder.
    Gerry O’Hare hatte alle überrascht – ganz besonders Susan, die sich persönlich verraten fühlte – , indem er am Vormittag in der Stadtkammer von Shirley Falls eine Pressekonferenz abgehalten hatte. Ein FBI -Mann stand an seiner Seite. »Dieser blöde Fettsack«, sagte Susan am Telefon zu Bob. »Steht da aufgeplustert rum und sonnt sich in seiner Wichtigkeit als Polizeichef.« Eigentlich hatte sie nie wieder mit Bob reden wollen, das schickte sie gleich voraus, aber sie wusste nicht, wie sie Jims Handy im Ausland erreichen sollte, und den Namen des Hotels kannte sie auch nicht …
    Bob versorgte sie mit beidem.
    Sie redete schon weiter. »Ich wollte den Fernseher ausschalten, aber ich konnte nicht, ich war wie erstarrt. Und morgen steht es in allen Zeitungen. Jeder weiß, dass die Somalier Gerry schnurzpiepegal sind, aber er steht da und plappert seine Sprüche runter … ›Das ist eine ernste Sache. Da kennen wir keine Toleranz.‹ Das soll den Somaliern anscheinend zeigen, dass sie sich sicher fühlen und Vertrauen haben können. Ich bitte dich. Aber als einer von den Reportern erwähnt hat, dass den Somaliern Reifen aufgeschlitzt und Scheiben zerkratzt worden sind, erklärt Gerry ihm hochtrabend, der Polizei wären die Hände gebunden, solange die Somalier sich nicht melden und Anzeige erstatten. Da sieht man doch schon, dass er sie eigentlich nicht ausstehen kann und diesen ganzen Zirkus nur macht, weil alles total aus dem Ruder läuft … «
    »Susan. Sag Zach, er soll Charlie Tibbets erlauben, mit mir zu sprechen. Ich rufe ihn morgen an.« Er sah sie vor sich, trostlos in ihrem kalten Haus. Es machte ihn traurig, aber es schien ihm weit weg. Wobei er auch wusste, dass es nicht lange so bleiben würde; die Desolatheit von Susan, Zachary und Shirley Falls würde zu ihm in die Wohnung sickern, so wie die lauernde Leere ein Stockwerk tiefer, die ihn an das Schicksal seiner Nachbarn mahnte, daran, dass nichts ewig währt, dass auf nichts Verlass ist. »Alles wird gut«, sagte Bob zu Susan, bevor er auflegte.
    Später saß er am Fenster und sah das junge Mädchen gegenüber in der Unterhose in ihrer gemütlichen Wohnung herumspazieren, und ein Stück weiter

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