Das Leben und das Schreiben
bestehen.
Seien Sie besonders gewarnt vor Agenten, die Ihre Arbeit nur gegen eine Gebühr lesen wollen. Von denen haben wenige einen guten Ruf (die Scott Meredith Agency las gegen Gebühr; ich weiß nicht, ob das immer noch zutrifft) und viel zu viele sind skrupellose Halsabschneider. Ich würde sagen, wenn Sie es so sehr darauf anlegen, etwas zu veröffentlichen, dann überspringen Sie die Agentensuche und das Einsenden bei Verlagen und machen es direkt im Eigenverlag. Dann bekommen Sie wenigstens etwas für Ihr Geld.
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Wir sind fast fertig. Ich bezweifle, dass ich alles erwähnt habe, was Sie wissen müssen, um ein besserer Autor zu werden, und sicherlich habe ich nicht all Ihre Fragen beantwortet. Ich habe allerdings von den Aspekten des Schreibens erzählt, von denen ich mit einiger Selbstsicherheit sprechen kann. Allerdings muss ich Ihnen gestehen, dass Selbstsicherheit beim Verfassen dieses Buches ein stark verknappter Rohstoff war. Im Überfluss vorhanden waren hingegen Schmerzen und Selbstzweifel.
Als ich meinem Verleger bei Scribner vorschlug, ein Buch über das Schreiben herauszubringen, meinte ich, eine Menge zu diesem Thema sagen zu können. Mein Kopf platzte fast vor Ideen, die ich verarbeiten wollte. Vielleicht weiß ich wirklich eine Menge, aber vieles davon hat sich als langweilig herausgestellt, und das meiste von dem, was übrig blieb, hat, wie ich feststellte, mehr mit Instinkt zu tun als mit »höherem Wissen«. Es fiel mir außerordentlich schwer, diese instinktiven Wahrheiten in Worte zu fassen. Außerdem passierte, während ich mitten in der Arbeit an diesem Buch steckte, etwas, was mein Leben veränderte, wie man so schön sagt. Davon erzähle ich gleich. Bitte nehmen Sie zuerst zur Kenntnis, dass ich mein Bestes getan habe.
Eine Sache muss noch angesprochen werden, eine Sache, die im direkten Zusammenhang mit dieser Veränderung in meinem Leben steht und die ich bisher nur kurz indirekt gestreift habe. Jetzt will ich sie ohne Umschweife angehen. Es ist eine Frage, die mir die Menschen auf unterschiedliche Weise stellen, manchmal klingt sie höflich, manchmal unverschämt, aber sie läuft immer auf das Gleiche hinaus: Do you do it for the money, honey? (Machst du das des Geldes wegen, Schätzchen?)
Die Antwort ist nein. Heute genauso wenig wie früher. Es stimmt, ich habe mit meinen Büchern eine Menge Kohle gemacht, aber nie habe ich auch nur ein einziges Wort mit dem Hintergedanken aufs Papier gebracht, dafür Geld zu kassieren. Ein paarmal habe ich Geschichten geschrieben, um Freunden einen Gefallen zu tun, Kuhhandel nennt man das, aber schlimmstenfalls ist das ein unfeines Tauschgeschäft. Ich schreibe, weil es mich erfüllt. Mag sein, dass wir davon die Hypothek auf das Haus abbezahlen und die Kinder durch das College füttern konnten, aber das alles war nebensächlich: Ich mache das, weil es mir Spaß macht. Ich schreibe aus reiner Freude an der Sache. Und wer etwas aus Freude tut, der kann es ewig machen.
Es hat Zeiten gegeben, in denen das Schreiben ein kleiner Kraftakt für mich war, um der Verzweiflung ins Auge zu spucken. Die zweite Hälfte dieses Buches habe ich in dieser Verfassung geschrieben. Ich habe mich nicht unterkriegen lassen, wie man sagt. Schreiben ist nicht das Leben, aber manchmal kann es einen Weg zurück ins Leben bieten, glaube ich. Das erkannte ich im Sommer 1999, als mich ein Mann in einem blauen Van beinahe umbrachte.
ÜBER DAS LEBEN: EIN NACHTRAG
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Wenn wir in unserem Sommerhaus im Westen von Maine sind (ein Haus, das sehr große Ähnlichkeit mit dem Haus hat, zu dem Mike Noonan in Sara zurückkehrt), gehe ich jeden Tag vier Meilen spazieren, es sei denn, es schüttet wie aus Eimern. Drei Meilen führen über unbefestigte Wege, die sich durch den Wald winden; eine Meile zieht sich die Route 5 entlang, eine geteerte zweispurige Straße zwischen Bethel und Fryeburg.
Die dritte Woche im Juni 1999 bescherte meiner Frau und mir eine große Freude: Unsere drei Kinder, inzwischen erwachsen und über das ganze Land verstreut, waren zu Besuch. Zum ersten Mal seit fast sechs Monaten befanden wir uns alle wieder unter einem Dach. Als Krönung des Ganzen war unser erstes Enkelkind mit dabei, drei Monate alt und fröhlich mit einem Helium-Luftballon beschäftigt, den wir ihm um den Fuß gebunden hatten.
Am 19. Juni brachte ich unseren jüngeren Sohn zum Flughafen von Portland, weil er zurück nach New York fliegen musste. Ich fuhr wieder nach Hause,
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